Eine ganz besonders geschmacklose Werbeaktion sorgt derzeit weltweit für Empörung. Beim mutmaßlichen Abschuss des Fluges MH17 über der Ukraine verloren 298 Menschen ihr Leben. Ein australischer Versicherungsanbieter wirbt nun mit dem Tod der Passagiere für seine Lebensversicherungs-Produkte, wie die Zeitung Sydney Morning Herald berichtet.

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“298 Menschen starben – schließen Sie eine Lebensversicherung ab!“

Demnach habe sich die im Bundesstaat Victoria ansässige Lisa Group schon wenige Stunden nach dem Flugzeugabsturz den Google-Suchbegriff „Malaysia Airlines“ gesichert. Geben Internetnutzer den Begriff in die Suchmaske ein, so wird ihnen eine Werbeanzeige für Lebensversicherungen eingeblendet.

„Was für eine Tragödie!“, heißt es in dem Werbetext. „Bis zu 27 Australier waren unter den 298 Menschen an Bord eines Passagierflugzeuges der Malaysia Airlines, das über der Ukraine abgeschossen wurde. Keiner der Insassen überlebte. Ist dies ein weiteres Zeichen, dass man eine Lebensversicherung abschließen sollte?“ Neben dem zynischen Text sieht man eine lachende Frau, die einen Versicherungsvertrag unterschreibt (siehe Screenshot).

Dass die zynische Kampagne ein Eigentor ist, wurde den Verantwortlichen der Lisa Group schnell klar. Der Geschäftsführer Warren Lazarus erklärte auf Anfrage der australischen Presse, dass man mit einer Werbeagentur in Übersee zusammenarbeite, die sich um das Online-Marketing kümmere. Und diese Werbeagentur habe die Anzeigen zu verantworten. Er sei von der Aktion völlig überrumpelt gewesen und habe sofort einen Stopp angeordnet. Zudem entschuldigte sich Lazarus bei den Hinterbliebenen für die missglückte Kampagne.

Auch Google blendet neben Artikeln zu Flug MH17 Werbung für Lebensversicherungen ein

Doch ist die Empörung über die pietätlose Werbung nicht selbst ein wenig heuchlerisch? Auch auf deutschen Webseiten droht eine böse Überraschung. Nachrichtenportale wie Spiegel Online oder Focus Online blenden neben ihren Artikeln automatische Werbeanzeigen von Google AdWords ein. Es handelt sich hierbei um sogenannte kontextbezogene Werbung: Das heißt, die Anzeigen orientieren sich am Inhalt des redaktionellen Beitrages. Bestimmte Schlüsselwörter im journalistischen Text geben den Ausschlag, welche Werbung ihn begleitet.

Das Ergebnis einer Versicherungsbote-Stichprobe: Werbeanzeigen für Lebensversicherungen oder Risikolebensversicherungen finden sich mehrfach auf Artikelseiten zum Absturz des Fluges MH17 (siehe Screenshot Spiegel Online). Auch bei anderen Katastrophen-Meldungen wird gern für die finanzielle Absicherung von Hinterbliebenen geworben. Zufall oder Kalkül?

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Versicherungsbote nutzt ebenfalls kontextbezogene Werbung. Es wäre respektvoller, bei bestimmten Themen komplett auf kommerzielle Anzeigen zu verzichten. Aber das ist für viele Medien schon technisch kaum umsetzbar. Eine ethische Debatte steht hierzu in Deutschland noch aus.

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