Bevor die Unternehmen mit den niedrigsten Bewertungen vorgestellt werden, sollte eines betont werden: Eine schwache Note im Bilanzrating ist nicht automatisch ein Hinweis auf eine kritische Finanzlage. Entscheidend ist, welchen Bestandsmix ein Versicherer trägt und wie sein Geschäftsmodell strukturiert ist. Manche Häuser am unteren Ende der Skala weisen Besonderheiten auf, die sich in den Kennzahlen niederschlagen, ohne ihre Stabilität grundsätzlich infrage zu stellen:
- So erzielen kleinere Spezialanbieter wie VRK oder Concordia Oeco aufgrund ihres ethisch-konservativen beziehungsweise nachhaltig-ökologischen Anlageprofils zwar geringere Kapitalerträge, profitieren jedoch von einer treuen Klientel und stabilen Beständen. Regionale Anbieter wie die Öffentliche Oldenburg verfügen über einen vergleichsweise kleinen Bestand und ein wachstumsschwaches, regional konzentriertes Portfolio, wodurch Fixkosten und Verwaltungsausgaben pro Vertrag stärker ins Gewicht fallen und einzelne Kennzahlen verzerrt werden können.
- Bei größeren Häusern wie der DEVK Allgemeine wiederum spielen Altbestände mit hohen Garantiezinsen eine zentrale Rolle. Diese Verträge stammen vielfach aus Hochzinsjahren und führen zu einer überdurchschnittlichen Rechnungszinsbelastung – also zu einem strukturell höheren Druck auf Kapitalerträge und Reserven.
- Zugleich beeinflusst auch der Produktmix das Ergebnis: Ein hoher Anteil an Risikolebensversicherungen sorgt zwar für stabile Einnahmen, spiegelt sich aber in niedrigeren Kapitalerträgen wider, da diese Produkte keine nennenswerten Anlagevolumina aufbauen. Beides zusammen wirkt sich unmittelbar auf Kennzahlen wie Ertragsquote und Solvabilität aus, ohne dass das laufende Geschäft dadurch instabil wäre.
Wie MAP-Report-Chefredakteur Reinhard Klages betont, sollten daher Kennzahlen nie isoliert betrachtet werden, sondern stets im Zusammenhang mit der Bilanzstruktur, dem Produktportfolio und dem Bestandsmix eines Unternehmens. Zudem gilt: Die niedrigste Note „m–“ bedeutet aus Sicht der Analysten immer noch „ausreichend“ – schlechtere Bewertungen werden im MAP-Report nicht vergeben. Damit liegt selbst das Tabellenende noch im positiven Bereich: Kein Unternehmen gilt als „mangelhaft“ oder „ungenügend“. Dieses Ergebnis unterstreicht, dass die deutsche Lebensversicherungsbranche insgesamt solide aufgestellt ist – auch wenn die Unterschiede in Bilanzstärke und Ertragskraft teils deutlich ausfallen.
Am Tabellenende: Zehn Versicherer mit der Note „ausreichend“
Zehn Lebensversicherer bilden im aktuellen Bilanzrating das untere Ende der Bewertungsskala – und erhalten die Note „m–". Angeführt wird das Schlussfeld von der HUK-Coburg und der Zurich Deutscher Herold, die jeweils 216 Punkte und damit 54,00 Prozent erreichten. Dicht dahinter folgt die Itzehoer mit 215 Punkten (53,75 Prozent). Die DEVK Allgemeine erzielte 208 Punkte (52,00 Prozent), während die Gothaer mit 201 Punkten (50,25 Prozent) ebenfalls in diesem Bewertungsbereich liegt.
Ebenfalls in der Schlussgruppe finden sich die Cosmos (191 Punkte; 47,75 Prozent) und der kirchlich geprägte Spezialversicherer VRK (185 Punkte; 46,25 Prozent). Die Concordia Oeco, die ein nachhaltig-ökologisches Anlageprofil verfolgt, kommt auf 149 Punkte (37,25 Prozent). Der kleine Regionalanbieter Öffentliche Oldenburg (142 Punkte; 35,50 Prozent) liegt auf dem vorletzten Rang – vor allem aufgrund begrenzter Skaleneffekte und eines überschaubaren Bestands. Den letzten Platz belegt die LPV mit 129 Punkten (32,25 Prozent) und schließt damit das diesjährige Bilanzrating ab.
Hintergrund
Der MAP-Report erscheint seit mehreren Jahren im Haus Franke und Bornberg und zählt zu den etabliertesten Analyseformaten im deutschen Versicherungsmarkt. Die aktuelle Ausgabe trägt die Nummer 941 und steht unter dem Titel „Bilanzrating deutsche Lebensversicherer 2024“. Sie enthält eine Vielzahl von Bilanzkennzahlen, die den Zeitraum von 2020 bis 2024 abdecken, und bietet damit einen fundierten Überblick über die finanzielle Stabilität, Ertragskraft und Kostenstruktur der Branche.
Das Bilanzrating gilt als eines der traditionsreichsten Marktvergleiche der Lebensversicherung und liefert wertvolle Orientierung für Vermittler, Analysten und Fachjournalisten, die die wirtschaftliche Basis der Unternehmen im Detail verstehen wollen. Wie gewohnt kann die Studie kostenpflichtig über die Webseite von Franke und Bornberg bezogen werden.