Rentenversicherung: ifo-Studie zeigt Renten-Kollaps und mögliche Lösungen auf

Quelle: DALL-E

Die Studienmacher schlagen verschiedene Schritte zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung vor, um deren langfristige Finanzierung zu sichern und eine generationengerechte Aufteilung der Alterungskosten zu gewährleisten.

  • Abschaffung der "Rente ab 63": Diese Maßnahme wird als doppelt nachteilig für die Finanzierung des Rentensystems beschrieben, da die Zahl der Beitragszahler sinkt und die Zahl der Rentenempfänger steigt. Die Abschaffung würde die Finanzierungslast etwas absenken und zu höheren Einnahmen sowie niedrigeren Ausgaben führen. Sie wird als relativ kleine, aber wirksame Entlastung beschrieben.
  • Verstärkung des Nachhaltigkeitsfaktors: Der Nachhaltigkeitsfaktor berücksichtigt das Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern und dämpft bei Verschlechterung dieses Verhältnisses den Rentenanstieg. Eine Erhöhung des Faktors (z.B. auf 1/2 statt 1/4) würde die Rentenerhöhungen stärker dämpfen und das Rentensystem entlasten. Dies hätte eine bedeutend stärkere Entlastungswirkung auf die Ausgaben.
  • Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung: Dieser Vorschlag wird als zentrale Stellschraube für eine nachhaltige Rentenfinanzierung erachtet und existiert bereits in Ländern wie den Niederlanden und Finnland. Der quantifizierte Vorschlag sieht vor, das Renteneintrittsalter für je drei zusätzliche Jahre Lebenserwartung um zwei Jahre anzuheben (2:1-Regel). Dies würde regelbasiert erfolgen, um die Debatte zu entpolitisieren. Diese Maßnahme würde die Ausgaben bzw. den Beitragssatz senken und das Sicherungsniveau erhöhen
  • Inflationsorientierte Anpassung der Bestandsrenten: Statt die Renten an die Lohnentwicklung zu koppeln, wäre ein reiner Inflationsausgleich denkbar, wie er beispielsweise in Österreich praktiziert wird. Dies würde das Rentensystem erheblich entlasten, da die Bestandsrenten langsamer steigen. Die Entlastungswirkung auf den Beitragssatz wäre im Vergleich zu allen anderen diskutierten Reformoptionen am höchsten. Allerdings würde dies zu Einbußen für Bestandsrentner mit überdurchschnittlicher Rentenlaufzeit führen

Das Gutachten schnürt insgesamt zwei Reformpakete, um die nachhaltige Finanzierung des Rentensystems sicherzustellen. Während Reformpaket I eine Minimallösung darstellt, bildet das Reformpaket II einen sehr umfangreichen Maßnahmenkatalog ab.

Reformpaket I (Minimallösung):

  • Verzicht auf beide Haltelinien (für Sicherungsniveau und Beitragssatz)
  • Abschaffung der "Rente ab 63"
  • Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung (nach der 2:1-Regel ab 2032)

Dieses Paket würde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) erhöhen, was zu höheren Löhnen und Renten führt. Der Anteil der Rentenausgaben am Sozialprodukt würde dadurch sinken und der Beitragssatz sich auf einem geringeren Niveau stabilisieren. Auch das Rentenniveau würde höher ausfallen als im Basisszenario. Die Studie betont jedoch, dass Reformpaket I allein nicht ausreicht, um die Rentenausgaben als Anteil am Sozialprodukt langfristig zu stabilisieren.

Reformpaket II (Umfassendes Maßnahmenpaket):

  • Beinhaltet alle Elemente des Reformpakets I
  • Zusätzlich: Verstärkung des Nachhaltigkeitsfaktors
  • Zusätzlich: Reine inflationsorientierte Anpassung der Bestandsrenten

Dieses umfassende Paket zielt darauf ab, die Ausgaben für die gesetzliche Rentenversicherung langfristig zu reduzieren, den Beitragssatz zu senken und dennoch zu real höheren Renten zu führen. Der Ausgabenanteil am BIP würde deutlich zurückgehen und bis 2050 bei rund 10 Prozent stabilisiert werden. Der Beitragssatz ließe sich nahezu konstant halten. Die Einsparungen wären erheblich, wobei die inflationsorientierte Anpassung der Bestandsrenten zu Einbußen für durchschnittliche Bestandsrentner mit steigender Rentenlaufzeit führen würde.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass umfassende Reformen unausweichlich sind, da ein "Weiter so" in der Rentenpolitik langfristig nicht tragbar ist und selbst positive demografische Entwicklungen den massiven Anstieg der Bundeszuschüsse nicht verhindern könnten. „Deutschland steht vor einer dramatischen demografischen Herausforderung. Ohne Reformen droht der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung bis 2050 von 18,6 Prozent auf 22 Prozent zu steigen – mit gravierenden Folgen für Beschäftigte und Unternehmen“, warnt Marcel Thum, Geschäftsführer der ifo Niederlassung Dresden und Ko-Autor des Gutachtens.