Dass die Idee, Behandlungen durch zusätzliche Kosten unattraktiver zu machen, ein gefährlicher Irrweg sein kann, haben bereits die Erfahrungen mit der Praxisgebühr gezeigt. Ab 2004 mussten Kassenpatienten für jeden ersten Arztbesuch im Quartal zehn Euro Gebühr zahlen, doch 2012 wurde diese Extragebühr wieder abgeschafft. Ein Grund: Studien hatten gezeigt, dass vor allem finanziell schlechter gestellte Menschen Arztbesuche aufschieben und Vorsorgeangebote weniger in Anspruch nehmen. Genau das kann aber die Behandlungskosten in die Höhe treiben, etwa wenn Krankheiten erst spät erkannt werden und dann schwerwiegendere Eingriffe nötig sind. Auch ärztliche Präventionsangebote würden wohl seltener in Anspruch genommen.

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Auch hatte sich die Praxisgebühr als bürokratisches Monster erwiesen. Die damalige Bundesregierung bezifferte die jährlichen Verwaltungskosten im letzten Jahr der Gebühr auf 330 Millionen Euro. In den Arztpraxen entstand ein deutlicher Mehraufwand: zusätzlich zu den ohnehin hohen Dokumentations- und Verwaltungspflichten. Die Koalition und Opposition kippten die Gebühr 2012 im Bundestag mit 548 zu null Stimmen: ein einstimmiges Ergebnis. „Das habe ich im Deutschen Bundestag noch nie erlebt“, wunderte sich der damalige Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse.

Die Kosten beim Arzt würden zusätzlich zu den ohnehin hohen Beiträgen anfallen, die Beschäftigte für die Kranken- und Pflegeversicherung von ihrem Bruttogehalt abführen müssen. Doch auch hierfür hat Raffelhüschen eine Idee: Gesetzlich Versicherte können die 800 Euro per privater Zusatzversicherung absichern. Auch in diesem Fall müssten Menschen mit chronischen Erkrankungen und höheren Gesundheitsrisiken für ihren Zusatzschutz wohl deutlich mehr Beitrag zahlen. Im Zweifel gilt dann: Rechtsanwälte und Bankmitarbeiter zahlen weniger als Dachdecker und Handwerker.

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