Die Rentenkassen stehen unter Druck. Ex-Finanzminister Christian Lindner fordert deshalb einen Kurswechsel in der Rentenpolitik. Kürzungen seien unvermeidbar, doch eine starke private Vorsorge könne die Belastungen abfedern. Der Schlüssel liege in einer leistungsfähigen dritten Säule, die nach Vorbild internationaler Modelle gestaltet werden müsse.
Das jüngste Rentenpaket der Großen Koalition verschärft nach Ansicht von Ex-Finanzminister Christian Lindner die Schieflage der Alterssicherung in Deutschland. „Anstatt – wie von der Vorgängerregierung geplant – mit dem „Generationenkapital“ den Einstieg in eine Kapitaldeckung zu wagen, wird die Mütterrente ausgebaut“, kritisiert Lindner in einem Gastkommentar im "Handelsblatt". Für jüngere Generationen sei das eine schlechte Nachricht. Folglich sei es durchaus verständlich, dass laut einer aktuellen YouGov-Umfrage inzwischen drei Viertel der Deutschen der gesetzlichen Rente misstrauten.
Lindner sieht in einer Reform der dritten Säule, also der privaten Altersvorsorge, den entscheidenden Hebel: „Die Herausforderung besteht darin, unvermeidbare Leistungsbegrenzungen in der gesetzlichen Rente durch höhere Zusatzeinkommen aus privater Vorsorge abzufedern“. Nur so könnten spätere Anpassungen in der gesetzlichen Rente abgefangen werden.
Inspiration aus den USA
Ein Vorbild sei das amerikanische 401(k)-Modell, in das rund 55 Millionen Menschen einzahlten. Die Besonderheit: Beiträge fließen aus dem Bruttolohn, Arbeitgeber beteiligen sich, und Erträge bleiben bis zur Auszahlung steuerfrei. Zwischen 2018 und 2023 erzielten die Konten im Schnitt 9,7 Prozent Rendite pro Jahr. „Erträge bleiben bis zur Auszahlung steuerfrei, wodurch der Zinseszinseffekt voll wirkt“, unterstreich der FDP-Politiker.
Fünf Vorschläge für Deutschland
Lindner präsentierte zudem fünf konkrete Reformideen:
- Steuerprivilegien: Ein Altersvorsorgedepot, gespeist aus unversteuertem Bruttoeinkommen, Erträge steuerfrei, Besteuerung erst im Rentenalter mit meist niedrigerem Satz.
- Staatliche Förderung: Zuschüsse von 20 Cent pro Euro bis mindestens 6.000 Euro jährliche Sparrate.
- Wahlfreiheit: Versicherungsbasierte Lösungen oder Depotmodelle – mit Standardoptionen für Unentschlossene.
- Einbindung von Arbeitgebern: Beiträge zur privaten Vorsorge als Teil der betrieblichen Altersversorgung.
- Flexible Auszahlung: Entscheidung zwischen Leibrente oder befristetem Auszahlungsplan im Alter.
Mehr als Altersvorsorge: Impulse für Kapitalmarkt und Aktienkultur
Ein Altersvorsorgedepot würde nicht nur Sicherheit im Alter schaffen, sondern auch die Aktienkultur in Deutschland stärken. Durchschnittsverdiener könnten so ein beachtliches Kapitalpolster aufbauen, während der Kapitalmarkt von zusätzlichem Investitionsvolumen profitiert. „Es würde Ängste vor Altersarmut mindern und der Politik Spielraum verschaffen, den Sozialstaat angesichts des demografischen Wandels zu entlasten“, betont Lindner.
Lindners Fazit ist deshalb klar: „Der beste Zeitpunkt für diesen Richtungswechsel wäre vor 25 Jahren gewesen. Der zweitbeste Zeitpunkt ist jetzt.“