Versicherungsbote: Wenn junge Makler einen Bestand aufkaufen wollen, worauf sollten sie dann achten? Was sind mögliche Fallstricke, die in einen „Fehlkauf“ münden können?

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Andreas W. Grimm: Grundsätzlich sollte man ein Unternehmen immer nur dann kaufen, wenn man das Geschäftsmodell des Unternehmens einigermaßen gut beherrscht. Wer bisher nie freie Berater geführt hat, sollte keinen Finanzvertrieb kaufen. Und wer bisher nie Gewerbekunden akquiriert und beraten hat, sollte auch keinen Gewerbemakler kaufen.

Den einzigen wirklich groben Fehler, den ein Käufer aber machen kann, ist es, bei der Prüfung des Verkäufers als Person und des zu erwerbenden Unternehmens bzw. des Bestands zu nachlässig und zu leichtgläubig zu sein. Wenn sich bei der Prüfung nicht plausible Sachverhalte zeigen, kritische Finanzanlagen wie P&R im Portfolio sein sollten oder wenn der Verkäufer Antworten schuldig bleibt oder ausweichend antwortet, heißt das: „Finger weg!“. Ein seriöser Verkäufer hat nichts zu verbergen und wird – unter Einhaltung des Datenschutzes – bereitwillig alles Erforderliche offenlegen. Ein solcher Käufer wird auch Vertragsklauseln akzeptieren, bei denen er zu einem gewissen Maße für die Qualität des zu übergebenden Bestands oder Unternehmens garantiert.

Wer noch nie ein Unternehmen gekauft hat, sollte auf jeden Fall einen erfahrenden Berater zu Rate ziehen – möglichst einen, der für seine Beratungsleistung auch wirklich haftet und gegen Beratungsfehler versichert ist.

...und wenn sich der Verkäufer als seriös entpuppt und man menschlich gut klarkommt: Was ist dann zu beachten?

Damit der Bestandskauf wirklich funktioniert, sollte der Käufer wie ein Investor agieren und zwingend einen Businessplan mit realistischen Annahmen und unter Einbeziehung der zu erwartenden Steuerzahlungen aufstellen. Vor allem dem Finanzplan sollte er dabei ausreichende Aufmerksamkeit zukommen lassen, damit einerseits genügend Geld zum Leben bleibt und andererseits auch Zins- und Tilgungszahlungen nicht gefährdet sind.

Bei einer reinen Bestandsübertragung sollte der Käufer auch darauf achten, dass zumindest die wichtigsten Produktgeber sich verbindlich festlegen, unter welchen Bedingungen sie die Bestände courtagewirksam übertragen, um keine bösen Überraschungen zu erleben.

Welche Auswirkungen hat die Rechtsform für Nachfolgeregelungen auf die Bestandsübertragung? Macht es Sinn, diese zu ändern?

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Es gibt nicht die eine richtige Rechtsform. Meist laufen rechtliche, organisatorische und steuerliche Effekte gegeneinander. Es ist also fast immer eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. Eines können wir aus unserer Praxis aber zumindest sagen: Die von Juristen gerne empfohlene Umwandlung in eine GmbH ist in den seltensten Fällen wirklich die beste Lösung. Eine kurzfristige Umwandlung meist sogar eine richtige Kapitalvernichtung. Das liegt einerseits daran, dass kleine GmbHs (und Makler sind nun mal überwiegend kleine Unternehmen) meist ein Ertragsproblem haben und damit weitestgehend wertlos sind. Zudem gibt es für kleine GmbHs kaum einen Markt. Und nicht zuletzt kann ein Käufer den Kaufpreis einer GmbH steuerlich nicht geltend machen, was wiederum den Verhandlungsspielraum erheblich einschränkt. An der Umwandlung verdienen also eigentlich meist nur der Anwalt und der Notar.

...wenn Maklerdokumente fehlen

Versicherungsbote: Wenn Maklerverträge und die dazugehörigen Folgedokumente wie Datenschutzerklärungen und Maklervollmachten fehlen, sinkt der Wert des Bestandes. Aber kann das Fehlen der Datenschutzerklärung auch rechtliche Fallstricke mit sich bringen, wenn Makler einen solchen Bestand erwerben?

Andreas W. Grimm: Da muss ich korrigieren. Der Wert des Bestands ist nicht davon abhängig, ob diese Dokumente vorliegen oder nicht. Es geht um die Frage, ob der Bestand übertragbar ist. Normalerweise wird nur für den Teil des Bestands bezahlt, der auch tatsächlich courtagewirksam übergeben wird. Und wenn diese Dokumente nicht vorhanden sind, müssen alternative Maßnahmen ergriffen werden, um die Übertragbarkeit herzustellen. Eine davon ist die Umwandlung des Unternehmens.

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Die Strafen, die sich aus der DSGVO und des UWG ergeben, können schon sehr schmerzhaft sein. Es empfiehlt sich also auf jeden Fall, dem Thema ausreichend Aufmerksamkeit zu schenken. Die wenigsten Makler bedenken, dass ihnen bei einer Verurteilung wegen größerer Datenschutzverstöße auch der Verlust der Gewerbeerlaubnis drohen kann. Das kommt bei einem Versicherungsmakler einem Berufsverbot gleich.

Müsste es für angehende Makler aktuell nicht verlockend sein, den Markteintritt zu wagen, wenn viele Vermittler in den Ruhestand gehen? Oder wird der Bedarf an Maklern generell schwinden?

Es ist ein Trugschluss, dass momentan so viele Makler aufhören würden. Viele kleinere Makler lassen einfach auslaufen, weil sie sich das Aufhören nicht leisten können und ohne sich über die Konsequenzen ausreichend Gedanken zu machen. Die Nachfrage übertrifft das Angebot zur Zeit um ein Vielfaches. Ich würde es deshalb anders herum formulieren. Sie sollten sich als Makler auf keinen Fall davon abhängig machen, ob es Ihnen gelingt, ein Maklerunternehmen zu kaufen oder nicht – die Chance das richtige zeitnah zu finden, ist einfach momentan zu gering. Sollten Sie die Chance auf einen Kauf haben, sollten Sie sich die Chance auf jeden Fall schnell sichern – zumindest dann, wenn Sie das Geschäft des zu verkaufenden Unternehmens beherrschen.

Was die Zukunft der Maklerschaft betrifft, bin ich sehr optimistisch, dass es diese weiterhin geben wird, auch wenn sich das Dienstleistungsportfolio und die Vertriebs- und Kommunikationskanäle deutlich ändern werden. Der Trend geht deutlich weg vom Einzelkämpfer hin zu mittelständischen und großen Maklerunternehmen mit mehreren Kompetenzträgern und verschiedensten Kommunikationswegen und Kundenschnittstellen. Diese Komplexität wird sich ein Einzelkämpfer zukünftig nicht mehr leisten können.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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