Wiederholt wird in Deutschland darüber diskutiert, ob und in welchem Umfang das Thema Geld und Versicherungen in Schulen unterrichtet werden soll, da sich viele Bürgerinnen und Bürger nicht darauf vorbereitet fühlen. Auch eine aktuelle forsa-Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) zeigt den großen Bedarf. Auf die Frage „Zu welchen der folgenden Themen sollten Kinder und Jugendliche Ihrer Meinung nach etwas in der Schule lernen?“, antworteten 85 Prozent der repräsentativ Befragten: „Umgang mit Geld und Versicherungen“. Nur beim Thema „Ernährung und Gesundheit“ war die Zustimmung mit 88 Prozent noch höher.

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Bei den Themen Geld und Versicherungen werden aber auch die größten Wissensdefizite der Schulabgänger vermutet. Auf die Frage „Lernen Ihrer Ansicht nach Kinder und Jugendliche heutzutage in der Schule genug zu diesen Themen, um ausreichend auf das Alltagsleben vorbereitet zu sein?“, antworteten 81 Prozent beim Thema „Umgang mit Geld und Versicherungen“ mit „Nein“. Mit einigem Abstand folgt das Thema „Ernährung und Gesundheit“, bei dem 65 Prozent die Schulabgänger für nicht ausreichend auf den Alltag vorbereitet halten (siehe Grafik).

Derzeit hat nur etwa die Hälfte der Bundesländer Finanzbildung im Unterricht verankert. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) spricht sich dafür aus, Wirtschaft und Finanzen als eigenes Schulfach zu unterrichten. Das wäre eine „riesige Chance“, sagte sie im August im Podcast «Auf Geldreise» des Internetportals Finanztip. Und schränkte zugleich ein: "Das darf ich nicht entscheiden. Wenn ich Kultusministerin wäre, würde ich das umsetzen, aber das liegt auf Länderebene", so Stark-Watzinger.

Die Verbraucherzentralen setzen sich stattdessen für ein allgemeineres Schulfach „Verbraucherbildung“ ein, das auch die Themen Versicherungen und Finanzen umfasst. Ziel ist es, mündige Verbraucherinnen und Verbraucher heranzubilden, die beispielsweise auch Werbung und Konsumangebote kritisch bewerten und einordnen können. Obwohl die Kultusministerkonferenz (KMK) bereits vor zehn Jahren eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen habe, hätten bislang nur acht Bundesländer Verbraucherbildung in Lehrplänen oder Richtlinien verankert, kritisiert der Dachverband der Verbraucherzentralen.

Ein Problem: Geeignete Lehrkräfte und Unterrichts-Materialien finden. Denn auch die Lehrerinnen und Lehrer müssen entsprechend ausgebildet sein. Die Verbraucherzentralen fordern „systematische Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten“ und einen unkomplizierten Zugang zu qualitätsgeprüftem Unterrichtsmaterial. Dafür müssen Verantwortliche benannt und personelle Ressourcen innerhalb der Ministerien und der Schulverwaltung geschaffen werden.

Hier wurde wiederholt die Sorge laut, dass die Unterrichtsmaterialien eben keine unabhängigen Informationen enthalten: sondern Unternehmen den Mangel an Anschauungsmaterial nutzen, um in die Schulen zu drängen - und dort ihre Werbebotschaften zu verbreiten. Ein Beispiel: Lehrmaterialien für die Grundschule, die auf der Webseite bildungsserver.de bereitgestellt werden, verweisen auf ein Portal der Volksbanken Raiffeisenbanken, wo ein Arbeitsblatt zum „Kreislauf der Wirtschaft“ bereitgestellt wird. Im Umkehrschluss befürchten Wirtschaftsverbände, dass sich Vorurteile, zum Beispiel gegenüber der Finanzbranche, in den Unterrichtsmaterialien wiederfinden. Es stellt sich die Frage, wer die Unterrichtsmaterialien mit welcher Expertise entwickelt - und wer sie evaluiert.

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Hintergrund: Für die Umfrage zur Verbraucherbildung führte forsa im Auftrag des vzbv eine repräsentative Telefonbefragung mit 2.002 Personen durch (CATI Dual-Frame). Berücksichtigt wurden alle deutschsprachigen Menschen ab 18 Jahren in Privathaushalten in Deutschland. Erhebungszeitraum der Umfrage zur Verbraucherbildung war der 31. August bis 6. September 2023.

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