Bevor die Grundrente 2021 nach langer Debatte eingeführt wurde, wurde auch lange darüber diskutiert, was sie eigentlich ist und was sie leisten soll. „Mit der Grundrente wird die Lebensleistung vieler Menschen im Rentenalter endlich anerkannt“, schrieb damals die federführende SPD - damit sollte die Arbeit derer gewürdigt werden, die viele Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt, aber wegen niedriger Einkommen oder Teilzeitarbeit nur geringe Ansprüche erworben haben. Doch die Unionsparteien bestanden in der damaligen Großen Koalition darauf, dass die Grundrente tatsächlich nur an Bedürftige gezahlt werden sollte: Dann wäre sie aber eben keine Anerkennung der individuellen Lebensleistung, weil viele leer ausgingen, deren Arbeit auch gewürdigt werden müsste.

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Etwa ein Fünftel weniger Grundrente-Empfänger als ursprünglich angenommen

Nun zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin: Weit weniger Menschen als ursprünglich angenommen erhalten die Grundrente. Und das liegt vor allem an der sogenannten Bedürftigkeitsprüfung. Mehr als die Hälfte derjenigen, die nach ihren Versicherungszeiten und niedrigen Anwartschaften die Voraussetzungen erfüllen würden, bekommen keine Grundrente, weil ihnen die Bezüge aufgrund des Einkommens verweigert werden: oft, weil der Ehepartner bzw. die Partnerin ein zu hohes Einkommen hat.

Nach den Zahlen der Deutschen Rentenversicherung bezogen Ende 2022 insgesamt 1,1 Millionen Menschen die Grundrente. Ursprünglich war die Bundesregierung von 1,3 bis 1,4 Millionen Anspruchsberechtigten ausgegangen. Die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger liegt folglich etwa 20 Prozent niedriger als erwartet. Ohne Einkommensprüfung hätten laut der Daten sogar rund 2,3 Millionen Personen Anspruch auf einen Zuschlag gehabt.

Frauen und Ostdeutsche erhalten häufiger Grundrente

Frauen profitieren erwartungsgemäß überproportional von der Grundrente. Sie schränken noch immer häufiger ihren Job wegen Kindererziehung und der Pflege von Angehörigen ein. Deshalb sind sie auch tendenziell häufiger von niedrigen Löhnen - und damit auch von niedrigen Rentenansprüchen - betroffen. Insgesamt sind rund 72 Prozent der Anspruchsberechtigten Frauen.

Zudem zeigt sich, dass Ostdeutsche häufiger Grundrente beziehen als Ruheständler im Westen. In Ostdeutschland beziehen immerhin vier Prozent aller Männer im Rentenbestand und fast fünf Prozent im Rentenzugang einen Grundrentenzuschlag, wohingegen es in Westdeutschland nicht einmal zwei Prozent sind. Auch hier profitieren Frauen stärker von der Grundrente als Männer. Im Rentenbestand liegt der Anteil bei Frauen in Ostdeutschland bei etwa acht Prozent, bei Frauen im Westen waren es knapp sechs Prozent. Gründe, weshalb im Osten mehr Menschen auf Grundrente angewiesen sind, nennt das DIW nicht. Wahrscheinlich ist jedoch, dass sich Brüche in den Erwerbsbiographien nach der Wende negativ auf die Rentenhöhe ausgewirkt haben.

Grundrente-Zuschlag fällt eher gering aus

Ein weiteres Ergebnis der Auswertung: Hoch sind die Beträge nicht, die die Bezieherinnen und Bezieher mit der Grundrente zusätzlich erhalten. Ein Ziel der Reform war es, dass die Anspruchsberechtigten mindestens zehn Prozent Bruttoeinkommen mehr haben als Empfängerinnen und Empfänger der Grundsicherung. Der Hintergrund: Die Grundsicherung im Alter wird unabhängig davon gewährt, ob und wie lange eine Person erwerbstätig war. Hier ist die Grundrente auch als Korrektiv gedacht: Wer viele Jahre gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt hat, soll im Alter mehr Geld in der Tasche haben als jemand, der dies nicht getan hat.

Im Durchschnitt lag der Grundrenten-Bruttozuschuss im Jahr 2022 im Rentenbestand bei 86 Euro pro Monat, berichtet das DIW. Der Zuschuss fällt bei Männern mit 75 Euro niedriger aus als bei Frauen mit 91 Euro. Hier gilt es zu bedenken, dass auf die Bezüge unter Umständen noch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden müssen.

Höhe des durchschnittlichen Grundrente-Zuschlags in Euro. Stand: 2022Deutsche Rentenversicherung

Im Jahr 2022 erhielten nur 4,3 Prozent der etwa 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner den Grundrente-Zuschlag. Der größte Teil, etwa 950.000 Personen, bezieht einen Zuschlag zu einer Altersrente. Allerdings gibt es auch knapp 60.000 Zuschläge bei Bezug einer Erwerbsminderungsrente und mehr als 90.000 Zuschläge bei Hinterbliebenenrenten.

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