Auf die Anbieter fondsgebundener Riester-Renten könnte neuer Ärger zukommen. Die Bürgerbewegung Finanzwende und die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen haben angekündigt, dass sie verstärkt gegen Rentenkürzungen bei fondsgebundenen Riester-Policen vorgehen wollen. Das kündigt die Bürgerbewegung am Mittwoch in einem Pressetext an. Ziel sei es, hierzu ein Grundsatzurteil zu erstreiten, das bestimmte Klauseln in Riesterverträgen für unwirksam erklärt.

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Wie die Verbände berichten, haben sie bereits einen Erfolg vorzuweisen. So habe das Landgericht Köln (LG) bestätigt, dass die Zurich Deutscher Herold bei einer fondsgebundenen Rentenversicherung die Rente zu unrecht gekürzt habe (Az: 26 O 12/22). Zwar habe der Versicherer zunächst Berufung gegen dieses Urteil eingelegt, diese dann aber wieder zurückgezogen. Die Verbraucherzentrale NRW wirft der Zurich vor, dass sie mit diesem Schritt ein Urteil in höherer Instanz habe verhindern wollen, weil dieses eine große Signalwirkung gehabt hätte.

Vertragsklausel für unwirksam erklärt

Konkret geht es um Klauseln, bei denen sich die Versicherer das Recht einräumen lassen die Rente zu kürzen, wenn sich die Kapitalanlagen ungünstig entwickeln. Im verhandelten Rechtsstreit hatte die Zurich im Versicherungsschein von 2006 ein „zur Verfügung stehendes garantiertes Vertragsguthaben“ zum Rentenzahlungsbeginn von mindestens 37,34 Euro je 10.000 Euro Vertragsguthaben zugesichert. Mit Schreiben vom 01.03.2017 teilte der Versicherer dem Kläger jedoch mit, dass die Monatsrente pro 10.000 EUR Vertragsguthaben zum Rentenzahlungsbeginn (der sog. Rentenfaktor) aufgrund der Niedrigzinsphase neu kalkuliert worden sei. Sie würde jetzt 27,97 EUR betragen. Dabei berief sich die Zurich auf folgende Klausel:

Wenn sich die Lebenserwartung unerwartet stark erhöht bzw. die Rendite der Kapitalanlagen nicht nur vorübergehend absinkt und dadurch die langfristige Erfüllbarkeit einer lebenslangen Rentenzahlung nicht mehr sichergestellt ist, sind wir berechtigt, Ihre Monatsrente je 10.000 EUR Vertragsguthaben so weit herabzusetzen, wie dies erforderlich ist, um diese langfristige Erfüllbarkeit zu gewährleisten. Dabei darf für die Berechnung Ihrer Monatsrente je 10.000 EUR der Betrag nicht unterschritten werden, der sich ergibt, wenn die Sterbetafel und der Rechnungszins angewendet werden, die zum Ende der Aufschubzeit nach Maßgabe der dann gültigen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen und Vorgaben als Rechnungsgrundlagen geboten sind. Zusätzlich dürfen 50 % der in Ihrem Versicherungsschein genannten Monatsrente je 10.000 Euro nicht unterschritten werden.

Nach Ansicht des Landgerichtes Köln ist die Kürzung des Rentenfaktors unzulässig. In der Urteilsbegründung heißt es hierzu: „Der Rentenfaktor wurde im Versicherungsschein vom 15.11.2006 vertraglich vereinbart und stellt einen wesentlichen Vertragsinhalt dar. Zwar wird dort nicht ausdrücklich auf eine „Garantie“ des Rentenfaktors hingewiesen. Jedoch ergibt sich aus dem Zusammenhang mit den PB, dass der Versicherungsnehmer von einem Rentenfaktor in Höhe von 37,34 EUR ausgehen durfte“. Weiter führten die Richter aus, im Versicherungsschein werde die Monatsrente pro 10.000 EUR Vertragsguthaben konkret mit 37,34 Euro zum Rentenzahlungsbeginn benannt. „Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass es sich hierbei nur um eine bloße Mitteilung des „aktuellen“ Rentenfaktors handelt, der ohne bestimmte Voraussetzungen dauerhaft angepasst werden könnte“, so das Landgericht. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer dürfe vielmehr berechtigt davon ausgehen, dass der Rentenfaktor in dieser Höhe festgelegt sei.

Zurich widerspricht: Einzelfall - nun droht Verbandsklage

Die Zurich hatte sich gegenüber dem Versicherungsboten schon im Herbst 2023 zu dem Urteil positioniert - und begründet, weshalb sie ihre Berufung zurückzog. So sei man nach wie vor der Ansicht, dass die Kürzung der Rente rechtmäßig gewesen sei. Erst ein höchstrichterliches Urteil des Bundesgerichtshofs könne klären, ob die Kürzungen der Rentenfaktoren zulässig sind, argumentiert der Versicherer - und ist zumindest in dieser Einschätzung im Einklang mit dem Bürgerverein Finanzwende. „Auch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gelten zunächst nur für den entschiedenen Einzelfall; so wäre es auch in dem Verfahren der Zurich“, so der Versicherer weiter.

Der Versicherer verwies zudem auf ein anderes Verfahren, dass derzeit gegen den Marktführer Allianz vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt werde. Dort gehe es „um die Zulässigkeit der Verwendung der Klausel zur Kürzung des Rentenfaktors in allen betroffenen Versicherungsverträgen“. Der Versicherer erklärt: „Wir halten dieses Verfahren für geeigneter für eine Grundsatzentscheidung, die Bedeutung über den Einzelfall hinaus erlangen kann. Daher haben wir die Berufung in unserem Verfahren zurückgenommen“.

Die Bürgerbewegung Finanzwende betrachtet jedoch den Umgang der Zurich mit dem verhandelten Rechtsstreit als fragwürdig. So habe der Versicherer seine Kundinnen und Kunden angeschrieben und dort erklärt, dass sich die rechtskräftige Entscheidung des LG Köln nur auf einen Einzelfall bezieht und für andere Verträge keine Wirkung entfalte. Das bedeutet nun neuen Ärger für den Versicherer. „Die Verbraucherzentrale NRW hat die Zurich-Versicherung abgemahnt und wird, falls der Konzern nicht einlenkt, eine Verbandsklage erheben. Ein für die Versicherten positives Urteil hätte dann Auswirkungen auf alle Betroffenen, die diese Klausel in ihren Verträgen haben“, schreibt die Bürgerbewegung Finanzwende auf ihrer Webseite. Die beanstandeten Klauseln seien kein Einzelfall: Neben Zurich und der Allianz habe man unter anderem auch die Axa im Visier.

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Ein Sprecher der Zurich bestätigte gegenüber Versicherungsbote, dass die Verbraucherzentrale NRW den Versicherer zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert hat. Aktuell werde das Schreiben geprüft - vorerst will sich die Zurich noch nicht dazu öffentlich äußern.

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