Die Deutsche Rentenversicherung steht finanziell vergleichsweise gut da: zumindest besser als erwartet. In diesem Jahr könne sie mit einem Einnahmeüberschuss von 1,1 Milliarden Euro rechnen, sagte der Vorsitzende des Bundesvorstandes, Alexander Gunkel, am Mittwoch vergangener Woche auf einem Presseseminar in Würzburg. Er beruft sich hierbei auf hauseigene Schätzungen. Ein Grund ist die gute Entwicklung der Pflichtbeiträge aus Erwerbstätigkeit: Sie erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 5,4 Prozent auf 258,6 Milliarden Euro.

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Einnahmen der Deutschen Rentenversicherung: Ergebnisse der Finanzschätzung Oktober 2023 (Allgemeine Rentenversicherung)DRV Bund

Rentenversicherung kritisiert Kürzungen

Wenig Wohlgefallen findet bei der Deutschen Rentenversicherung, dass die Bundesregierung die Zuschüsse des Bundes an die Rente erneut kürzen will. Dies gehe aus einem Entwurf des Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 hervor, berichtet Gunkel. Konkret soll der zusätzliche Bundeszuschuss an die Rentenversicherung ab dem nächsten Jahr bis 2027 um 600 Millionen Euro pro Jahr gekürzt werden. Erst im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung vier Sonderzahlungen an die Rentenversicherung in Höhe von jeweils 500 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2025 nachträglich abgeschafft.

Der größte Posten ist mit rund 75 Prozent der Zuschuss an die allgemeine Rentenversicherung. Dieser Zuschuss wird nach der Finanzschätzung der Rentenversicherung im Jahr 2023 rund 84,3 Milliarden Euro betragen. Es folgen mit geschätzten 17,3 Milliarden Euro die Beiträge für Kindererziehungszeiten, die der Bund seit 1999 für die ersten drei Lebensjahre eines Kindes zahlt. An dritter Stelle stehen die Erstattungen: Sie dienen der Finanzierung von Rentenzahlungen aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der ehemaligen DDR (5,9 Milliarden Euro). Weitere 5,2 Milliarden Euro entfallen auf die knappschaftliche Rentenversicherung.

Die Funktion des allgemeinen Bundeszuschusses sei gesetzlich nicht definiert, kritisierte Gunkel. Anders der zusätzliche Bundeszuschuss: Er diene laut Gesetzestext der „pauschalen Abgeltung nicht beitragsgedeckter Leistungen“. Mit dem Erhöhungsbetrag zum zusätzlichen Bundeszuschuss sollten zudem die Einnahmen des Bundes aus der Ökosteuerreform weitergegeben werden. Alles in allem summieren sich die Zuschüsse des Bundes in diesem Jahr laut Finanzschätzung auf fast 113 Milliarden Euro.

Nicht beitragsfinanzierte Leistungen: 37 Milliarden Euro Finanzierungslücke?

Man könne gewiss darüber streiten, was die richtige Höhe der Bundeszuschüsse ist, gab Gunkel zu bedenken. Aber: „Nach einer Abschätzung der Deutschen Rentenversicherung Bund haben alle Bundeszuschüsse zusammen im Jahr 2020 nicht ausgereicht, um damit die nicht beitragsgedeckten Leistungen vollständig zu finanzieren. Die Finanzierungslücke wurde in jenem Jahr auf 37 Milliarden Euro geschätzt.“

Auch hier ist umstritten, was unter den nicht beitragsgedeckten Leistungen - auch versicherungsfremde Leistungen genannt - zu verstehen ist. Darunter fallen zum Beispiel Leistungen wie der Familienlastenausgleich: stark vereinfacht die Anrechnung von Kindererziehungszeiten. Oder der Besitzstandsschutz für DDR-Renten: Beträge, die die Rentenzahlungen früherer DDR-Bürger erhöhen, obwohl ihnen keine Beitragszahlungen in ausreichender Höhe gegenüberstehen. Oder Zahlungen für Kriegsgeschädigte. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die eigentlich nicht direkt in den Verantwortungsbereich der gesetzlichen Rentenversicherung fallen, aber aus den Mitteln der Beitragszahler mit bedient werden.

"Nicht akzeptabel ist jedoch, dass der Bund ganz ohne inhaltliche Gründe, sondern aus rein fiskalischen Gründen der Rentenversicherung Mittel jetzt erneut kürzen will. Der Bund schadet damit massiv dem Vertrauen in die Rentenversicherung. Denn wieso sollte man in die langfristige Finanzbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung vertrauen, wenn sich der Bund schon in demografisch vergleichsweise entspannten Zeiten nicht in der Lage sieht, die gesetzlich beschlossenen Zuschüsse an die Rentenversicherung zu leisten?", warnte Gunkel bei seinem Vortrag.

"Verlässliche Finanzierung sieht anders aus!"

Zudem würde sich aufgrund der Kürzungen die Zusage der Großen Koalition, dass der Grundrentenzuschlag vollständig aus Steuermitteln finanziert wird, als hohles Versprechen erweisen, kritisiert Gunkel. Die Kürzungen würden rund 1,1 Milliarden Euro betragen und so rund 80 Prozent der Gesamtausgaben für den Grundrentenzuschlag ausmachen. Die Gelder seien dann zusätzlich von den Beitragszahlenden aufzubringen. „Die Rentenversicherung wendet sich daher ganz entschieden gegen die erneute haushaltspolitisch motivierte Kürzung des Bundeszuschusses! Verlässliche Finanzierung sieht anders aus“, sagte Gunkel.

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Nach den Ergebnissen der Finanzschätzung vom Oktober wird der Rentenbeitrag nach geltendem Rentenrecht bis zum Jahr 2027 stabil bei 18,6 Prozent liegen und dann bis zum Jahr 2035 auf 21,1 Prozent ansteigen. Das Rentenniveau würde im gleichen Zeitraum von gut 48 Prozent auf 45,4 Prozent sinken.

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