Mit welchen Maßnahmen und Lösungsansätzen, kann die Versicherungsindustrie nun gegensteuern?
Um dem zunehmenden Margendruck entgegenzuwirken, kann die Versicherungsindustrie an mehreren Punkten ansetzen. Zentrale Hebel liegen in der Kundenorientierung, Vertriebsqualität, Risikosteuerung und Digitalisierung. Alles Punkte, an denen Versicherer bereits heute mit Hochdruck arbeiten. Eine bedarfsorientierte Beratung, transparente Produkte, flexible Tarife und ein guter Service im Falle eines Schadens, stärken das Vertrauen der Kunden und reduzieren Wechselraten.
Auch der Vertrieb kann natürlich immer noch weiter optimiert werden. Anreizsysteme sollten an Profitabilität statt an Absatzvolumen gekoppelt werden, um Fehlanreize zu vermeiden. Gleichzeitig können digitale Tools und hybride Vertriebsmodelle die Effizienz steigern und Kosten senken.
Ein weiterer Schlüssel liegt in der Stärkung des Underwriting. Moderne Datenanalyse- und KI-Systeme können eine noch bessere Risikobewertung ermöglichen und verhindern so eine Verwässerung der Underwriting-Qualität. Schadenquoten lassen sich so stabilisieren und Margen sichern. Darüber hinaus können Automatisierung und Predictive Analytics Prozesse im Schadenmanagement und in der Administration effizienter gestalten und damit die Kostenquote senken.
Ebenso wichtig ist die Kundenbindung. Personalisierte Kommunikation, digitale Services und schnelle, faire Schadenabwicklung fördern Loyalität und verringern die Wechselneigung. Schließlich gewinnen auch Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung an Bedeutung. Kunden erwarten zunehmend, dass Versicherer verantwortungsvoll handeln. Nachhaltige Produkte und ESG-orientierte Strategien schaffen Vertrauen und ermöglichen langfristig stabile Erträge.
Insgesamt braucht die Branche also einen Wandel hin zu kundenwertorientierten, datenbasierten und nachhaltigen Geschäftsmodellen, um ihre Margen in einem wettbewerbsintensiven Umfeld zu sichern.
Können digitalisierte Angebote oder eine vertikale Integration auf Seiten der Versicherer die Entwicklung bremsen?
Digitalisierte Angebote und vertikale Integration können die Margenerosion in der Versicherungswirtschaft spürbar bremsen, sofern sie strategisch klug umgesetzt werden. Durch den Einsatz moderner Technologien lassen sich insbesondere die Kosten- und Schadenquoten senken. Automatisierte Prozesse in Vertrieb, Verwaltung und Schadenbearbeitung ermöglichen eine erhebliche Effizienzsteigerung und führen zu niedrigeren Betriebskosten. Gleichzeitig erlaubt datenbasiertes Pricing, etwa durch Telematik oder KI-gestützte Risikomodelle, eine präzisere Tarifierung und verhindert eine schleichende Underwriting-Erosion.
Auch im Kundenmanagement bieten digitale Plattformen und Self-Service-Portale Vorteile. Sie verbessern die Servicequalität, erhöhen die Zufriedenheit und reduzieren damit das Wechselverhalten. Vertikale Integration wirkt zusätzlich als strategischer Hebel, indem Versicherer einzelne Wertschöpfungsstufen selbst übernehmen. Eigene Direktkanäle senken die Abhängigkeit vom provisionsgetriebenen Vertrieb und sichern die Datenhoheit über den Kundenkontakt. Ebenso können integrierte Schadenmanagementsysteme oder eigene Werkstattnetze die Reparaturkosten kontrollieren und den Bearbeitungsaufwand verringern.
Darüber hinaus entstehen neue Ertragspotenziale, wenn Versicherer präventive Dienstleistungen, etwa im Gesundheits- oder Smart-Home-Bereich, in ein ganzheitliches Service-Ökosystem einbinden.
Allerdings erfordert diese Entwicklung hohe Investitionen, technologische Kompetenz und eine konsequent kundenzentrierte Umsetzung. Fehlende Integration, mangelnde Datenqualität oder übertriebene Digitalisierung können die Effizienzgewinne wieder aufzehren. Entscheidend ist daher, dass Versicherer Digitalisierung und Integration nicht als Selbstzweck, sondern als Instrument einer klaren Margenstrategie begreifen. Wer die gesamte Wertschöpfungskette kontrolliert, kann Kosten senken, Schadenaufwand reduzieren und die Ertragsbasis langfristig stabilisieren.