Starkregen hat in den vergangenen 20 Jahren bundesweit für Schäden von 12,6 Milliarden Euro an Wohngebäuden gesorgt. Das berichtet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einem aktuellen Pressetext. „Statistisch gesehen war jedes zehnte Haus in den Jahren 2002 bis 2021 von Starkregen betroffen. Die Beseitigung der Folgen kostete betroffene Hausbesitzer durchschnittlich 7.600 Euro“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Anzeige

Die Bundesländer Berlin und Sachsen sind am stärksten von Starkregen-Schäden betroffen

Blickt man darauf, wo in Summe die meisten Gebäude geschädigt wurden, so überrascht das Ergebnis. In keinem anderen Bundesland waren demnach so viele Gebäude betroffen wie in Berlin, das in den letzten Jahren selten wegen Extremwetterereignissen in den Schlagzeilen war. Fast jedes siebte Haus in der Hauptstadt (148 von 1.000 Wohngebäuden) hatte einen Schaden durch besonders starke Regenfälle. Es folgen die Bundesländer Sachsen (143 Schäden je 1.000 Wohngebäude), Nordrhein-Westfalen (133 Schäden), Bayern (108 Schäden) sowie Hessen (103 Schäden).

Betrachtet man hingegen, wo im Durchschnitt die höchsten Schadenssummen pro Starkregenereignis gezahlt werden mussten, so belegt Rheinland-Pfalz mit einem durchschnittlichen Schaden von knapp 11.000 Euro den unrühmlichen Spitzenplatz, gefolgt von Sachsen mit 10.267 Euro pro Schadensfall und Nordrhein-Westfalen mit 9.381 Euro. Bayern liegt mit einem durchschnittlichen Schaden von 7.433 Euro an vierter Stelle. Die Zahlen beziehen sich auf die Jahre 2002 bis 2021. Dabei ist zu berücksichtigen, dass alle vier Bundesländer in diesem Zeitraum von großflächigen Unwetterkatastrophen heimgesucht wurden, die sehr hohe Sachschäden verursacht haben. In Sachsen kam es 2002, 2006 und 2013 zu so genannten Jahrhunderthochwassern, in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen verursachte zuletzt 2021 das Sturmtief „Bernd“ enorme Sachschäden.

Von den Stadt- bzw. Landkreisen war Euskirchen in Nordrhein-Westfalen mit 590 Schäden je 1.000 Wohngebäude am stärksten von Starkregenschäden betroffen. Die Beseitigung eines Schadens kostete dort im Schnitt über 45.000 Euro. „Euskirchen ist ein Sonderfall, da hier die Schäden durch die Sturzflut ‚Bernd‘ im Jahr 2021 besonders zu Buche schlagen“, sagt Asmussen. Stark betroffen waren auch der Eifelkreis Bitburg-Prüm, die Stadt Köln und der Landkreis Ahrweiler. In Münster fällt besonders der Starkregen im Juli 2014 ins Gewicht.

gdv.de

“Ereignisse treten überall in Deutschland auf!“

Der GDV warnt davor, die Starkregen-Gefahr zu unterschätzen. „Wir gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit für ein extremes Ereignis, wie es 2021 den Westen Deutschlands getroffen hat, in Folge des Klimawandels bis zu neunmal höher ist. Die kurzen, heftigen Regengüsse treten überall in Deutschland auf. Das heißt, jeder kann von Starkregen betroffen werden“, sagt Katharina Lengfeld, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Wetterdienst. „Gegenden, die in den letzten 20 Jahren nur wenige Schäden durch Starkregen erlebten, haben bislang einfach Glück gehabt“, so Lengfeld.

Aber nur etwa jedes zweite Gebäude (52 Prozent) in Deutschland ist mit einer Elementarschadenversicherung geschützt: Nur eine solche zahlt, wenn Regen und Überschwemmungen Schäden am Haus verursachen. „So gut wie jedes Haus ist gegen Sturm und Hagel abgesichert, doch den Schutz gegen extreme Regenfälle haben viele Hausbesitzer bislang vernachlässigt“, sagt Asmussen. Dabei könnten die heftigen Regenfälle Häuser bis zur Unbewohnbarkeit beschädigen.

Die enorm hohen Sachschäden nach dem Sturmtief „Bernd“ haben auch die Politik wachgerüttelt. Der Bundesrat treibt derzeit eine Elementarschaden-Pflicht voran. Die Versicherungswirtschaft lehnt eine solche Pflicht ab, weil sie befürchtet, dass die Hochwasservorsorge vernachlässigt wird, wenn jedes Gebäude problemlos Versicherungsschutz erhält. Stattdessen schlägt die Branche ein Opt-out-Verfahren vor: Danach soll jede Wohngebäudeversicherung automatisch auch Elementarschutz enthalten, sofern der Kunde oder die Kundin nicht explizit widerspricht.

Bestimmte Risiken künftig nicht mehr versicherbar?

Angesichts der Zunahme extremer Wetterlagen stellt sich für die Versicherer die Frage, ob sie langfristig alle Schäden durch Naturgefahren noch versichern können. „Wir müssen in Deutschland Prävention und Klimafolgenanpassung konsequent umsetzen. Ansonsten könnten sich nach unseren Schätzungen allein infolge der Klimaschäden innerhalb der nächsten zehn Jahre die Prämien für Wohngebäudeversicherungen verdoppeln“, sagt Asmussen.

Anzeige

„Von Bund und Ländern erwarten wir verbindliche Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung“, sagt Asmussen weiter. Dazu gehörten etwa klimaangepasstes Planen, Bauen und Sanieren, ein Baustopp in Überschwemmungsgebieten und eine Verringerung der Flächenversiegelung. „Gesetzesvorhaben des Bundes können hier wichtige Weichen stellen, etwa die laufende Baurechtsreform und die diskutierten Änderungen der Musterbauordnung“, so der GDV-Hauptgeschäftsführer.

mit Pressematerial GDV

Anzeige