Allianz lässt die Muskeln spielen

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Eine ähnliches Aufsichtsversagen wie bei den Boeing-Abstürzen gab es wohl auch beim Minenunglück in Mina Gervais. Und dieses rückt den deutschen TÜV ins Zwielicht. Laut einem Bericht des "Wall Street Journals" hat die Anklagebehörde ermittelt, dass Monate vor dem Unglück die französische Inspektionsfirma Tractebel den Damm als unsicher eingestuft hatte und kein entsprechendes Sicherheitszertifikat ausstellen wollte. Die Produktion in dem Erzbergwerk hätte gestoppt werden müssen. Daraufhin feuerte Vale den Prüfer — und installierte stattdessen den TÜV Süd mit der Aufsicht.

Der TÜV hat daraufhin vermutlich wider besseren Wissens den Damm als sicher gewertet. Einer von zwei Tüv-Süd-Mitarbeitern, die im Februar kurzzeitig verhaftet wurden, hatte nach früheren Gerichtsakten intern gewarnt, dass "wir streng genommen nicht die Stabilitätserklärung für den Damm unterschreiben" dürften. Es geschah dann doch: wohl auch, weil der Prüfkonzern nicht den Auftrag des umstrittenen Bergbaukonzerns verlieren wollte.

Bereits im Skandal um den Dresdner Finanzdienstleister S&K und im Skandal um minderwertige Brust-Implantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse machte der TÜV keine gute Figur. Die inzwischen insolvente S&K-Gruppe hatte unter anderem mit dem TÜV-Siegel für hochriskante Investments in geschlossene Immobilien-Fonds geworben. Zudem hatten die Prüfer Brustimplantate als medizinisch unbedenklich eingestuft, die mit minderwertigem Industriesilikon befüllt waren. Weil diese Implantate platzen können sowie Krebs und Entzündungen verursachen, mussten tausende Frauen unters Messer, um sie sich wieder entfernen zu lassen (der Versicherungsbote berichtete).

Allianz will sich zu mehr Nachhaltigkeit verpflichten

Weil aber die Wirtschaft nicht endlos wachsen kann, ohne dass die Umwelt Schaden nimmt, und weil sie deren Zerstörung auch zunehmend als Kostenrisiko für die Versicherer entpuppt — eine Million Pflanzen- und Tierarten sind laut einem aktuellen Uno-Bericht vom Aussterben bedroht, — will sich auch die Allianz zu nachhaltigerem Investment verpflichten. Das hat Konzernchef Oliver Bäte letzten Mittwoch noch einmal auf der Aktionärshauptversammlung in München bestätigt. Bis 2050 soll das dreistellige Milliarden-Vermögen in Gänze "klimaneutral" angelegt werden, so versicherte der Allianz-Chef. Auch soll sich der komplette Stromverbrauch des Versicherers bis 2050 aus erneuerbaren Energien speisen (der Versicherungsbote berichtete).

Auch wird die Geldanlage des Versicherers zunehmend auf sogenannte ESG-Kriterien ausgerichtet, wie Claus Stickler, Chef der Investment-Tochter Allianz Investment Management (AIM), bereits im März auf einer Veranstaltung der Universität Leipzig berichtete. Also Kriterien des Umweltschutzes („Environment“), sozialen Verantwortung („Social“) und der Unternehmensführung („Governance“).

Ob man dann weiterhin einen Riesen wie Vale versichern dürfte, immerhin zweitgrößter Bergbaukonzern der Welt, darf zumindest bezweifelt werden. In der Vergangenheit ist der Konzern wiederholt durch die Abholzung von Regenwäldern, Zwangsenteignungen von indigenen Völkern, existenzbedrohend niedrige Löhne und schlechten Arbeitsschutz aufgefallen: entsprechende Vorwürfe haben unter anderem Amnesty International, Greenpeace und die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald gegen den Konzern erhoben. Immerhin hatte Stickler eingeräumt, dass Firmen, die ESG-Kriterien verletzen, aktuell noch nicht vom Underwriting ausgeschlossen seien.