Sachverständigenverfahren: Wo liegt die Grenze der Bindungswirkung?

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‚Welche Bindungswirkung entfaltet ein versicherungsrechtliches Sachverständigengutachten‘ - diese Frage stand im Zentrum eines Falls, der vor dem Landgericht Lübeck verhandelt wurde.

Eine Hotelbetreiberin aus dem Kreis Stormarn versicherte ihren Betrieb mit einer „verbundene Sachversicherung“, die u.a. eine Betriebsunterbrechungsversicherung mit einer Haftzeit von 24 Monaten umfasst.

Der gesamte Wellnessbereich des Hotels wurde in Folge eines Brands im Februar 2016 zerstört. Zudem wurde etwa ein Drittel der Zimmer durch Rauchgase kontaminiert. Diesen Sachschaden regulierte der Versicherer.

Um den Umfang des Betriebsunterbrechungsschadens festzustellen, leiteten die Parteien ein Sachverständigenverfahren ein, für das jede Partei einen Sachverständigen bestimmte. Die beiden Sachverständigen legten im März 2017 ein Gutachten vor, in dem sie den Betriebsunterbrechungsschaden für den Zeitraum von Februar 2016 bis März 2017 ermittelten. Dieser Betrag wurde seitens der Beklagten an die Klägerin gezahlt.

Wo liegt die Grenze der Bindungswirkung?

Doch aus Sicht der Klägerin war das Sachverständigenverfahren im März 2017 noch nicht beendet, da in Zukunft weitere Schäden zu erwarten seien. Der von ihr beauftragte Sachverständige ermittelte im Oktober 2018 für den 24-monatigen Haftzeitraum einen weiteren Betriebsunterbrechungsschaden, den die Klägerin nunmehr von der beklagten Versicherung einforderte.
Hilfsweise verlangte sie die Verpflichtung der Beklagten zur Wiederaufnahme des Sachverständigenverfahrens, da das Gutachten von März 2017 fehlerhaft sei.

Das Landgericht Lübeck hat der Klage mit dem Hilfsantrag stattgegeben. Zwar sei das Sachverständigenverfahren mit Vorlage des Gutachtens durch die beiden Sachverständigen im März 2017 beendet worden und dessen Feststellungen seien bindend. Grenze der Bindungswirkung sei aber eine „offenbar“ erhebliche Abweichung der getroffenen Feststellungen von der wirklichen Sachlage.

Eine solche läge dann nicht vor, wenn die Feststellungen im Sachverständigenverfahren bewusst unvollständig geblieben seien. Denn dann handele es sich nur um ein Teilgutachten und es könne die Wiederaufnahme des Sachverständigenverfahrens zum Zwecke der Ergänzung verlangt werden. So lag der Fall hier. Denn die Möglichkeit zukünftiger Schäden hätte bereits bei Vorlage des Gutachtens bestanden.

Das Urteil mit dem Aktenzeichen 4 O 282/18 ist noch nicht rechtskräftig.