Zum zweiten Mal hat das internationale Beratungsunternehmen Finnoconsult mit der V.E.R.S. Leipzig GmbH das digitale Kundenerlebnis bei Versicherungen analysiert. 480 Kriterien in elf Kategorien wurden hierfür zugrunde gelegt, wobei sowohl die digitale Reife des Versicherers als auch das Innovationspotenzial betrachtet werden sollen. Analysiert wurden 139 Versicherungen aus 12 Ländern in Europa und Nordamerika, darunter 37 aus Deutschland.

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Webseite top, Smartphone-Services flop

In den einzelnen Bewertungsdimensionen konnten maximal zehn Punkte erreicht werden. Die deutschen Versicherer überzeugten dabei vor allem in der Dimension „Webseite“, wobei in der Funktionalität auf verschiedenen Geräten der höchste Punktschnitt (9,21) erreicht werden konnte. Design und Layout der Webseiten (9,09) überzeugten ebenso wie die Interaktions- und Navigationsmöglichkeiten (8,47).

Auf der anderen Seite der Skala ließ bei deutschen Versicherern der Funktionsumfang von Mobile Services sehr zu wünschen übrig. Hier wurde nur ein Punkteschnitt von nur 3,87 erreicht. Mit anderen Worten: Viele deutsche Versicherer bieten nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, sich per Smartphone beraten zu lassen, Schäden zu melden oder Verträge zu verwalten. Über alle elf Dimensionen hinweg erreichten die deutschen Versicherer einen Punkteschnitt von 5,75.

In der neu integrierten Dimension Cybersicherheit erreichen die deutschen Versicherer mit 6,83 einen überdurchschnittlichen Wert - insbesondere traditionelle Versicherer wie die Allianz überzeugen durch eine transparente Kommunikation der Sicherheitsmaßnahmen. Bewertet wurde hier beispielsweise, wie sich die Kundinnen und Kunden beim Zugang zu den Diensten autorisieren und welche Datenschutz- und Sicherheitsmaßnahmen angewendet werden. Es wäre jedoch zu diskutieren, ob dieser Bereich bei Versicherern nicht oberste Priorität haben sollte, da sie mit hochsensiblen persönlichen Daten umgehen und sehr strenge Datenschutzstandards gelten.

Finnoscore 2023 - Top 5 Versicherungen DeutschlandFinnoscore / V.E.R.S. Leipzig GmbH

Allianz vor HUK und CosmosDirekt

Im Ranking der deutschen Versicherer konnte sich die Allianz mit einem Score von 7,08 auf dem ersten Platz behaupten. Der Versicherer punktet durch vielfältige Kundenbindungsprogramme und bietet auch in Bezug auf die Cybersicherheit Transparenz und direkten Kontakt zum „Security Team“, so berichtet Finnoscore. Auch in der Omnichannel-Kommunikation bietet die Allianz aufgrund vielfältiger Kontakt- und Beratungsoptionen den Topwert.

Auf dem zweiten Rang findet sich die HUK mit einem Score von 6,53 ein. Besonders gut schneidet die HUK in der Kategorie Webseite ab. „Die Webseite bietet eine ansprechende Hauptseite mit schnell auffindbaren Informationen und Shortcuts für die wichtigsten Themen. Im Menü werden die Unterebenen übersichtlich in ihrer Gesamtheit dargestellt“, schreibt Finnoscore. Auch überzeuge die HUK mit ihrer Omnichannel-Kommunikation. Die Terminvereinbarung sei schnell auffindbar, potenzielle Kunden können Datum und Uhrzeit auswählen. Außerdem sei es möglich, ad hoc Online-Meetings zu starten.

Auf Rang drei platziert sich die CosmosDirekt mit einem Score von 6,18. Gut scheidet der Direktversicherer beim Onlineverkauf ab: Die Preise seien durch die Berechnungsmöglichkeiten schnell auffindbar und viele Produkte online abschließbar. Auszeichnungen und Kundenbewertungen dienen als zusätzliche Verkaufsargumente. Auch die mobile App überzeuge, unter anderem durch gute Kundenbewertungen im App-Store (4,7). Die eigene Nachhaltigkeitsagenda werde gut präsentiert.

Neo-Digitalversicherer schneiden tendenziell schlechter ab als etablierte Wettbewerber

Auffallend sei, dass die etablierten Versicherer tendenziell bessere Scores erzielen als die Neoversicherungen - Versicherer also, die erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit bestehen und mit ihrer digitalen Kompetenz werben. Diese Anbieter versprechen, dass Verträge leicht online abzuschließen und zu verwalten sind und Schäden digital abgewickelt werden können.

Aber lediglich Lemonade (Rang fünf) und Ottonova (Rang sieben) können sich in den Top Ten platzieren und entsprechend gute Scores erzielen. Anbieter wie Neodigital (Rang 28) oder Nexible (Rang 30) schneiden hingegen im Gesamtranking unterdurchschnittlich ab.

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Hier zeigt ein Vergleich der einzelnen Kategorien, wo die Neoversicherer stark aufgestellt sind - und wo sie Defizite haben. Während sie beim Onlineverkauf und Onlinemarketing besser abschneiden als die etablierten Versicherer, ist der Score bei der Omnichannel-Kommunikation, den Online-Services, der Kundenbindung und der Online-Schadensbearbeitung unter dem Schnitt der „traditionellen“ Versicherer. Auch wenn dies in der Studie nicht angesprochen wird: Dies nährt den Verdacht, dass die Versicherer den schnellen Vertragsabschluss in den Vordergrund stellen, aber bei der Betreuung der Kundinnen und Kunden sparen - und damit vielleicht an der falschen Stelle. Mehrere Neo- und Direktversicherer hatten in den letzten Jahren Schwierigkeiten, sich im Wettbewerb zu behaupten. Auch beim Datenschutz und der sozialen Verantwortung hinken die Digitalversicherer hinterher.

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