Versicherungssteuerreform: Keine Angst vor dem „Bürokratiemonster“

Quelle: Alexas_Fotos / pixabay

Das Versicherungssteuerrecht wird reformiert. Wie sich die Gesetzesänderung im Vertrieb auswirkt, ob ein neues „Bürokratiemonster“ droht oder sich vielleicht sogar Chancen bieten, stellt Andreas Sutter (disphere) im Gastbeitrag für Versicherungsbote vor.

Zum Grundwissen der Versicherungsvermittler gehörte es bisher, dass Beiträge von Kranken- oder Lebensversicherungsverträgen nicht der Versicherungssteuer unterworfen sind. Mit der nun vom deutschen Bundestag am 29.10.2020 beschlossenen Reform des Versicherungssteuerrechts endet diese einfache Regel und wird durch etwas ersetzt, das viele in der Branche als „Bürokratiemonster“ beschreiben. Doch welche Auswirkungen hat diese Gesetzesänderung für den Vertrieb? Wird alles schlimmer, oder gibt es vielleicht sogar Chancen?

Andreas Sutter

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...ist als Director protect bei disphere interactive Datenschutzbeauftragter für Mittelständler, Finanzdienstleister und Versicherer. disphere interactive GmbH ist ein Team von interdisziplinären Experten, Beratern und Entwicklern, das Sie umfassend bei der digitalen Transformation des Vertriebs unterstützt.

Bestimmte Lebens- und Krankenversicherungsverträge sollen nun durch die Reform mit Versicherungssteuer belegt werden. Das klingt unschön, betrifft allerdings nur einen Bruchteil der Verträge. Panikmache oder Polemik ist daher fehl am Platz. So sind alle Versicherungsverträge mit einer Erlebens- oder Todesfallleistung oder einer Altersrente von der Steuerpflicht ausgenommen. Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen, Kranken- und Pflegeversicherungen bleiben ebenfalls steuerfrei, wenn die Leistungen der Versorgung der Person gelten, bei der sich das Risiko realisiert (in der Regel also der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person), oder wenn nahe Angehörige im Sinne des Steuerrechts dieser Person versorgt werden sollen.

Steuerpflicht greift nur in wenigen Fällen

Diese Regelung klingt unscharf, bedeutet aber in der Praxis klar, dass die Steuerpflicht nur in sehr seltenen Fällen greift, zum Beispiel bei Sonderkonstellationen der sog. Keyman-Versicherung oder Sonderfällen der Pflegeversicherung. Berufsunfähigkeitsversicherungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung oder die betriebliche Krankenversicherung bleiben hingegen steuerfrei.

Die Steuerpflicht gilt auch nur für Verträge, die ab dem 1.1.2022 geschlossen werden. Wer sich also Keyman- und Teilhaberversicherungen kaufen kann und möchte, die über den reinen Todesfallschutz hinausgehen, der erhält über ein volles Jahr die Chance auf einen steuerlichen Schlussverkauf. Und natürlich eignet sich diese Steueränderung ganz klassisch zur Kontaktaufnahme. Diese ist in weiten Teilen des Bestandes im Hinblick auf die anlassbezogenen Beratungspflichten der Vermittler vermutlich sogar ein Muss.

Die unerwünschte Bürokratie ergibt sich für die Versicherer in der Folge dadurch, dass das Bezugsrecht oder die Begünstigung der zukünftigen Verträge geprüft werden muss. Eine Aufgabe, die man durch Vertrags- und Tarifgestaltung, aber auch durch mit dem Vertrieb abgestimmte Prozesse lösen kann. Dazu ist den Versicherern dringend zu raten, auf die KV- und BU-Experten und auf die Praktiker im Vertrieb zuzugehen. Dort lassen sich dann gemeinsam praktische Lösungen im Kampf gegen die Bürokratie entwickeln.

Das „Monster“ bietet in Teilen vielleicht Anlass zum Seufzen, Angst und Sorge sollte es dem Vertrieb nicht bereiten. Vertrieb bedeutet, die Chancen auch in Themen zu sehen und zu suchen, über die andere verzweifeln.