Deutsche Versicherer haben Milliarden in das insolvente Firmenkonglomerat des österreichischen Unternehmers René Benko gesteckt, wie Versicherungsbote bereits vor Weihnachten berichtet hat. Die Signa Gruppe, beteiligt an unzähligen Warenhäusern und Immobilien in bester Innenstadt-Lage, hatte sich in den letzten Jahren immer wieder frisches Geld beschaffen müssen, teils durch Kredite und die Ausgabe von Genussrechten. Dabei störte die deutschen Versicherer offenbar nicht, dass das Firmengeflecht ebenso intransparent war wie die Buchführung des Unternehmens. Mehr als 3 Milliarden Euro haben die Assekuranzen nach Recherchen der „Financial Times“ in das Bau- und Immobilienimperium gesteckt.

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Nun hat sich das „Handelsblatt“ erneut das Investment der Versicherer angeschaut - und dabei recherchiert, dass einige Versicherer eher um ihr Geld fürchten müssen als andere. Betroffen könnten demnach vor allem jene Versicherer sein, die der Signa Genussrechte gewährt haben. Der Grund: Im Gegensatz zu Krediten und Anleihen werden Genussrechte nachrangig behandelt. Erst, nachdem andere Gläubiger ihr Geld erhalten haben, werden sie auch aus der Insolvenzmasse ausgezahlt. Zudem sind Kredite oft mit Immobilien und Grundpfandrechten gesichert: ein Drittel der von Versicherern investierten Gelder soll aber nach Recherchen der „Financial Times“ mit keinerlei Sicherheiten gedeckt sein.

Laut „Handelsblatt“ sind im Vermögensverzeichnis der Tochterfirma Signa Prime Selection nun sieben Versicherungsgruppen genannt, die mit Genussrechten insgesamt 857 Millionen Euro investiert haben. Hierzu zählen die R+V mit investierten 300 Millionen Euro, die LVM mit 137 Millionen Euro, die Continentale mit 120 Millionen Euro, die Gothaer mit 100 Millionen Euro, die Volkswohl Bund mit 90 Millionen Euro, die Bayerische mit 60 Millionen Euro und die Signal Iduna mit 50 Millionen Euro. In der Vermögensaufstellung der Signa Development seien ebenfalls Genussrechte ausgewiesen, jedoch ohne konkrete Beträge.

BaFin: 46 Versicherer in Signa-Gruppe investiert

Mittlerweile hat auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bestätigt, dass deutsche Versicherer zu den größten Investoren René Benkos zählen. Demnach seien 46 Versicherungsunternehmen "gegenüber der Signa-Gruppe exponiert", wie es in einem Schreiben an die Bundestagsabgeordnete Jessica Tatti (ehemals Linke) heißt. Tatti hatte sich mit einer parlamentarischen Anfrage beim Bundesfinanzministerium nach den Investments erkundigt. Bei neun der betroffenen Versicherer macht das Engagement bei der Benko-Gruppe mehr als ein Prozent des Kapitalanlagebestandes aus, berichtet die BaFin weiter. Ein Versicherer habe gar 2,2 Prozent seiner gesamten Kapitalanlagen in die Gruppe gesteckt. Konkrete Namen nennt die BaFin aber nicht. Laut Antwort des Bundesfinanzministeriums sind auch zwei Versorgungsanstalten von der Benko-Pleite betroffen: die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (VddB) und die Versorgungsanstalt der deutschen Kulturorchester (VddKO).

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Dass Versorgungsanstalten nun um ihr Investment bangen müssen, liegt auch an der engen Verflechtung von Benko mit der Politik. Nach Recherchen von capital.de verwaltet das Vermögen der Versorgungswerke die Bayerische Versorgungskammer (BVK): eine Behörde, die dem Bayerischen Staatsministerium des Innern unterstellt ist. Diese kooperiere eng mit der Signa-Gruppe. Die BVK habe schon vor längerer Zeit etwa Darlehen für das Berliner Nobelkaufhaus KaDeWe und mehrere Luxushotels in Innsbruck und Wien gewährt. Das bayerische Innenministerium habe dem Landtagsabgeordneten Tim Pargent (Grüne) kürzlich mitgeteilt, dass bei allen von der BVK finanzierten Signa-Objekten "die Verkehrswerte die Kreditsummen deutlich übersteigen“. Benko galt in der Politik als bestens vernetzt, wobei er Verbindungen zu österreichischen und deutschen Politikern unterhielt. In Coronazeiten hat er vom deutschen Staat fast 700 Millionen Euro an Subventionen erhalten.

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