“Die Versicherungswirtschaft hat für die Jahre 2017 bis 2021 neue Zahlen zur Manager-Haftpflichtversicherung vorgelegt“. Mit diesem unauffälligen Satz beginnt eine aktuelle Pressemeldung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Doch dahinter könnte jede Menge Sprengstoff stecken. Denn der Dachverband hat in der D&O-Versicherung im besagten Zeitraum zu hohen Schadenquoten ausgewiesen - und musste diese entsprechend korrigieren. Zahlen, an denen sich auch die Versicherer teilweise orientieren, wenn sie ihre Tarife berechnen.

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Zunehmend wichtiger Schutz - mit explodierenden Prämien

Die Directors- and Officers-Versicherung ist in Deutschland eine noch recht junge Gattung - aber eine mit zunehmender Bedeutung. Mit den Verträgen können Unternehmen ihre Vorstände und Geschäftsführer gegen persönliche Haftungsansprüche absichern. Denn wer in einer Firma oder einem Konzern Verantwortung übernimmt, haftet für Fehler und Versäumnisse mit seinem privaten Vermögen.

Hier war in den letzten Jahren oft zu hören gewesen, dass Manager immer häufiger verklagt werden und mit ihrem Privatbesitz einstehen müssen. Mit Auswirkungen auf die Prämien und Zeichnungsbereitschaft der Versicherer. So berichtete etwa die Allianz Global Corporate Speciality (AGCS) 2021 in einer Marktstudie von explodierenden Schadenskosten - und der Gefahr, dass viele Manager überhaupt keinen Schutz mehr finden. Rund ein Viertel der versicherten Unternehmen in Deutschland musste demnach bei D&O-Versicherungen zum Saisonwechsel 2020/21 höhere Preise zwischen 50 und 100 Prozent akzeptieren, bei 15 Prozent lag das Prämienplus sogar über 100 Prozent. Auch haben viele Anbieter ihre Versicherungssummen gedeckelt.

Schäden teils um 100 Millionen Euro nach unten korrigiert

Doch zumindest für Deutschland besteht nun der Verdacht, dass die falschen GDV-Zahlen Einfluss auf die hohen Schadenquoten hatten. Für das Jahr 2020 wurden zum Beispiel Schadenkosten von 281 Millionen Euro angegeben - tatsächlich entstand der Branche nach korrigierten Zahlen „nur“ ein Schaden von 183 Millionen Euro. Noch gravierender ist der Unterschied im Jahr 2019. Hier waren zunächst 233 Millionen Euro ausgewiesen, die in der D&O-Versicherung erstattet werden mussten. Der tatsächliche Wert: 132 Millionen Euro. Das sind satte 43,35 Prozent weniger.

Das wirkt sich auch auf die Schaden-Quote aus. Für das Jahr 2020 wies der GDV zunächst eine hohe Quote von 110,0 Prozent aus. Stark vereinfacht hätten somit jedem eingenommenem Euro Ausgaben von 1,10 Euro allein für die zu begleichenden Schäden gegenüber gestanden. Doch tatsächlich lag die Schadenquote bei 86,7 Prozent, was ein deutlich besserer Wert ist. Hier muss berücksichtigt werden, dass zusätzlich zu den Schadenskosten den Versicherern weitere Kosten entstehen, etwa für Vertrieb und Verwaltung. Diese spiegelt die GDV-Statistik nicht wider. Je nach Versicherer können diese zusätzlichen Kosten sehr unterschiedlich sein.

"Den jetzt korrigierten Zahlen zufolge lag die Schadenquote nach Abwicklung in der D&O-Versicherung in den Jahren 2017, 2018 und 2020 zwischen 73 und 99 Prozent", berichtet der GDV. Und weiter: "Unter Berücksichtigung marktüblicher Kosten dürften die Unternehmen in diesen Jahren Verluste, in den Jahren 2019 und 2021 hingegen Gewinne gemacht haben".

Ein Versicherer lieferte falsche Zahlen

Grund für den Fehler sei gewesen, dass ein Unternehmen falsche Zahlen geliefert habe. Um welchen Versicherer es sich handelt, teilt der GDV nicht mit. Es dürfte sich allerdings um einen großen Anbieter handeln, wenn die eigenen Zahlen einen so großen Einfluss auf die gesamte Statistik haben. Insgesamt fließen die Daten von 31 Versicherern in die Statistik ein.

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Der Verband hat auf den Vorfall reagiert. "Zur weiteren Verbesserung der D&O-Statistik und um eventuelle Fehler künftig früher zu erkennen und zu vermeiden, hat der GDV nun zusätzliche Plausibilitätschecks eingeführt", heißt es im Pressetext. Dazu frage der Verband ab sofort zwei zusätzliche Kenngrößen bei seinen Mitgliedsunternehmen ab.

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