Rente mit 70 - Mehr als jeder Fünfte würde vor Erreichen des Rentenalters sterben

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Rente: Soll die Regelaltersgrenze zum Renteneintritt weiter angehoben werden, von 67 auf 70 Jahre? Dies hatten zuletzt die OECD und die Junge Union vorgeschlagen, auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) liebäugelt mit einer Erhöhung. Die Linke aber schlägt nun Alarm: Jeder Fünfte Bundesbürger würde überhaupt nicht in den Genuss einer Rente kommen, wenn der Rentenbeginn derart angehoben wird. Aus einem einfachen Grund – die Menschen sterben vorher.

Deutschland debattiert über einen späteren Renteneintritt! Geht es nach dem Willen der OECD und einiger Politiker aus Unionskreisen, wird das Renteneintrittsalter zukünftig auf 70 Jahre angehoben. Auch die Arbeitgeber fordern eine entsprechende Heraufsetzung. Die Frage ist jedoch, wer dann überhaupt noch in den Genuss einer gesetzlichen Rente kommen würde. Denn viele Menschen sterben schlichtweg, bevor sie ihren wohlverdienten Ruhestand erreichen – man könnte zynisch von einem „sozialverträglichen Ableben“ sprechen.

Hunderttausende Arbeitnehmer erreichen das Rentenalter nicht

Die Linken-Politikerin Sabine Zimmermann wollte wissen, wer heute überhaupt noch eine Rente bekäme, wenn schon eine Regelaltersgrenze von 70 Jahren gelten würde. Und so hat sie sich die Sterbetafeln des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2014 angeschaut. Die Zahlen sind ernüchternd: Mehr als jeder Fünfte würde die „Rente mit 70“ nicht erreichen! Dies berichtet heute die Deutsche Presse-Agentur.

So waren 2014 mehr als 135.000 der in einem Jahr Verstorbenen 65 Jahre oder jünger (rund 16 Prozent aller Gestorbenen). Mehr als 185.000 waren 70 Jahre oder jünger (22 Prozent). Eine deutlich höhere Zahl an Erwerbstätigen würde also umsonst in die Rentenkasse eingezahlt haben, wenn das Rentenalter heraufgesetzt wird – vorausgesetzt, die Lebenserwartung nimmt in den kommenden Jahren nicht stark zu.

Das erlaubt die Frage, wer die großen Verlierer der Reform wären. Die Statistiken geben Hinweise darauf, dass vor allem Geringverdiener das höhere Rentenalter nicht erreichen. Zu den häufigsten Todesursachen der 50-75jährigen zählen Herzinfarkt, Magen- und Lungenkrebs. Krankheiten also, an denen Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status häufiger leiden als sozial Bessergestellte, so hat das Robert-Koch-Institut herausgefunden. Jede Erhöhung des Renteneintrittsalters bringe insbesondere Geringverdienende um die Früchte ihrer Arbeit, warnt Zimmermann.

Nur jeder Zweite im Vorrentenalter ist noch erwerbstätig

Ein weiterer Umstand deutet daraufhin, dass eine Anhebung des Renteneintrittsalters Verlierer erzeugt: Viele Senioren finden im Alter schlichtweg keine Arbeit oder müssen sie aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Für sie würde ein höheres Rentenalter zusätzliche Abzüge bei der gesetzlichen Rente bedeuten. So lag die Erwerbstätigenquote bei den 60-65jährigen im Jahr 2014 bei lediglich 52,3 Prozent – im Gegensatz zu 76,9 Prozent bei den 55- bis 60jährigen. Nur jeder Zweite hat also unmittelbar vor dem Renteneintritt noch einen Job.

Seit Ende 2007 besteht sogar eine Sonderregelung für ältere Arbeitssuchende, die das 58. Lebensjahr vollendet haben. Erhielten die Hilfsbedürftigen länger als ein Jahr Arbeitslosengeld, so gelten sie offiziell nicht mehr als arbeitslos und werden in der Arbeitslosenstatistik auch nicht berücksichtigt. Aktuell betrifft das ca. 378.000 Personen. Kritiker dieser Regelung monieren, auf diese Weise werde die Arbeitslosigkeit schöngerechnet. Der Grund für diese Ausnahmeregelung? Die schlechten Chancen älterer Menschen auf dem Arbeitsmarkt.

Doch die Regelaltersgrenze steigt sowieso – gesetzlich geregelt ist die Anhebung des Rentenalters vom 65. auf das 67. Lebensjahr bis zum Jahr 2029. Befürworter einer Erhöhung des Renteneintrittsalters warnen, es verstoße gegen die Generationengerechtigkeit, wenn junge Erwerbstätige in einer alternden Gesellschaft immer mehr Rentenempfänger finanzieren müssen. Die Linke will auf der Einnahmeseite der Rentenkassen ansetzen: "Alle Erwerbseinkommen müssen in die Rentenversicherung eingehen – auch die von Selbständigen, Beamtinnen und Beamten, Politikerinnen und Politikern."

Quelle: dpa