Warum positive Ausstrahlung wichtig ist und wie man sie bewahrt

Quelle: Rebecca Peetz

Versicherungsvermittler müssen oft unangenehme Themen ansprechen, ohne dabei zu dramatisieren. Im Gastbeitrag gibt Unternehmensberaterin Whitney Breer Tipps, wie das gelingen kann und verrät, warum Multitasking gar nicht so gut ist.

Niemand versichert sich gegen Erfolg, Gesundheit und Wohlstand. Entsprechend führen viele Versicherungsverhandlungen zu Gesprächen über Lebensthemen, die eher negativ belegt und von unguten Gefühlen begleitet sind. Ob Hausrat, Haftpflicht, Krankheit, Unfall, Arbeitsunfähigkeit und andere mehr: Viele Kunden sehen die Kontakte als unangenehme, aber notwendige Pflicht an. Im Idealfall ist ein guter Verkäufer darauf vorbereitet. Er kennt die Produkte wie seine Westentasche, weiß vielfältigen Einwänden entkräftend zu begegnen und hat ein Gefühl dafür, dass es Zeit für die Abschlussfrage ist.

Und dennoch: Manche Gespräche wollen nicht gelingen, weil das Gegenüber tief in sich das Gefühl nicht los wird, einen unwahrscheinlichen, ungewollten und unheilbringenden Schaden zu verhandeln, über den man nur redet, weil es nicht anders geht. Für die Verkäuferin und den Verkäufer heißt das, emotional auf dem Drahtseil zu tanzen. Wer dramatisiert, gerät in den Verdacht, nur an den Umsatz zu denken und wer eine unbedachte Bemerkung macht, stößt den anderen vor den Kopf.

„Menschen“ kann man nicht lernen

Es ist überaus schwierig, wenn nicht unmöglich, den Umgang mit diesen Phänomenen durch eine Schulung zu erlernen, weil es den Workshop „Ein Händchen für Menschen“ einfach nicht gibt. Worauf es ankommt, ist neben sympathischer Ausstrahlung eine als authentisch erlebte positive Energie, die das Verkaufsgespräch stimuliert. Da diese Energie aber nicht aus dem Nichts entsteht, muss sie von den Verkaufenden auf die Käufer übertragen werden.

Doch wie kommt morgens diese Energie in den Körper, wenn die üblichen Motivationstricks kaum vom Badezimmerspiegel, vor dem man sich in Stimmung bringt, bis in den Firmenwagen reichen, der in der Garage wartet? Hinzu kommt, dass auch Routinen mit Standardprodukten energetisch schwierig sind, weil der Fokus nicht auf dem Menschen gegenüber liegt, sondern auf den fachlich wasserdichten und sorgfältig vorbereiteten Argumenten, mit denen man überzeugen will. So wichtig Routinen sind, um effizient zu sein, so sehr mindern sie die Lebendigkeit des Auftretens.

Das Fatale daran: Mit Bewusstmachung und Wille allein, kann man den Schalter nicht so umlegen, dass man authentische positive Energie erzeugt und glaubwürdig auf andere Menschen überträgt.

Schon nach 30 Sekunden ist der Kontakt entschieden

Wie wichtig das ist, beweisen wissenschaftliche Studien, nach denen die ersten 30 Sekunden eines Kontakts über die Qualität desselben entscheiden. Dabei ist keine Begegnung ohne eine emotionale Färbung möglich, die durch den Fluss positiver oder negativer Energie geprägt wird. Wer gestresst oder negativ gepolt in eine Begegnung geht, überträgt diese Stimmung ebenso auf die Menschen im Umfeld, wie es jene tun, die mit positiver Einstellung unterwegs sind. Und all das in nicht einmal einer Minute.

Nach den Gesetzen der Logik, muss derjenige, der Energie abgeben möchte, diese zunächst einmal in sich aufnehmen oder erzeugen. Von Außenstehenden als authentisch und nicht aufgesetzt empfunden wird diese Energie nur, wenn sie in hoher Authentizität entsteht. Diese Form der Glaubwürdigkeit ist über eine oberflächliche Selbststimulation nicht zu bewerkstelligen. Es empfiehlt sich ein Prozess, mit dem man sich jeden Tag ganz bewusst in die passende Stimmung hinein coacht.

Energie durch Rituale statt Psychotricks

Bei den folgenden Ritualen und Reflexionen geht es nicht um Selbstmanipulation oder andere Psychotricks. Außerdem sind sie auf den Menschen draußen gerichtet und keineswegs ich-fixiert.

  1. Wie lautet mein heutiger positiver Glaubenssatz?
    Was wir Menschen denken oder von uns glauben, steuert unsere Emotionen und letztendlich unsere Energie. Auch unsere Gedanken können wir positiv beeinflussen: „Mein erster Termin des Tages kann meine Unterstützung wirklich brauchen, um im Dickicht der Angebote die richtige Entscheidung zu treffen. Ich liebe diese Verantwortung und freue mich, ihr so gerecht zu werden, dass wir beide als Partner davon profitieren.“
  2. Was kann ich heute ein bisschen besser machen als gestern?

    Wenn man etwas in sich geht, finde man jeden Tag etwas, das in der Zeit davor nicht optimal gelaufen ist und das man heute schlauer anpacken möchte: „Wo habe ich mir zuletzt von einem kritischen Kunden den Wind aus den Segeln nehmen lassen? Jetzt hat er keine ideale Versicherung und ich ihn nicht an mich gebunden. Was kann ich daraus lernen und heute gleich umsetzen?“
  3. Etwas Gutes, das ich heute für jemanden tun kann, ist…
    
Für wen möchte ich heute einen eine Extra-Meile gehen? „Wie wäre es, heute mal nicht auf die Uhr zu schauen und meine Kunden ausführlich über die kommenden Änderungen in den Verträgen zu informieren. Sie werden sicher dankbar sein, und ich muss am Stichtag nicht lange argumentieren, um ihr Okay zu bekommen. Und danach rufe ich meinen Kollegen an, der in seinem Gebiet Probleme hat. Er freut sich bestimmt über einen Tipp von mir.“
  4. Meine Priorität, meine wichtigste Aufgabe heute ist…
    
Hier geht es um die Fokussierung entscheidender oder dringlicher Stellschrauben, um sich nicht ablenken zu lassen von den essenziellen Dingen. Etwa: „Heute setze ich mich endlich an die Online-Schulung, um die ich mich schon eine Weile drücke. Nicht nur, dass ich die Abschlussaufgaben sowieso nachweisen muss. Es soll auch echt was bringen, sagen die Kollegen. Und wenn ich fertig bin, lege ich sofort damit los, die Tipps umzusetzen.“

Immer neue Energie – egal in welcher Rolle

Solche Reflexionen funktionieren für jeden Mitarbeiter und in jeder Rolle. Sie eignen sich einerseits für Verkäufer in ihrem Umgang mit Kunden aber auch für Kollegen. Denn was gibt es mehr Inspirierendes als eine mitreißende Energie im Team, die alle zu Höhenflügen bewegt? Andererseits sind sie auch wertvolle Führungswerkzeuge, weil sich Energie gleichermaßen von den Führenden auf die Mitarbeiter überträgt. Die Führungskraft ersetzt im obigen Programm die Kunden durch die Menschen, für die sie Verantwortung trägt, startet selbst energiegeladen in den Tag und zieht die Mannschaft in einen positiven Sog.

Damit die Energie jeden Tag aufs Neue kommt und anhält, gilt es, immer neu und bewusst zu entscheiden, wem man seine Energie am heutigen Tag besonders widmen möchte. Schon dies ist inspirierend. Fernhalten solle man sich von überzogenem Multitasking, mit dem nach Untersuchungen unterm Strich nicht nur 30 Prozent langsamer ist, sondern auch abgelenkt von den Menschen, denen man sich zuwendet. Die wohl wichtigste Aufgabe beim Versprühen positiver Energie ist es, psychologische Sicherheit zu vermitteln.
Wer Verlässlichkeit, Zuversicht und Freude an seinem Tun ausstrahlt, wirkt als Energiequelle, aus der sich am Ende die Erfolge speisen.

Über die Autorin:
Whitney Breer ist Coach, Trainerin und Speakerin sowie Geschäftsführerin von Lebenskunst, einer Unternehmensberatung, die auf Führungskräfteentwicklung, Changemanagement und Resilienz spezialisiert ist. Whitney Breer hält einen Master in Erwachsenenpädagogik und Anglistik sowie einen Master of Arts in Personalentwicklung. Zu ihren Kunden zählen Bayer, Beiersdorf, BASF, Innogy, Jacobs Kaffee, KPMG, Lufthansa, RWE, Unilever, VOX und Plansee.