Einmalige Vermögensabgabe zur Bewältigung von Kosten der Finanzkrise verfassungsgemäß

Damit sieht der Jurist, der auch der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer e.V. vorsitzt, keine grundsätzlichen Hindernisse für Vermögensabgaben. Einige Verfassungsrechtler seien zwar der Ansicht, dass solche Abgaben nur in Notlagen wie der Situation nach dem Zweiten Weltkrieg zulässig sind. Wieland kommt aber zu dem Schluss, dass dieser Einwand letztlich nicht stichhaltig sei. Denn weder aus der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes noch aus späteren Urteilen des Bundesverfassungsgerichts lasse sich eine solche Bedingung ableiten. Schon der Plural, also dass das Grundgesetz von \"Vermögensabgaben\" spricht, sei ein Hinweis darauf, dass die Väter der Verfassung nicht nur an den Kriegslastenausgleich gedacht hätten. Allerdings könne der Staat nicht ohne besonderen Grund auf die Vermögen seiner Bürger zugreifen, analysiert der Rechtswissenschaftler. Nötig sei ein \"besonderer Finanzbedarf\", der sich vom \"allgemeinen staatlichen Finanzbedarf\" unterscheide. Einer \"staatlichen Ausnahmelage\", die faktisch nur durch Krieg entstehen könnte, bedürfe es hingegen nicht.

Stellen die Folgekosten der Wirtschafts- und Finanzkrise denn einen besonderen Finanzbedarf dar, der nicht mit den üblichen Steuern oder durch erhöhte Neuverschuldung zu decken ist? Um die Frage zu beantworten, weist Wieland auf einen anderen, ganz neuen, Passus im Grundgesetz hin: In Artikel 115 ist geregelt, dass die Schuldenbremse im Fall von \"außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen\" nicht gilt. Diese Formulierung ist laut Wieland gerade mit Blick auf die Wirtschafts- und Finanzkrise gewählt worden. Woraus der Jurist folgert: Wenn die Krise eine Ausnahmesituation im Sinne von Artikel 115 ist, muss sie auch eine im Sinne von Artikel 106 sein - sie rechtfertigt also einmalige Vermögensabgaben.