Vom Kündigungsschutzprozess bis zur Klage wegen eines Behandlungsfehlers, von der Räumungsklage bis zum Verkehrsunfall mit Personenschaden: Rechtsschutz trägt das Kostenrisiko und hält den Zugang zum Recht offen. Versicherungsbote stellt die Marktführer vor und ordnet die wichtigsten Kennzahlen ein.
Die Rechtsschutzversicherung erfüllt eine wichtige soziale Funktion: Sie senkt die Hürden, rechtliche Ansprüche tatsächlich durchzusetzen, indem sie Anwalts-, Gerichts- und Sachverständigenkosten abdeckt – etwa im Kündigungsschutz, bei Miet- und Eigentumsstreitigkeiten, im Verkehrsrecht oder bei Klagen wegen Behandlungsfehlern. In den letzten Jahren aber geriet die Sparte selbst in Schwierigkeiten. Der Dieselskandal – Prozesse um manipulierte Abgaswerte – wurde zum Schaden-Super-GAU: Zwischen 2015 und Ende 2022 summierten sich die Kosten auf rund 1,5 Milliarden Euro. Mit der Corona-Pandemie folgten weitere Klagewellen wegen Betriebsschließungen, Kündigungen, Kurzarbeit und stornierter Reisen. Die Aufwendungen stiegen so stark, dass die Sparte 2020 nicht mehr kostendeckend arbeitete; die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote lag bei 101,87 Prozent. Erst das Abflauen solcher Schadenhäufungen sowie schrittweise Prämienanpassungen verschafften wieder Luft.
Seitdem hat sich der Markt spürbar gefangen: 2023 lag die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote wieder bei 91,62 Prozent – die Sparte arbeitet insgesamt profitabel; nur die Concordia schrieb noch rote Zahlen (113,24 Prozent). Mit moderaten Prämienanpassungen und stabiler Grundnachfrage ist Rechtsschutz zurück auf Kurs – und ermöglicht den Unternehmen im Schnitt ein versicherungstechnisches Ergebnis von 15,62 Millionen Euro (vor Veränderung der Schwankungsrückstellung). Wer aber trägt den Markt – und wer prägt diese zur Kompositversicherung zählende Sparte? Versicherungsbote stellt die Marktführer mit den wichtigsten Kennzahlen vor.
ARAG SE – unangefochtener Primus
Mit 16,08 Prozent Marktanteil führt die ARAG den Rechtsschutzmarkt klar an. Zwischen 2018 und 2023 stiegen die verdienten Bruttoprämien um 190,14 Millionen Euro (plus 29,1 Prozent) und erreichten 2023 843,84 Millionen Euro; der Bestand wuchs im selben Zeitraum um 853.161 Policen (plus 19,9 Prozent) auf 5.151.089. Für 2023 weist die ARAG eine durchschnittliche Prämie von 161,90 Euro aus – vergleichsweise niedrig. Zusammen mit den sehr geringen Schadenaufwendungen je Vertrag (85,26 Euro) und einer Schaden-Kosten-Quote von 94,12 Prozent deutet das auf ein breites, preissensibles Privatkundensegment mit gut gesteuerter Leistungsinanspruchnahme hin (z. B. durch Selbstbeteiligungen, modulare Tarife und effizientes Schadenmanagement).
Allianz – starke Nummer zwei
Die Allianz hält 11,18 Prozent Marktanteil. Von 2018 bis 2023 erhöhten sich die Prämien um 104,10 Millionen Euro (plus 21,6 Prozent) auf 586,92 Millionen Euro; die Verträge nahmen um 138.837 (plus 5,6 Prozent) auf 2.636.565 zu. Die durchschnittliche Prämie liegt bei 223,30 Euro – deutlich höher als bei vielen Wettbewerbern. In Kombination mit höheren Schadenaufwendungen je Vertrag (125,11 Euro) und einer sehr guten Schaden-Kosten-Quote von 85,59 Prozent lässt sich das als wertiger Produktmix lesen.
ROLAND Rechtsschutz – voluminös und häufig in Anspruch genommen
Mit 297,03 Euro hat ROLAND die höchste Durchschnittsprämie im Feld. Das passt zum Bild der hohen Schadenaufwendungen je Vertrag (180,43 Euro): Der Anbieter deckt offenbar leistungsintensive Bereiche/Kundensegmente in größerem Umfang ab. Der Marktanteil liegt bei 10,83 Prozent. Zwischen 2018 und 2023 wuchsen die Prämien um 96,81 Millionen Euro (plus 21,6 Prozent) auf 544,80 Millionen Euro; die Verträge stiegen um 68.968 (plus 3,9 Prozent) auf 1.842.642. Für 2023 weist ROLAND eine Schaden-Kosten-Quote von 91,75 Prozent aus – klar unter 100 Prozent und damit versicherungstechnisch profitabel.
Die Verfolger: Plätze vier bis zehn
Hinter den drei Spitzenreitern bündelt eine breite Verfolgergruppe einen erheblichen Teil des Beitragsaufkommens – bei teils sehr unterschiedlichen Preispunkten und divergierenden Bestandsentwicklungen. In den folgenden Kurzprofilen werden je Anbieter Marktanteil, verdiente Bruttoprämien und Vertragszahl (Status: 2023) sowie die durchschnittliche Prämie pro Vertrag ausgewiesen. Zur Einordnung werden zusätzlich die Veränderungen 2018–2023 und 2022–2023 angegeben:
- ÖRAG Rechtsschutz (Marktanteil 8,05 Prozent): 2023 verdiente Bruttoprämien 422,61 Millionen Euro (plus 1,13 Prozent), Verträge 2.113.060 (minus 0,56 Prozent), Durchschnittsprämie 200,34 Euro. Die Schaden-Kosten-Quote lag 2023 bei 98,46 Prozent – knapp unter der 100-Prozent-Marke und damit versicherungstechnisch profitabel. 2018–2023 stiegen die Prämien von 350,20 auf 422,61 Millionen Euro, die Verträge von 1.925.715 auf 2.113.060.
- ERGO (Marktanteil 7,96 Prozent): 2023: Prämien 417,92 Millionen Euro, Verträge 1.971.898, Durchschnittsprämie 211,98 Euro. 2018–2023: Prämien +6,01 Millionen Euro, Verträge +28.874. | 2022–2023: Prämien −0,40 Prozent, Verträge −1,22 Prozent.
- ADVOcard (Marktanteil 5,58 Prozent): 2023: Prämien 292,79 Millionen Euro, Verträge 1.402.025, Durchschnittsprämie 208,51 Euro. 2018–2023: Prämien +30,39 Millionen Euro, Verträge −18.387. | 2022–2023: Prämien +1,40 Prozent, Verträge −0,26 Prozent.
- HUK-Coburg Rechtsschutz (Marktanteil 5,20 Prozent): 2023: Prämien 272,86 Millionen Euro, Verträge 1.924.133, Durchschnittsprämie 142,48 Euro. 2018–2023: Prämien +37,55 Millionen Euro, Verträge +128.265. | 2022–2023: Prämien +2,46 Prozent, Verträge +1,23 Prozent.
- LVM (Marktanteil 3,97 Prozent): 2023: Prämien 208,27 Millionen Euro, Verträge 932.834, Durchschnittsprämie 224,91 Euro. 2018–2023: Prämien +43,27 Millionen Euro, Verträge +104.506. | 2022–2023: Prämien +3,21 Prozent, Verträge +1,29 Prozent.
- DEVK Rechtsschutz (Marktanteil 3,88 Prozent): 2023: Prämien 203,86 Millionen Euro, Verträge 1.031.799, Durchschnittsprämie 197,57 Euro. 2018–2023: Prämien +39,40 Millionen Euro, Verträge +73.690. | 2022–2023: Prämien +0,94 Prozent, Verträge −0,52 Prozent.
- R+V Allgemeine (3,74 Prozent): 2023: Prämien 200,67 Millionen Euro, Verträge 867.463, Durchschnittsprämie 230,28 Euro, Schaden-Kosten-Quote 80,91 Prozent (bester Wert im Feld). 2018–2023: Prämien +32,38 Millionen Euro, Verträge +62.904. | 2022–2023: Prämien +2,28 Prozent, Verträge +0,83 Prozent.
Hintergrund: Die präsentierten Zahlen stammen aus dem Branchenmonitor Rechtsschutz 2024 der V.E.R.S. Leipzig GmbH. Die Studie deckt die 25 größten Versicherer ab und repräsentiert damit rund 95 Prozent des Rechtsschutz-Marktes. Differenzen hat Versicherungsbote errechnet (ohne Gewähr). Der vollständige Bericht bietet detaillierte Einblicke in die Marktentwicklung und kann auf der Webseite der Leipziger Experten (kostenpflichtig) bestellt werden.