Seit 2008 besteht ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, wonach Versicherer ihre Kunden zu 50 Prozent an den Bewertungsreserven beteiligen müssen, wenn der Vertrag endet. Im vergangenen Jahr kam heftige Kritik seitens der Branche auf und auch die Chefin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Dr. Elke König, unterstützte eine Kürzung der Bewertungsreserven.

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BaFin und Bundesregierung für Kürzung der Bewertungsreserven

„Diese entstehen nur bei sinkenden Zinsen und irgendwann ist damit Schluss.“, erklärte König. Je mehr die jetzigen Kunden von den Bewertungsreserven profitieren, desto weniger haben die zukünftigen Versicherungsnehmer im Topf. „Dem verbleibenden Kunden gehen diese Reserven schlichtweg verloren“, argumentierte die BaFin-Chefin. Ein Anleger, dessen Vertrag in zehn bis fünfzehn Jahren ausläuft, könne dann nicht mehr damit rechnen, dass noch signifikante Bewertungsreserven vorhanden seien.

Vor kurzem hatte sich auch die Bundesregierung in die Debatte um die Bewertungsreserven eingemischt und den schwächelnden Lebensversicherern ein Gesetzespaket versprochen. Darin sollen unter anderem Änderungen zu den Bewertungsreserven und beim Garantiezins enthalten. Im Gegenzug sollen die Versicherer künftig stärker reglementiert werden. Jedoch verschob die Bundesregierung die Pläne nach hinten.

Landgericht Kassel entscheidet für Allianz im Rechtsstreit um Bewertungsreserven

Nun fällte das Landgericht Kassel eine weitreichende Entscheidung zu Gunsten der Allianz und gleichzeitig für alle Lebensversicherer. So urteilte das Gericht, dass Lebensversicherer Kunden, deren Police nach 2007 ausgelaufen ist, keine Bewertungsreserven nachzahlen müssen. Das erklärte der unterlegene Kläger, der Rentner Hans Berges, auf Anfrage der Wirtschaftszeitung Euro am Sonntag.

Berges hatte gegen die Allianz geklagt, weil das Unternehmen ihm 657 Euro aus seiner Kapitallebenspolice vorenthalten habe. Der Versicherer argumentierte, dass er dem Kläger, neben dem garantierten Betrag, auch Schlussüberschussanteile ausgezahlt habe und diese schon vor 2008 Anteile an den Bewertungsreserven enthielten. Die Richter folgten dieser Begründung. Allerdings ließen sie eine Revision zu, da die Entscheidung auf „grundsätzlichen Fragen“ fuße.

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Das Kasseler Verfahren ist nach Angaben von Experten das bundesweit einzige, in dem um die Frage geht, ob die jetzige Praxis von Versicherern legal ist. Berges erklärte gegenüber Euro am Sonntag, er prüfe in Zusammenarbeit mit Verbraucherschützern, ob er Revision einlegen wird (Az. 1 S 290/13).

Euro am Sonntag

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