Elefantenrunde, Schlangen an der Männertoilette bei der Vorabendveranstaltung, Gimmicks und Giveaways: Es gibt Dinge, die gehören normalerweise zur DKM dazu, größte Leitmesse der Versicherungsbranche in Dortmund. Und viele persönliche Begegnungen, bei denen man in lockerer Atmosphäre Kontakte knüpfen und sich über Branchennews austauschen kann. Corona hat das gewohnte Zusammensein im letzten Jahr jäh beendet: an Besucherströme und volle Hallen war in Pandemiezeiten nicht zu denken, auch nicht an Messepartys. 2020 fanden alle Veranstaltungen ausschließlich online statt.

Anzeige

Umso froher war man in diesem Jahr, zur Normalität zurückzukehren: ein Stück weit jedenfalls. Denn an große Besucherströme war auch in diesem Jahr nicht zu denken. Also hat man die beiden Tage am 27. und 28. Oktober als hybrides Event veranstaltet: 2.400 Vermittlerinnen und Vermittler fanden den Weg in die Dortmunder Westfalenhalle. Weitere 2.300 verfolgten Workshops und Diskussionen online. Zum Vergleich: im Vorcoronajahr 2019 hatten sich rund 11.000 Fachbesucher in der Ruhrmetropole eingefunden. Kongress-Slots und Speaker’s Corner wurden live übertragen, auch die Aussteller hatten Online-Präsentationen zusätzlich zu ihren Messeständen vorbereitet. Trotz des kleineren Rahmens war man froh, wieder live zusammenkommen zu können.

Was ist von der neuen Bundesregierung zu erwarten?

Eines der Topthemen in diesem Jahr: Was plant die neue Bundesregierung und welche Konsequenzen wird dies für Vermittlerinnen und Vermittler haben? Zwei der Wahlsieger -SPD und Grüne- stehen der Branche bekanntlich skeptisch gegenüber. Norbert Porazik, Chef des größten Maklerpools Fonds Finanz, schaute dem Kommenden aber gelassen entgegen. „Da gibt es eigentlich überhaupt kein Interesse, unsere Themen anzufassen, weil die Unterschiede gerade zwischen SPD und Grünen enorm groß sind“, zitiert ihn Cash Online bei einer Podiumsdiskussion. Seine Erwartungen: Es werden keine größeren Einschnitte kommen, die versicherungsrelevanten Themen nicht angefasst. Dennoch passe man auf, dass nichts verfassungswidriges umgesetzt werde. „Außerdem wäre mit FDP-Chef Christian Lindner ja ein Politiker in der Ampel, der sehr gut verdrahtet und informiert ist, was unsere Branche betrifft“, so der Poolchef.

Dennoch gab es auch skeptische Töne zu den möglichen Plänen der angehenden Koalitionäre. R+V-Chef Norbert Rollinger begrüßte es zwar, dass mit der Aktienrente nun die gesetzliche Rentenversicherung einen zusätzlichen Kapitalstock aufbauen will. Die Anschubfinanzierung von 10 Milliarden Euro bezeichnete er aber als „Feigenblatt“. Er erinnerte daran, dass der Bund schon heute knapp 100 Milliarden Euro pro Jahr an Steuergeldern in die Rentenkasse geben muss. Auch Einheitslösungen wie zum Beispiel einen Staatsfonds sieht er kritisch: die Lebenslagen der Menschen seien zu individuell und das systemische Risiko des Fonds zu groß, als dass er die Erwartungen einer existenzsichernden Alterssicherung erfüllen könne, warnte Rollinger.

Klimawandel: Elementarschäden künftig schwieriger versicherbar?

Ein weiteres Top-Thema: Nachhaltigkeit. Konrad Schmidt, Geschäftsführer der gastgebenden bbg Betriebsberatungs GmbH, machte gleich zu Begrüßung auf der Messe klar, dass es sich um mehr handle als ein Trendthema: Das hätte die jüngste Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gezeigt. Die Versicherungsbranche ist gleich mehrfach von Umweltthemen direkt betroffen. Zum einen, weil sie seit Jahren mit steigenden Schäden konfrontiert werde: Hier müsse gefragt werden, ob angesichts des Klimawandels künftig Risiken noch wie bisher versicherbar seien. Und als Investoren, weil die Versicherer als kapitalmächtige Anleger selbst einen Beitrag leisten können und müssen, dass Unternehmen klima- und umweltfreundlicher werden. In den Vorträgen und Diskussionen wurde deutlich, dass es nicht so leicht ist, das Portfolio einfach entsprechend umzustellen: auch, weil Versicherer viele langfristige Kapitalanlagen halten, die oft nicht ohne Wertverlust abgestoßen werden können.

Maklervertrieb: Demografieproblem und zunehmende Poolbindung

Mit Blick auf den Maklervertrieb wurde viel über das demografische Problem der Branche diskutiert: Die Tatsache, dass viele Maklerinnen und Makler bereits in einem fortgeschrittenen Alter sind und demnächst auch viele Fachkräfte aus dem Markt ausscheiden werden. Und auch über die zunehmende Abhängigkeit der Vermittelnden von Maklerpools wurde debattiert. Bereits seit einiger Zeit steht der Vorwurf im Raum, dass sich zu viele Makler abhängig von den Pools machen, de facto in einem Vertreterähnlichen Verhältnis zu ihnen stehen: genährt durch ein Urteil des BGH, wonach auch Makler eine handelsvertreterähnliche Beziehung zu Pools haben können. Wie können Makler dann ihre Unabhängigkeit wahren, da sie doch als Sachverwalter des Kunden agieren?

Zur zunehmenden Abhängigkeit von Pools präsentierten Vertriebsexperte Matthias Beenken und BVK-Vize Andreas Vollmer eine Studie unter dem Namen „Pools und Dienstleister für Versicherungsmakler“. Rund drei Viertel der 200 Befragten arbeiten eng mit Pools zusammen, so ein Ergebnis. Doch es sei gerade die Arbeit mit Makler-Verwaltungsprogrammen und anderen digitalen Helfern der Pools, die Makler dabei unterstützen würden, ihre Unabhängigkeit zu wahren, hob Beenken die Doppelrolle der Poolanbindungen hervor: auch, weil sie ihnen helfen, gegen die wachsende Konkurrenz aus dem Netz zu bestehen. Zumal große Teile der Wertschöpfungskette und Kundenkommunikation noch immer in der Hand der Maklerbüros verbleiben würden.

Anzeige

Die DKM 2022 soll wieder als „Messe“ in der Messe Dortmund vom 25. bis 27.10.2022 stattfinden: sofern es die pandemische Lage erlaubt. Zusätzlich wurde eine Eventplattform DKM365 etabliert. Ab dem 11. November sollen dort regelmäßig donnerstags die DKM Streaming Days mit Branchennews und Diskussionen stattfinden. Auf der Plattform wollen die Veranstalter auch große Teile der jetzigen DKM-Veranstaltungen nachträglich zugänglich machen: Sie kann hier aufgerufen werden.

Anzeige