Die Studie der Berater von Ernst & Young (EY) könnte ihrerseits zu einem Lockstoff für Akteure auf dem Immobilienmarkt, für Bausparkassen oder Projektentwickler für das Wohnen der Zukunft werden. Weil die Ergebnisse der erhobenen Daten schlicht und einfach Millionen von Zielfotos an die Pinnwände in den Köpfen der kommenden Kaufgeneration Haus projizieren. Nun müssen Verkäufer von und für Immobilien, also auch Finanzberater, nur noch die Idealbilder vom Kleinhäuschen im Grünen aufnehmen. Und ihren Kunden immer wieder zeigen. Und ihnen sagen: So wollt ihr leben.

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94 Prozent wollen Natur

„Kenne deinen Kunden“; das ist kein Zitat im Eigentlichen, sondern Maßgabe für erfolgreiches Marketing. Beliebtestes Ziel der Marktforscher ist seit einigen Jahren die „Generation Y“; auch übersetzt mit „Generation why?“ Schließlich, das haben frühere Markt- und auch Personalmarketing-Forschungen ergeben, steht die Gruppe der etwa 20 bis 40-Jährigen auch für kritische Distanz zu Karriere und Geld und eher für ideelle Nähe zu Nachhaltigkeit und für das Streben nach einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeit und Leben; eben jenen vielfach abgeriebenen und scheinbar verbrauchten Begriff Work-life-balance.

Der typischen Häuslebesitzer der Zukunft ist zu gut 40 Prozent in den Ja-Antworten auf Fragen der EY-Studie vertreten, wenn nach dem eigenen Heim gefragt wird; sei es das Einfamilien-, Doppel- oder Reihenhaus. Hauptsache raus aus der Stadt. Auch wenn das Eigenheim lediglich eine Eigentumswohnung wäre, Hauptsache nach dem Öffnen der Haustür eröffnet sich der Generation Y ein grünes Refugium. 94 Prozent der von EY befragten mehr als 1.600 jungen Bürger sehnt sich nach Natur.

Auf Facebook offen – das Wohnrefugium bitte blickdicht

Kommt ein Boom bei Gardinen? Das ist möglich, denn sozusagen blickdicht muss das private Refugium der Häuslekäufer von morgen sein: „Das ganze Leben wird auf Facebook ausgebreitet, aber privat wohnen will man ohne Einblick der Nachbarn“, zitiert das „Handelsblatt“ Christian Schulz-Wulkow von Ernst & Young. Im Schnitt seien die Befragten der Studie 27 Jahre alt, Studenten, Azubis oder junge Berufstätige. Der Trend zur angestrebten Privatheit auf dem eigenen Anwesen ist allerdings nicht neu, sondern als „Cocooning“ bereits Anfang der Achtzigerjahre als „Gebetsmühlendreher“, laut dem Soziologen Holger Rust im Jahr 1995, tituliert worden.

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Neu an dem sich Einwickeln in einen Kokoon, wie die Seidenraupe es tut, daher der von US-Soziologen geprägte Begriff, ist der ist der Trend zur Privatheit also nicht. Vielmehr kehrt die Generation zu tradierten Lebensmodellen zurück. Neben der Sehnsucht nach Privatheit will die nachwachsende Käufer- und Arbeitsgeneration auch nicht mehr durch die Welt vagabundieren wie noch die Babyboomer der Sechzigerjahre, der ersten Wohlstands-Generation nach dem Weltkrieg II. Schulz-Wulkow von EY: „Der private Lebensmittelpunkt wird zementiert. Die örtliche Flexibilität nimmt ab.“ Eines scheint aber klar. Der Trend zur Immobilie dominiert die Wünsche (auch) der jungen Generation, die in diesen Jahren zunehmend Kaufkraft aufbieten und Immobilien kaufen kann. „Spießige“ Bausparverträge, so die Werbung für dieses Produkt vor Jahren, scheinen attraktiv zu bleiben.

Handelsblatt

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