Finanzbildung in Deutschland: Zahlen, Lücken und Folgen für die Altersvorsorge

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Deutschlands Finanzwissen ist besser als sein Finanzverhalten. Trotz Informationsflut scheitern viele am entscheidenden Schritt vom Wissen zum Handeln. Das zeigt eine aktuelle Studie. Aber: Ohne konkrete Finanzbildung bleibt Altersvorsorge für Millionen ein unerreichtes Ziel.

Finanzbildung gilt als Fundament moderner Altersvorsorge. Doch in Deutschland klafft weiterhin eine große Lücke zwischen Wissen, Verhalten und realen Vorsorgeschritten. Darauf weist die neue DIA-Studie „Vom Wissen zur Entscheidung“ hin. Zwar verfügen viele Menschen hierzulande über solides Grundlagenwissen zu Zinsen, Inflation oder Risikostreuung, doch nur ein Bruchteil übersetzt dieses Wissen in konkrete Entscheidungen für die eigene Altersabsicherung.

Die Studie zeichnet ein ambivalentes Bild. Beim Finanzwissen erreichen die Deutschen im OECD-Vergleich hohe Werte. Sie erreichen rund 86 Prozent der möglichen Punktzahl. Doch gerade in zentralen Themen wie Zinseszins und Risiko scheitert ein erheblicher Teil der Bevölkerung. 26 Prozent können Zinseszinsrechnungen nicht korrekt lösen, 18 Prozent tun sich selbst mit einfachen Zinsfragen schwer.

Noch deutlicher treten Defizite beim Finanzverhalten zutage. Zwar sparen 88 Prozent der Erwachsenen aktiv, aber nur 60 Prozent setzen sich langfristige finanzielle Ziele. Und lediglich 35 Prozent vergleichen Finanzprodukte vor Abschluss systematisch. Parallel dazu zeigt die Studie erhebliche Unterschiede zwischen Bevölkerungsgruppen: Menschen mit niedriger Bildung, geringem Einkommen oder in Arbeitslosigkeit weisen deutlich geringere Finanzkompetenzwerte auf. Frauen schätzen ihr Finanzwissen systematisch niedriger ein als Männer.

Besonders gravierend ist das fehlende Vertrauen in die eigene Altersvorsorge: Nur etwas mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen glaubt, gut für das Alter vorgesorgt zu haben. Bei Frauen liegt der Wert sogar nur bei 44 Prozent, bei Geringverdienenden bei lediglich 27 Prozent.

Dabei machen viele Menschen dieselbe Erfahrung: Sie wissen um die Rentenlücke. Aber sie handeln eben nicht. Die Studie beschreibt dies als Mind-Behavior-Gap. Informationsflut, Komplexität, emotionale Barrieren und die Angst vor Fehlentscheidungen führen dazu, dass Vorsorgeentscheidungen immer wieder aufgeschoben werden. Finanzbildung wird dadurch zu weit mehr als der Vermittlung von Wissen: Sie muss Menschen befähigen, Unsicherheiten zu reduzieren, Optionen einzuordnen und tatsächlich ins Handeln zu kommen.

Das DIA betont daher: Finanzbildung ist nicht nur eine technische Kompetenz, sondern eine Voraussetzung gesellschaftlicher Teilhabe. Ohne sie treffen Menschen riskantere Finanzentscheidungen, sparen weniger, nutzen Fördermöglichkeiten wie Riester oder bAV nicht aus und geraten im Alter in existenzielle Schwierigkeiten.

Dass die Politik Finanzbildung inzwischen strategisch stärken will, begrüßt das Institut, sieht aber weiter erheblichen Handlungsbedarf. Die Vielzahl der Bildungsinitiativen vom Schulunterricht bis zu Beratungsangeboten sei zwar positiv, führe aber zugleich zu Orientierungslosigkeit. Eine bundesweit abgestimmte Finanzbildungsstrategie könne helfen, Lücken zu schließen und Angebote zielgruppengerecht auszurichten.