Ökologisch, nachhaltig, grün

Alles im grünen Bereich? Immer mehr Verbraucher setzen auf Werte wie Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Auf dem Energiemarkt tummeln sich bereits mehrere Anbieter, die ihren Strom zum Teil oder ganz aus regenerativen Ressourcen erhalten. Grüne Optionen existieren aber auch bei Versicherungen.


„Allein der nachhaltige Anlagemarkt in Deutschland wuchs im Zeitraum 2009-2010 um 68 Prozent auf zusammen 13 Milliarden Euro,“ teilte Volker Weber, Vorstandsvorsitzender Forum Nachhaltige Geldanlagen, im vergangenen Jahr mit.

Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Doch was für manche nur Umweltfreundlichkeit bedeutet, umfasst eigentlich viel mehr. Das Lexikon der Nachhaltigkeit hält fest: „Der Begriff der Nachhaltigkeit gilt sein einigen Jahren als Leitbild für eine zukunftsfähige Entwicklung der Menschen.“ Er meint nicht nur der ökologische Umgang mit erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Naturgütern. Es geht vielmehr auch um Themen wie beispielsweise Kinderarbeit. Nachhaltig handeln bedeutet Schaffung und (zukünftige) Wahrung eines intakten ökologischen, sozialen und ökonomischen Gefüges. Um dies zu erreichen, haben Verbraucher wie auch Unternehmen verschiedene Handlungsoptionen.

Altersvorsorge, Kfz-Versicherung, Krankenversicherung – für Verbraucher gibt es mehrere Arten, sich nachhaltig zu versichern. Nur wissen das die wenigsten.

Noch weniger Menschen ist bewusst, dass die Versicherung möglicherweise entgegen der Interessen ihrer Kunden investiert. Wer gegen Atomenergie protestiert, unterstützt vielleicht unwissentlich mit seiner Police Unternehmen aus Atomenergiebranche oder der Streubombenindustrie (versicherungsbote.de berichtete). „So ist die überzeugte Bioladenkundin über ihren kleinen Riester-Rentenvertrag schnell mittendrin in schmutzigen Geschäften“, schreibt Greenpeace pointiert in seinem Magazin (Ausgabe 3/10).

Geldanlagen

Versicherungen können Erträge aus den Beitragszahlungen in nachhalte Kapitalanlagen investieren. Diese Art der Nachhaltigkeitsförderung findet immer mehr Anklang. Laut der „2010 European SRI Study“ des EUROSIF (European Sustainable and Responsible Investment Forum) sei mit einem wachsendem Kundeninteresse an nachhaltigen Geldanlagen zu rechnen. Derzeit würden die Deutschen etwa 40 Mrd. Euro in „grüne“ Wertpapiere investieren, wie bei der „Zeit“ zu lesen war.

Die Einstufung von Aktien für Nachhaltigkeitsfonds erfolgt nach drei Aspekten: einer Art schwarzen Liste mit Negativkriterien, den Positivkriterien und dem Best-in-class-Ansatz.

Negativkriterium wäre, wenn Unternehmen gegen ethische, soziologische oder ökologische Standards verstoßen. Wer also Rüstungs- und Atomindustrie oder Gentechnik unterstützt, wird kaum als nachhaltig kategorisiert.

Als Positivkriterium zählt dagegen, wenn die ausgewählten Aktien von Unternehmen stammen, die vorrangig auf erneuerbare Energien oder Umweltschutz achten.

Beim Best-in-class-Ansatz gibt es keine Einschränkung nach Branche oder Produkt. Vielmehr geht es um Unternehmen, die in ihrer Branche „Klassenbester“ in Sachen ökologischer Standards sind. Dies muss aber nicht zwingend bedeuten, dass sie enorm „grün“ handeln.
Laut dem Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) kommt dieser Ansatz bei über 60 Prozent aller nachhaltigen Investments als Anlagestrategie zum Einsatz.

Altersvorsorge

Mittlerweile hat der Verbraucher beispielsweise in der Altersvorsorge die Qual der Wahl. Wer mit staatlicher Förderung nachhaltig seine Altersvorsorge finanzieren will, steht vor einer großen Auswahl an Riester-Renten-Versicherungen. „Ökotest“ hat einige Tarife unter die Lupe genommen und warnt vor Angeboten, bei denen nur die „Verpackung“ grün ist.
So werden schon in der Ansparphase einer fondsgebundenen Riester-Renten-Versicherung durchschnittlich nur 30 bis 50 Prozent des Kapitals nach ökologischen Gesichtspunkten investiert. Zudem werde bei allen untersuchten Anbietern das in Ökofonds angelegte Kapital zu Rentenbeginn wieder umgeschichtet. Sicher könne sich der Kunde über den „ökologischen Wert“ seiner Riester-Rente nur sein, wenn das Versicherungsunternehmen seine eigenen Anlagen nach strengen Nachhaltigkeitskriterien investiert.

Neben "Debeka", "Volkswohlbund", "Skandia" steche die "Oeco Capital" hervor, eine Tochter der "Concordia" und nach eigenen Angaben der erste deutsche ökologische Lebensversicherer, der sich in seiner Satzung zu einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Kapitalanlagepolitik verpflichtet. Zu den Angeboten zählen Basis-Rente, Sofort-Rente, betriebliche Altersversorgung (bAV) oder Zusatzversicherung gegen Berufsunfähigkeit.

Auf der Website ecotopten.de sind nachhaltige Altersvorsorgeprodukte (staatlich gefördert, private Altersvorsorge) verschiedener Anbieter aufgelistet. Allerdings sind die Daten aus dem Jahr 2007 und können daher nur einen oberflächlichen Ansatzpunkt bieten.

Krankenversicherung

Auch im Bereich der privaten Krankenversicherung gibt es die „ökologische Option“. So gibt die "Barmenia Krankenversicherung" an, aus den Beiträgen zu ihrem Krankheitskostentarif VCN in renditeorientierte ökologische Kapitalanlagen zu investieren.
„Die Investments erfolgen hierbei unter anderem in den Bereichen Umweltschutz und regenerative Energien, öko-effiziente Unternehmen und ressourcensparende Länder“, heißt es bei der "Barmenia Krankenversicherung".
Die Nachfrage nach nachhaltigen Tarifen ist durchaus gegeben: Der Anteil beläuft sich bei der Barmenia Krankenversicherung auf rund 10 Prozent der gesamten tarifversicherten Personen.

Kfz-Versicherung

Selbst unter den Kfz-Versicherern lassen sich Anbieter mit grün angehauchten Tarifen finden. Unter anderem umfasst der Versicherungsschutz bei einigen Anbietern auch Umweltschäden durch Autounfall. Denn im November 2007 trat das Umweltschadengesetz (USchadG) in Kraft, mit dem einheitliche Anforderungen für die Sanierung von Umweltschäden durch Unfälle festgelegt wurden.

Nicht nur nachhaltiger Einsatz der Versicherer wird honoriert. Es geht auch anders herum. Wer als Verbraucher umweltfreundlich agiert, wird von der Versicherung belohnt. So fallen manche Policen für Autofahrer von Fahrzeugen mit sehr geringem CO2-Ausstoß günstiger aus. Mitgliedern, die nur wenig mit dem Auto fahren oder eine ÖPNV-Abofahrkarte besitzen, verspricht der BUND in Verbindung mit der "RheinLand Versicherungsgruppe" Rabatte von bis zu 20 Prozent.

Öffentliches Engagement

Es gibt verschiedene Organisationen, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit und Finanzwirtschaft beschäftigen, dazu zählen bspw. das Forum Nachhaltige Geldanlagen und der Rat für Nachhaltige Entwicklung.

Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG)
Das Forum Nachhaltige Geldanlagen hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung, Transparenz und Qualität nachhaltiger Finanzprodukte zu fördern und die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit zu gestalten. Jährlich gibt er mit dem „Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen“ einen Überblick über den Anlagenmarkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Als Fachverband für nachhaltige Geldanlagen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zählt er mittlerweile mehr als 120 Mitglieder, zu denen auch die Versicherungsunternehmen "Canada Life", "oeco capital", "Securvita" und "Skandia" gehören.

Rat für Nachhaltige Entwicklung
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung setzt sich für einen Deutschen Nachhaltigkeitskodex für die Wirtschaft ein. Dieser Kodex soll dazu dienen, die Beurteilung des Nachhaltigkeitsmanagements von Unternehmen zu erleichtern und somit nachhaltiges Wirtschaften zu stärken und richtet sich an alle Teilnehmer am Finanzmarkt.
Derzeit existiert ein Entwurf des Kodex, der der Bundesregierung vorgelegt werden soll. Daher hat der Rat zum Dialog zum Thema Nachhaltigkeitskodex aufgerufen, zu dem Beiträge bis zum 14. Februar 2011 eingereicht werden können.

Die Nachfrage nach nachhaltigen, ökologischen Versicherungen hat bislang noch Wachstumspotenzial. Das liege aber laut Bund der Versicherten (BdV) unter anderem daran, dass solche Versicherungen einfach noch nicht so verbreitet und daher den Verbrauchern kaum bekannt sind. Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist Nachhaltigkeit zwar ein Thema, allerdings fehle es noch an branchenweiten Erkenntnissen.

Es ist nicht von der Hand zu weisen: Verbraucher legen zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit. Doch besteht im Bereich „grüne“ Versicherungen noch eine Wissenslücke, die durch ein informatives Gespräch geschlossen werden kann.

Melanie Kunoth