Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) – also Pensionskassen und Pensionsfonds – müssen seit 2019 alle drei Jahre eine eigene Risikobeurteilung (ERB) vornehmen. Diese sind verpflichtend der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorzulegen. In den Berichten müssen die Einrichtungen beispielsweise operationelle und Nachhaltigkeitsrisiken festhalten, aber auch, ob es Risiken für ihre Versorgungsberechtigten gibt: etwa, weil die Finanzkraft nicht ausreicht, um alle Zusagen auch in einem Krisenszenario zu erfüllen. Die entsprechenden Regeln gelten, seit die EbAV-II-Richtlinie der Europäischen Union im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) umgesetzt wurde.

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Der erste Testlauf war ein Fiasko. 2021 oder 2022 hatten die Pensionskassen und Pensionsfonds erstmals einen solchen Bericht der BaFin abzuliefern. „Die Auswertung der Berichte von 82 Pensionskassen und Pensionsfonds, die diese bereits 2021 der BaFin vorgelegt hatten, war ernüchternd: Viele hatten das Rundschreiben unterschiedlich interpretiert oder missverstanden“, berichtet die BaFin in ihrem aktuellen BaFinJournal. 90 Prozent der Unternehmen hätten ihre Berichte nachbessern müssen. Welche Voraussetzungen diese Dokumente erfüllen müssen, hat die Behörde in einem Rundschreiben 09/2020 aus dem Jahr 2020 präzisiert.

Erneut müssen 80 Prozent der Unternehmen nachbessern

Inzwischen hat die BaFin auch die Risiko-Berichte der Anbieter ausgewertet, die erstmals im Jahr 2022 vorgelegt werden mussten. Und sich so einen vollständigen Überblick über die Branche verschafft, wie die Aufsichtsbehörde informiert. Zwar sei die Qualität der Berichte insgesamt etwas gestiegen, wie die BaFin berichtet. Aber erneut hätten 80 Prozent der Pensionsfonds und -kassen ihre Berichte überarbeiten müssen.

Verbesserungsbedarf sieht die BaFin vor allem bei zwei Themen. Das gilt zum einen bei der Beurteilung des Finanzierungsbedarfs. Hierbei müssen die Pensionskassen und Pensionsfonds auch prüfen, ob die Anforderungen an die Bedeckung der technischen Passiva auch künftig und auch unter Berücksichtigung von Risiken erfüllt werden.

Vereinfacht ausgedrückt geht es um die Frage, welche Teile der Rückstellungen und des Eigenkapitals bereits für zukünftige Versicherungsleistungen gebunden sind. Dabei sollen die Unternehmen nicht nur den Buchwert, sondern auch den Zeitwert der Kapitalanlagen berücksichtigen. Dies betrifft das Problem, dass Versicherer und Pensionsfonds häufig langfristige und festverzinsliche Kapitalanlagen halten, die einen festen Endwert haben: Solange sie tatsächlich gehalten werden. Sehen sich die Unternehmen jedoch gezwungen, diese vorzeitig zu veräußern, etwa um sich frisches Kapital zu beschaffen, kann dies einen enormen Wertverlust bedeuten. Dies gilt zum Beispiel für Anleihen, die in Zeiten niedriger Zinsen aufgenommen wurden. Da nun neue Anleihen zu einem deutlich höheren Zinssatz gezeichnet werden können, droht hier ein vorübergehender Wertverlust.

Eigenkapital-Ausstattung der Trägerunternehmen vernachlässigt

Ein weiterer Punkt betrifft die Angaben zum Schutz durch Trägerunternehmen gemäß dem Versicherungsaufsichtsgesetz (§ 234d Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 VAG). Bei dessen Beurteilung reiche es nicht aus, auf Größen wie ein Rating des Trägerunternehmens, seinen Umsatz oder die Anzahl seiner Kundinnen und Kunden zurückzugreifen, warnt die BaFin. Denn diese Angaben würden für sich betrachtet nichts darüber aussagen, ob ein Trägerunternehmen von Pensionsfonds und -kassen die benötigten Mittel bei Bedarf tatsächlich zur Verfügung stellen könnte, wenn ein Pensionsanbieter in Schieflage gerät. Stattdessen sollen die Altersversorger auch auf das Eigenkapital oder den Gewinn ihrer Trägerunternehmen eingehen – sofern diese Daten öffentlich zur Verfügung stehen.

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Ein weiterer Kritikpunkt betrifft Nachhaltigkeitsrisiken. "Überraschenderweise stieß die BaFin bei der Beurteilung von Nachhaltigkeitsrisiken (§ 234d Absatz 2 Satz 1 Nummer 8 VAG) in der aktuellen Auswertung auf mehr Mängel als bei den ERB-Berichten aus dem Jahr zuvor. Die BaFin sieht dies sehr kritisch, weil insbesondere der Klimawandel große Risiken birgt", schreibt die Aufsichtsbehörde. Auch hier müssten die Unternehmen in ihren Berichten nachbessern. Denkbar ist zum Beispiel, dass bestimmte Geldanlagen an Wert verlieren, weil die damit verbundenen Technologien aufgrund ihrer schlechten Klimabilanz strengeren Regeln oder gar Verboten unterworfen werden: etwa bei fossilen Energien.

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