Ein spannender Punkt ist der Verzicht auf die konkrete Verweisung oder die Umorganisationsprüfung. Inzwischen verzichten einige Versicherer ganz darauf. Zwar kann dies für einzelne Kunden einen echten Mehrwert bedeuten, doch birgt diese Entwicklung auch Risiken für das Versicherungskollektiv. Da es sich bislang um Ausnahmen handelt, wird dieser Aspekt derzeit in gängigen Ratings nicht berücksichtigt. Dennoch bleibt die Frage: Wie viel Individualisierung verträgt ein solidarisch finanziertes System?
Ein weiterer langjähriger Trend ist die Ausrichtung der Versicherer auf spezielle Zielgruppen. Die Augen vieler Gesellschaften richten sich zunehmend auf junge Menschen. Damit stehen Schüler, Auszubildende und Berufseinsteiger stärker im Fokus der Produktentwicklung. Überdies beobachten die Studienmacher eine wachsende Nachfrage nach entsprechenden Tarifen in ihren Point-of-Sale-Analysen. Gerade hier würden flexible Nachversicherungsoptionen eine entscheidende Rolle spielen, um die spätere Lebensrealität abzubilden und den Versicherungsschutz anpassen zu können.
„Die meisten BU-Tarife decken heute alle wesentlichen Leistungsmerkmale ab – teils besser, teils schwächer. Der Wettbewerb konzentriert sich daher vermehrt auf zusätzliche Leistungen, die zwar interessant, aber nicht zwingend notwendig sind. Teilweise gehen sie sogar zulasten des Versichertenkollektivs und treiben die Preise in die Höhe oder verschlechtern die Zugänglichkeit für bestimmte Berufsgruppen“, sagt Andreas Ludwig, Bereichsleiter Rating & Analyse bei Morgen & Morgen. Der Bestand an BU-Verträgen sei indes konstant geblieben: Rund 14,5 Millionen Verträge liegen in den Beständen der Versicherer.
Insgesamt 537 mal und damit 45 mal mehr als im Vorjahr konnte das Ratinghaus die Höchstbenotung von fünf Sternen vergeben, und das bedeutet ein „ausgezeichnet“. Trotz der detaillierten Auswertung ist die Summe an Bestbewertungen auffallend. "Das Angebot wächst vor allem im Top-Segment. Wir verzeichnen in diesem Jahr 45 Tarifkombinationen mehr mit einer Fünf-Sterne-Bewertung", erklärt Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating.
Manche Anbieter können sogar mit teilweise deutlich über 20 Fünf-Sterne-Tarifen glänzen. Während die Allianz stolze 38 Tarife in der besten Kategorie hat, wird die Versicherer Axa beispielsweise mit jeweils 31 Bestbewertungen belohnt. Hier alle Tarife mit Bestbewertung aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Die Ergebnisse können auf der Webseite des Ratinghauses eingesehen werden. Nur noch 24 Tarife erhielten 4 Sternchen zugesprochen und damit eine „sehr gute“ Bewertung. Im vergangenen Jahr waren es noch 33 Tarife. Im Mittelfeld finden sich insgesamt 71 Tarife und damit 11,1 Prozent der untersuchten Tarife.
In Summe seien nur sieben Tarife als "schwach" oder "sehr schwach" eingestuft worden. Das ist ein Anteil von gut 1,1 Prozent der geprüften Tarifvarianten. In diesem Jahr wurde keiner der durchleuchteten Tarife mit einer "schwachen" Bewertung ausgezeichnet. Gleichzeitig seien dafür sieben Tarife mit nur einem Stern benotet worden. Je drei Tarife der Mecklenburgischen sowie der Württembergischen und ein Tarif der InterRisk wussten nicht zu überzeugen und erhielten die schlechteste Einstufung.
Diese Tarife wurden als "sehr schwach" eingestuft:
- InterRisk: BU S-M.A.R.T.
- Mecklenburgische: bAV-BUZ, BUZ und BUZ (RiLV)
- Württembergische: SBU (ArA, Unfall), SBU (AU, Unfall) und SBU (Unfall)
Kritik zu Testergebnissen von Versicherungen
Wegen der vielen positiven Ratings von Versicherungs-Policen gibt es immer wieder Kritik. Im April 2015 hatte sich die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen dazu eine Untersuchung vorgenommen. In einer Stichprobe hatten die Verbraucherschützer eine wahre Flut an besten Bewertungen ausgemacht. Dabei wurde den Ratinghäusern auch ein gewissen Eigeninteresse unterstellt. Schließlich würden viele Unternehmen mit Testsiegeln gutes Geld verdienen. Versicherer, die mit dem Original-Signet um Kunden werben wollen, müssen oft Lizenzgebühren zahlen. Locker einige tausend Euro kann es beispielsweise kosten, das Logo von Focus Money oder der Stiftung Warentest zu verwenden.
Auch Morgen & Morgen verlange eine Schutzgebühr, wenn ein Versicherer mit den Testergebnissen werben wolle. Diese sei aber niedrig, die Unabhängigkeit des Analysehauses gewahrt. Die genaue Höhe der Gebühr wollte die Sprecherin nicht nennen.