Allianz baut Finanzplattform

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Die Allianz startet eine eigene Finanzplattform. Diese soll als „komplettes Ökosystem“ für Finanzdienstleistungen aufgebaut werden und auch anderen Unternehmen offen stehen. Mit diesem Schritt könnte der Versicherer bald auch Vergleichsportalen wie etwa Check24 Konkurrenz machen.

Liest man aktuelle Studien zu Fintechs und Insurtechs, zeigt sich eine deutliche Tendenz. Denn vorbei scheint die Zeit, als Fintechs und Insurtechs mit neuen Geschäftsideen die etablierte Versicherungswirtschaft vor sich hertrieben. Bis auf wenige Ausnahmen – genannt sei der Konflikt zwischen der HUK-Coburg und Check24 – haben sich Versicherer selbst mit den Vergleichsportalen arrangiert und bieten zugeschnittene Produkte für derartige Vertriebsweg an. Doch mehr noch: Bald könnten die traditionellen Versicherer das Geschäft der Fintechs an sich gerissen haben.

Fintechs und Konzerne: Auf in die gemeinsame Abhängigkeit

So haben viele Versicherer erkannt, dass der Weg der Digitalisierung kaum ohne die jungen Unternehmen beschritten werden kann. Immer mehr wirken folglich traditionelle Versicherer als finanzstarke Investoren im Hintergrund. Auf der anderen Seite begeben sich auch immer mehr Fintechs in Abhängigkeit traditioneller Versicherer. Denn wie der aktuelle „Insurtech-Radar“ des Beratungsunternehmens Oliver Wyman sowie des Maklerdienstleisters Policen Direkt herausstellt, hängt der Geschäftserfolg insbesondere der auf Versicherungen spezialisierten Insurtechs immer mehr auch von einem starken Produktgeber, Vertriebspartner oder Risikoträger ab.

Besonders finanzstarke Konzerne übernehmen demnach eine Doppelrolle als Investoren und Partner von Fintechs. Dadurch könnte das einstige Bild der Fintechs als „junge Rebellen“ bald grundsätzlich in Frage stehen. Statt dass nämlich Fintechs die großen Finanzdienstleister vor sich her treiben, könnten die großen Konzerne bald selbst wieder alle Zügel im Rennen um die beste Position am Markt in der Hand halten.

Allianz: Auf dem Weg zum eigenen Fintech-Allrounder

Zu dieser Prognose passt auch, dass immer mehr Versicherer und Konzerne sich die Geschäftsmodelle der jungen Konkurrenz einverleiben. Denn nicht nur binden traditionelle Finanzdienstleister die Fintechs als Investoren und Partner. Mehr und mehr versuchen die Konzerne auch, durch Entwicklung eigener Fintechs die Geschäftsfelder der jungen Konkurrenz zu besetzen. An einem Paukenschlag, der den Markt erschüttern lassen könnte, arbeitet nach Recherchen des Onlinemagazins „Gründerszene“ und des Portals „finanz-szene.de" derzeit die Allianz.

So möchte das Unternehmen eine Plattform auf die Beine stellen, die nicht nur umfangreich Services und Finanzdienstleistungen für Kunden anbietet, sondern zugleich Geschäftsmodelle der digitalen Konkurrenz übernimmt. Laut Markus Faulhaber, Mitglied des Vorstands der Allianz Deutschland AG und Vorstandsvorsitzender der Allianz Leben, soll diese Plattform „360-Grad-Analysen“ für Finanzen ermöglichen. Jedoch sollen auch Finanzprodukte wie Versicherungen über den neuen Dienst zu kaufen sein.

Doch damit nicht genug. Denn keineswegs dient diese Plattform zukünftig einzig der Allianz. Auch andere Unternehmen sollen die Plattform mit dem Namen "Iconic Finance" für ihre Produkte nutzen können, wie Markus Faulhaber erläutert. Zu den Services, die für diese Plattform geplant sind, zählen sogar Produktvergleiche. Zwar spricht Faulhaber von dem „Vergleich von Strompreisen“. Da sich die Plattform aber an Kunden von Finanzdienstleistungen wendet, ist denkbar, dass auch Finanzprodukte zukünftig durch eine Plattform der Allianz verglichen werden können. Der Versicherer hätte sich sein eigenes Vergleichsportal in Konkurrenz zu Check24 und Verivox geschaffen.

Millionen für den Hoffnungsträger

Aussagen von Faulhaber stammen freilich aus einem Interview mit der Börsenzeitung und sind demnach nicht neu, vielleicht jedoch in ihrer Tragweite übersehen worden. Weitere Informationen reicht nun aber das Onlinemagazin „Gründerszene“ nach und beruft sich hierbei auf gemeinsame Recherchen mit dem Portal „finanz-szene.de". So investiert mit Allianz X die für Investments zuständige Tochter der Allianz eine „zweistellige Millionensumme“ in die Plattform.

Der Weg in Richtung Finanz-Plattform kommt nicht ganz überraschend. Denn erst im Mai hatte der Münchener Versicherer das Vergleichsportal Finanzen.de gekauft. Das Unternehmen agiert als Versicherungsmakler und Leadverkäufer soll vorerst wertvolle Kundenkontakte liefern. Auch über eine Anbindung von Finanzen.de an den neuen europäischen Onlineversicherer war spekuliert worden. Allianz Direct, der neue Direktversicherer der Allianz, soll 2019 mit Kfz-Versicherungen an den Markt gehen. Doch nun könnte das Vergleichsportal sogar in der neuen Plattform aufgehen.

Sicherheit mit Hackers Hilfe

Auch konnte ein beeindruckendes Führungsteam für die Umsetzung gewonnen werden. Neben Allianz-Manager Tobias Tschiersky wechselt Arnold Brunner vom Legaltech Aboalarm zu der Münchener Fintech-Schmiede des Konzerns. Hinzu kommt Vincent Haupert, Sicherheitsexperte an der Uni Erlangen-Nürnberg. Mit beiden Experten holt sich Deutschlands größter Versicherer nicht nur eine fundierte Expertise ins Haus, sondern zudem die alternative Aura der Fintech- und Gründerszene.

Brunner war für ein junges Unternehmen tätig, das Kunden half, unliebsame Abos loszuwerden. Fast noch spektakulärer aber wirkt der Clou der Allianz, Haupert für die Führungsriege zu gewinnen. Haupert wurde durch spektakuläre Hacks bekannt, durch die er Lücken in der Sicherheitsarchitektur von Sparkassen und Banken aufzeigte. So hackte er unter anderem bei N26 – einer durch hohe Investitionen verschiedener Unternehmen gestützten Direktbank. An der Finanzierung von N26 beteiligte sich auch die Allianz (der Versicherungsbote berichtete).

Müssen Vermittler „Iconic Finance“ fürchten?

Was aber haben Vermittler von „Iconic Finance“ zu erwarten? Müssen sie zum Beispiel befürchten, dass sich die Allianz mit ihrem Plattform-Allrounder einen Betriebskanal aufbaut, der Vermittlern ein wichtiges Geschäft untergräbt? Dass solche Überlegungen nicht gänzlich unbegründet sind, zeigt ein Passus im Textbeitrag der „Gründerszene.

So dürfe die Allianz „bei der Arbeit an dem Portal“ sich nicht „seine eigenen Versicherungsmakler vergraulen“, wie das Gründerportal formuliert. Aus diesem Grund wäre das Unternehmen „gerade auf Roadshow“, um „für das Projekt zu werben“.

Mit welchen Argumenten aber bewirbt die Allianz das Projek bei den Maklern? Und warum sieht sich der Konzern überhaupt dazu veranlasst, durch eine „Roadshow“ möglichen Befürchtungen der Makler vorzugreifen? Der Versicherungsbote wird sich um weitere Informationen bemühen.