Versicherungsbote: Sie haben als Versicherer ein Blockchain-Projekt gestartet und sich dafür Kooperationspartner ins Boot geholt. „Blockchain“ - das klingt für Laien zunächst sehr abstrakt und technisch. Worin genau investieren Sie? Was ist „Blockchain“-Technik?

Anzeige

Stephan Bruckner: Man muss sich die Blockchain als ein digitales, öffentliches und dezentralisiertes Logbuch vorstellen, das jede Transaktion und jeden Schritt, egal über wie viele Computer oder Nutzer hinweg, für alle Beteiligten sichtbar aufzeichnet. Es gibt keine Zwischenhändler, und alle Abläufe erfolgen transparent. Statt also mehrerer Stationen, in denen jeder seine eigenen Aufzeichnungen führt, gibt es nur ein umfassendes Transaktionsprotokoll, das dezentral und für jeden einsehbar gespeichert ist. Ein Datensatz innerhalb der Blockchain kann also niemals rückwirkend verändert werden, ohne damit auch alle anderen beteiligten Datensätze zu ändern.

Ursprünglich wurde die Blockchain-Technologie für die Crypto-Währung Bitcoin entwickelt, um Geldtransaktionen für jeden sichtbar zu speichern und Zwischenhändler, in diesem Fall staatlich kontrollierte Banken und Währungen, zu umgehen. Mittlerweile wird die Blockchain-Technologie jedoch auch in vielen anderen Bereichen eingesetzt, um die einzelnen Stationen von Tauschgeschäften, sei es mit Geld oder Dienstleitungen, für jeden nachvollziehbar zu machen. Wir sind der Meinung, dass auch die Versicherungsbranche in Zukunft von der Blockchain profitieren wird.

Weshalb ist „Blockchain“ aus Ihrer Sicht eine Zukunftstechnologie?

Es gibt meiner Meinung nach mehrere Gründe, warum die Blockchain-Technologie zukünftig unverzichtbar für die Versicherungsbranche sein wird. An erster Stelle sind da natürlich die schier unendlichen Investitionsmöglichkeiten. Der Markt an Unternehmen, die die Blockchain bereits für ihre Prozesse nutzen, allen voran IBM, erfährt gerade einen gehörigen Wachstumsschub. Daher haben wir bei der Liechtenstein Life mit unserem Blockchain-Fond einen Investitionsschwerpunkt in diesem Sektor geschaffen. Dieser umfasst präzise ermittelte Anteile sowohl von Kryptowährungen als auch von Unternehmen, deren Geschäftsmodell und Leistungsangebot auf dieser Technologie beruhen.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der insbesondere in der Versicherungsbranche eine bedeutende Rolle spielt, ist das Vertrauen unserer Kunden. Die Blockchain ermöglicht es Versicherungsunternehmen zukünftig, Prozesse zu automatisieren und somit schneller, sicherer und transparenter zu gestalten. Für besonders einheitlich regulierte Szenarien, wie Flug- oder Zugverspätungen, bieten einige Versicherer bereits voll automatisierte Versicherungen. Darüber hinaus setzen immer mehr Versicherer sogenannte „Smart Contracts“ ein, die automatisch Risiken und Schäden prüfen.

Es handelt sich somit bei der Blockchain eben nicht einfach nur um eine weitere Basistechnologie, sondern ganz klar um eine Zukunftstechnologie, die nicht mehr losgelöst von anderen neu aufgekommenen Technologien gesehen werden kann. Nahezu alles wird in Zukunft verknüpft und im Hintergrund vollautomatisch über solche vermeintlich sicheren Blockchain-Systeme ablaufen und AI (Künstliche Intelligenz) und IoT (Internet-of-Things) stehen schon wie gerufen als weitere Schlüsseltechnologien dafür bereit.

Sie wollen Blockchain als Anlagebaustein in Ihre Zukunftspolice integrieren. Laut Ihrem Prospekt gibt es erst einen Fonds mit diesem Schwerpunkt in Liechtenstein, obwohl die Technik in aller Munde ist. Weshalb die Zurückhaltung auf dem Anlegermarkt?

Eine Versicherungspolice hat in der Regel Laufzeiten, die mehrere Produktzyklen überdauern können. Unsere Zukunftspolice hat eine mittel- bis langfristige Ausrichtung. Die Zurückhaltung am Anlegermarkt ist sicher damit begründet, dass nur wenige Anleger zu Beginn eines neuen Technologiezyklus sich den Risiken von Rückschlägen bei jungen Unternehmen in einer jungen Branche und mit einer jungen Technologie aussetzen wollen. Die angesprochene Technologie befindet sich tatsächlich in einem sehr frühen Stadium - denken Sie hier an die sogenannte S-Kurve. Hier stehen zu Anfang Technologieversprechen, die unter Umständen nicht eingehalten werden können. Enttäuschungen nach zwischenzeitlichen herben Rückschlägen sind nicht selten die Folge. Daher bleiben solche frühen Investments eher sogenannten Snobs, Visionären oder technologieaffinen Investoren vorbehalten.

Zudem gibt es kaum Produkte für den Investor, in die er ohne strukturelle oder steuerliche Risiken sinnvoll investieren kann. Der Liechtensteinische Anlagefonds wird als UCITS-Fonds angeboten und investiert mehrheitlich in langjährig etablierte Unternehmen, die neben ihrem angestammten Geschäft auch zunehmend in Blockchain investieren. Hier stehen Aspekte wie mehr Hygiene, weniger Kosten oder mehr Sicherheit im Vordergrund. So erhalten Investoren einen relativ sicheren Zugang zu Innovationen, die von großen Unternehmen mit großen Barreserven und einem langen Atem während der Policen-Laufzeit zur Marktreife gebracht werden können. Wer kann sich nicht in der Zeit vor dem Platzen der Internetblase noch an AOL (America Online) erinnern? Danone oder Nestlé hingegen sind Dauerbrenner und können im Bereich von Lebensmittelhygiene (Food Trust) oder Lebensmittelverfolgung (Food Tracking) von der Blockchain-Technologie in besonderem Maße profitieren. Auch das sind für uns vermeintlich sichere Blockchain-Investments.

Klassiker sind natürlich Unternehmen im Bereich IT-Infrastruktur, die spezielle Bauteile wie Prozessoren für beschleunigte Rechenprozesse rund um die Blockchain-Technologie herstellen. Nicht zuletzt aber auch IT-Service-Unternehmen, die die Blockchain-Technologie als integralen Bestandteil innovativer Unternehmensprozesse sehen und hier ihre Implementierungshilfe anbieten.

Sie wollen auch Teile der Kundengelder in Kryptowährungen investieren, wenn ich das richtig verstanden habe. Diese gelten als hoch spekulativ, bei manchen Angeboten mussten Verbraucher bereits Totalverlust beklagen. Die BaFin warnt sogar vor solchen Währungen. Wie schaffen Sie Sicherheit, damit der Kunde keinen Wertverlust erleidet?

Die Schweiz und Liechtenstein sind unübersehbar aktiv und zugleich innovativ, wenn es um die Entwicklung und zügige Etablierung neuer Technologien rund um die Blockchain- und Krypto-Ökonomie geht. Niemand will hier ganz offensichtlich den digitalen Schnellzug verpassen. „Disruption“ ist das angelsächsische Wort, das Ängste heraufbeschwört, aber auch Chancen auf der Unternehmens- und Investorenseite bietet. Einige Schweizer und Liechtensteiner Banken haben investierbare Produkte entwickelt, die im Hintergrund mit sehr hohen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet sind, um negative Einflüsse, die nicht durch den Preis der Kryptowährungen selbst verursacht werden, ausschließen zu können. Hierfür wurden seitens der Banken tatsächlich hohe Summen in mehrstufige Sicherheitskonzepte investiert. In diese von Banken strukturierte Produkte wiederum investiert der angebotene Blockchain Fund, der als UCITS-Fonds seinerseits ein Investmentvehikel mit den höchsten Standards darstellt. Der Blockchain Fonds selbst investiert schwerpunktmäßig in langjährig etablierte Unternehmen mit klarem Blockchain-Bekenntnis.

Anzeige

Abgerundet wird das Fondsportfolio mit opportunistischen Investments in Edelmetallen wie Gold und Silber sowie in Strukturierte Produkte mit Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum oder Ripple als Basiswert. Auch hier werden Innovationen neue Kryptowährungen mit sich bringen, die möglicherweise viele Probleme bereits gelöst haben, die die alten Dinosaurier wie Bitcoin nur durch sogenannte Hardforks versuchen, in den Griff zu bekommen. In unsicheren Zeiten werden überdies bis zu 35 Prozent in Anleihen hoher Qualität investiert. Man sollte bedenken, dass der aktuelle Bullenmarkt schon eine ganze Weile anhält und der Kapitalerhalt steht klar im Vordergrund.

"Die Zukunftspolice ist eine fondsgebundene Rentenversicherung"

Versicherungsbote: "Zukunftspolice" nennt sich Ihr neues Anlageprodukt. Wie funktioniert diese? Welche Anteile der Kundengelder fließen in Blockchain-Technik? Erinnert sei an die Debatte um Fondspolicen in der Lebensversicherung, wo nur ein kleiner Anteil der Kundengelder an Fonds partizipiert, aber immer noch das meiste Geld in festverzinsliche Anleihen „einbetoniert“ ist. Ist bei der Zukunftspolice ähnliches zu erwarten?

Stephan Bruckner: Die Zukunftspolice ist eine reine fondsgebundene Rentenversicherung mit allen Vorteilen, wie Steuerprivilegien, Möglichkeit der Kapitalisierung und lebenslanger Rentenzahlung. Welchen Anteil der Kunde in den Blockchainfunds investieren möchte, kann er frei entscheiden und auch immer wieder verändern. Einen schönen Chancen-Risiko-Mix schaffen wir dadurch, das der Kunde neben dem Blockchainfunds zusätzliche weitere Fonds aus unserem Fondsuniversum auswählen und besparen und, wie bereits erwähnt, die Gewichtung frei wählen kann.

Anzeige

Ein weiteres Problem, dass sich aus meiner Sicht bei Blockchain stellen könnte: Viele der Unternehmen sind Pioniere, könnten aber von der Technik überholt werden bzw. auch Wege verfolgen, die sich langfristig nicht durchsetzen werden. Wie findet man die „richtigen“ Firmen als Investitionsziele? Oder machen Sie das gar nicht selbst?

Ein spezialisierter Asset Manager aus Liechtenstein zeichnet sich für den Blockchain Fonds verantwortlich. Sowohl für Aktien mit Blockchain-Bezug als auch für Krypto-Engagements gilt es, einen möglichst flexiblen Handelsansatz zu haben. Nichts ist in Stein gemeißelt. Ein aktuelles Beispiel ist die mehr als 100 Jahre bestehende Aktie General Electric, die vermutlich durch Überschuldung ein baldiges Ende finden wird. Für junge Unternehmen gilt das Besagte im Besonderen. Hier werden nicht selten durch Kredite getragene Unternehmensaktivitäten nicht durch ausreichend operativen Erfolg nachhaltig belohnt. Da der Blockchain Fund aktiv verwaltet wird, wird frühzeitig auf entsprechende Entwicklungen reagiert, sei es ein möglicher Bärenmarkt oder eine Branchenschwäche (Sektor-Rotation) oder eine tiefgreifende „Disruption“ durch weitere Basis-Innovationen.

Blockchain könnte auch die Versicherungsbranche revolutionieren. Beratungshäuser vermuten, dass die Technik zeitnah immer mehr Innendienstler bei den Versicherern sowie auch Menschen im Vertrieb ersetzen könnte. Muss die Branche einen massiven Arbeitsplatzabbau fürchten?

Wir als Liechtenstein Life haben schon einen hohen Grad an Automatisierung und Digitalisierung erreicht. Daher geht es bei uns nicht darum durch Blockchain Personalkapazitäten zu reduzieren, sondern mit dem heutigen Mitarbeiterstamm mehr Volumen abwickeln zu können. Da wir rein im Bereich der Altersvorsorge tätig sind, müssen sich unsere Partner keinen Sorgen machen, da diese Geschäfte im Großen und Ganzen ein Mensch-zu-Mensch-Geschäft bleiben wird. Der Druck auf große Versicherungsunternehmen, effizienter zu arbeiten und Kosten zu senken, ist sicherlich da. Hier kann die Blockchain und die fortschreitende Digitalisierung zum Beispiel in der Leitungsprüfung sicherlich zu Stellenabbau führen.

Anzeige

Über Stephan Bruckner: Stephan Bruckner (40) ist seit Mai 2017 Head of Sales bei der Liechtenstein Life Assurance AG (LLA), einer international operierenden und unabhängigen Versicherungsgesellschaft mit Hauptsitz in Liechtenstein. Als Versicherungsexperte mit über 10 Jahren Berufserfahrung hat er sich auf Fondspolicen liechtensteinischer Versicherungsgesellschaften spezialisiert. Zuvor war der gelernte Bankkaufmann und Kommunikationswirt in leitender Funktion bei einer Genossenschaftsbank tätig. Er sammelte als Bezirksdirektor bei der Delta Lloyd AG erste Erfahrung im Versicherungsbereich. Im Jahr 2010 unterstützte er ein liechtensteinisches Versicherungsunternehmen beim Vertriebsaufbau einer deutschen Maklerorganisation. Seitdem beschäftigt er sich intensiv mit Nettopolicen und alternativen Vergütungsmodellen und begleitet seit 2015 den Markteintritt der LLA in Deutschland mit.

Seite 1/2/

Anzeige