Corona: Kfz-Versicherer lastet Unfallopfer Lieferketten-Probleme an

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Will ein Haftpflichtversicherer die Leistung zulasten eines Unfallgeschädigten kürzen, so trägt der Versicherer auch die Beweislast, dass den Anspruchsberechtigten ein Verschulden trifft und dieses für den Schaden (mit-)ursächlich war, so hoben die Richter des Amtsgerichtes Cottbus hervor. Soweit es jedoch um Umstände aus der Sphäre des Anspruchsberechtigten geht, trifft diesen eine sekundäre Darlegungslast. Er hat dementsprechend darzutun, was er zur Schadensminderung unternommen hat.

Der geschädigte Autofahrer behauptete, er habe sich wöchentlich bei der Werkstatt nach dem Stand der Reparatur erkundigt. Ihm sei gesagt worden, dass es coronabedingt zu Lieferschwierigkeiten komme, weil zahlreiche Produktionsstätten nicht mehr in Betrieb seien.

„Mit diesen Anstrengungen ist der Kläger seiner Schadensminderungsobliegenheit nachgekommen. Er durfte sich auch mit dem Hinweis auf Lieferprobleme zufrieden geben, da dieser zumindest aus der maßgeblichen Laiensphäre auf dem Höhepunkt der ersten „Coronawelle“ nachvollziehbar war“, hoben die Richter des Amtsgerichtes Cottbus hervor.

Versicherer kann von unfallgeschädigter Privatperson keine deutschlandweite Marktrecherche verlangen

Dass ein bestimmter Großhändler im April 2020 Ersatzteile für das Fahrzeug des Klägers hätte liefern können, sei unerheblich, argumentierte das Gericht zum Nachteil des zahlungsunwilligen Versicherers. Denn es sei nicht entscheidend, ob die vom Kläger beauftragte Werkstatt den Reparaturauftrag bei gehöriger Anstrengung schneller hätte erledigen können, weil diese nicht als dessen Erfüllungsgehilfe gegenüber den Beklagten tätig wurde.

Vielmehr sei auf die Erkenntnis- und Handlungsmöglichkeiten des Klägers selbst abzustellen. „Von diesem war eine eigene deutschlandweite Marktrecherche nicht zu erwarten. Er durfte sich mit einer regelmäßigen Nachfragen bei und der nachvollziehbaren Erklärung der von ihm beauftragten Werkstatt begnügen, weil es für ihn keine konkreten Anhaltspunkte gab, an der Kompetenz der [Autowerkstatt] zu zweifeln“, heißt es zur Urteilsbegründung.

Eine Alternative hätte der Mann hier nicht suchen müssen. So muss die Versicherung den Nutzungsausfall voll begleichen. Und nicht nur das: Der Schädiger hat auch die Kosten einer Fahrzeugdesinfektion zu ersetzen, die die Werkstatt zur Vorbeugung gegen eine Coronainfektion nach Erledigen des Reparaturauftrags vornahm. Auch bei den Kosten einer Fahrzeugreinigung zur Beseitigung reparaturbedingter Verschmutzungen handelt es sich um einen ersatzfähigen Schaden, den der Versicherer nicht einfach verweigern kann.