Wolfgang Schäuble hat die gesetzlich festgelegte Regelaltersgrenze längst überschritten – 73 Lenze zählt der Bundesfinanzminister und hat doch einen stressigen, anspruchsvollen, aufreibenden Job. So kann ihm wenigstens keiner vorwerfen, er selbst würde nicht vorleben, was er einfordert. Ein Jahr vor der Bundestagswahl 2017 kommt er mit einer beim Wahlvolk höchst unpopulären Forderung um die Ecke: Die Bundesbürger sollen doch bitte später als bisher in den Ruhestand gehen.

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Renteneintrittsalter dynamisiert

Er glaube, es mache relativ viel Sinn, die Lebensarbeitszeit und die Lebenserwartung in einen fast automatischen Zusammenhang auch in der Rentenformel zu bringen, sagte Schäuble am Mittwochabend in Berlin. Oder anders formuliert: Der Renteneintritt soll derart dynamisiert werden, dass das erforderliche Renteneintrittsalter automatisch steigt, wenn auch die Lebenserwartung der Bundesbürger in die Höhe klettert. Eine starre Regelaltersgrenze würde es demnach nicht mehr geben. Ab wann die Deutschen ohne Abzüge in Rente gehen dürften, wäre abhängig von den Sterbetafeln bzw. der durchschnittlichen Lebenserwartung.

Zudem solle das Erwerbspotential in Deutschland erhöht werden. "Wir müssen uns auf die demografische Entwicklung vorbereiten", um die sozialen Sicherungssysteme zu stabilisieren, sagte Schäuble. Das größte Problem sei das Gesundheitssystem. Dies werde Deutschland in naher Zukunft noch "bitter beschäftigen".

Junge Union plädiert für „Rente ab 70“

Einen konkreten Vorschlag, wann Menschen zukünftig in den Ruhestand eintreten können sollen, unterbreitet der CDU-Nachwuchs. Die Junge Union befürwortet eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters ab 2030 von 67 auf 70 Jahre.

"Um das Rentenniveau künftig nicht so weit absenken zu müssen, dass immer weniger Menschen davon leben können, sollten wir das Renteneintrittsalter an die steigende Lebenserwartung koppeln", sagte JU-Chef Paul Ziemiak der "Rheinischen Post". Dies würde einen moderaten Anstieg des gesetzlichen Renteneintrittsalters zur Folge haben. Moderat bedeutet: Erst im Jahr 2100 wäre das Renteneintrittsalter von 70 Jahren erreicht.

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Eine Heraufsetzung des Rentenalters hatte jüngst auch die OECD empfohlen. Ohne eine weitere Anhebung würden die Rentenausgaben bis 2060 um mindestens 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zulegen, „was die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beeinträchtigen würde“, erklärt OECD-Generalsekretär Angel Gurria bei der Vorstellung eines Berichts zur Zukunftsfähigkeit der Volkswirtschaften (Versicherungsbote berichtete).

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