Nun tritt Hate Speech oft nicht isoliert auf, so zumindest mein Eindruck, sondern wird oft auch von mehreren, vielleicht sogar vielen Profilen oder gar Organisationen orchestriert. Wie wehrt man sich gegen eine Welle von Anfeindungen?
Den Eindruck habe ich auch. Nicht selten ist es dann aber so, dass schon erste Abmahnungen ausreichen, um den Beteiligten deutlich zu machen, dass sie Grenzen überschritten haben.
Haften auch soziale Netzwerke, wenn sie zur Verbreitung von Hassrede und Verleumdungen beitragen? Kann ich diese als Privatperson auch juristisch belangen, wenn sich zum Beispiel der Urheber von Hassposts nicht ermitteln lässt?
Niemand muss dulden, dass im Internet Beleidigungen oder persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerungen über ihn stehen bleiben. Das gilt auch dann, wenn sich die Urheber ausnahmsweise nicht ermitteln lassen. Wir gehen dann auch ganz konsequent gegen die Betreiber der sozialen Netzwerke vor. Diese sind mittlerweile dazu verpflichtet, nach einem Hinweis die Rechtsverletzung zu prüfen und gegebenenfalls zu entfernen.
Wie verhalten sich Rechtsschutz-Versicherer, wenn man sich juristisch gegen Hate Speech wehren will? Haben Sie Erfahrungen, ob die Übernahme der Kosten problemlos gewährt wird?
Das ist immer von der jeweiligen Rechtsschutzversicherung abhängig. Gerade bei eklatanten Verstößen machen wir aber gute Erfahrungen.
Raten Sie grundsätzlich zum Abschluss einer Rechtsschutzversicherung mit Blick auf Netzdebatten – vielleicht auch, um sich gegen ungerechtfertigte Abmahnungen und Klagen zu wehren? Welche Kosten drohen hier?
In jedem Fall. Die Kosten können schnell in den vierstelligen Bereich gehen, eine Rechtsschutzversicherung dürfte sich in den meisten Fällen also lohnen. Wichtig ist dabei, dass die Versicherungsverträge Unterlassungsansprüche auf der Aktivseite nicht ausschließen.
Nun werden Debatten im Netz sehr emotional geführt, mitunter rutschen einem unüberlegte Äußerungen raus, die man im Nachhinein bedauert. Hat es aus juristischer Perspektive mildernde Wirkung, wenn man einen Beitrag oder einen Kommentar löscht und sich dafür entschuldigt? Oder spielt das keine Rolle?
Gerade das Nachtatverhalten kann manchmal kriegsentscheidend sein. Gerichte schauen sich ganz genau an, wie sich jemand im Internet verhält. Es macht einen Unterschied, ob wir über eine Person sprechen, der einmal eine üble Äußerung herausgerutscht ist, die später wieder gelöscht wird. Da sind auch die Gerichte milde. Anders sieht es bei Personen aus, die teilweise mit mehreren Accounts regelmäßig Hass und Hetze verbreiten und andere beleidigen. In diesen Fällen müssen die Verursacher auch mit empfindlichen Geldentschädigungszahlungen rechnen.
Die Fragen stellte Mirko Wenig