Versicherungsmakler zwischen Tauchschule, Pekingenten und Rollator

Quelle: Alexas_Fotos@Pixabay.com

Die Kunst des Abschiednehmens haben wir nicht gelernt. Das betrifft den Abschied vom Beruf ebenso wie vom Leben. Dieses hochemotionale Thema mit seinen vielfältigen Antworten gewinnt bei Versicherungsmaklern an Bedeutung, weil es neben der Familie und Angehören auch andere betrifft – Mitarbeiter, Kunden und Kollegen. Deshalb macht es Sinn sich mit dem Thema zu befassen – meint AssekuranzDoc Peter Schmidt

Unter dem Eindruck zahlreicher Vorträge bei Maklerveranstaltungen der vergangenen Wochen zum Thema Nachfolge, Bewertung und Verkauf des Lebenswerks mit Maklerinnen und Makler ergaben sich viele Gespräche, die deutlich machen: Das Abschiednehmen ist ein unangenehmes Reizthema, das nur durch gute Motive, Ziele und Zukunftspläne den dunklen Charakter verlieren kann.

In den Diskussionen mit Maklern jenseits der 1940er und 1950er Geburtsjahrgänge wurden zwei gegenläufige Positionen zum Ruhestand deutlich. Die einen sind von durchaus bewusst gewordener Verdrängung des Themas geprägt. Der Alltag für und mit den Kunden macht meist Freude und lässt das Thema Ruhestand in den Hintergrund treten. Auch die Tabuisierung des eigenen Alters und der Gesundheit trägt dazu bei.

Der @AssekuranzDoc

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Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Die andere Positionierung von Maklern zum Thema Nachfolge zeigt klare Vorstellungen von der bevorstehenden Lebensphase, bereits erfolgten Schritte zu einer geordneten Übergabe und motivierenden Zielen für das Danach. Bei diesen Maklerkollegen ist auch Freude auf diesen neuen Lebensabschnitt und Stolz auf das Erreichte zu verspüren, die Nachfolgeexperten eher für die organisatorische Abwicklung und mögliche alternative Wege brauchen.

Zu viele Makler ohne Nachfolgeplan

Bei fast jedem Vortrag bei Maklerpools oder bei Maklerforen habe ich die teilnehmenden Makler gefragt, ob sie ihre Nachfolge schon geregelt haben. Selten hoben mehr als zehn Prozent der anwesenden Makler die Hand, um zu signalisieren, dass sie einen bestehenden Exit-Plan haben. In Anbetracht der bekannten demografischen Situation und - bei einigen Maklerpools - einem Anteil von fast 50 Prozent der Makler über dem 55. Lebensjahr und einem Drittel über dem 60., ist das nicht gut.

Die Erschütterungen durch Nachrichten von verstorbenen Maklerkollegen aus der Region scheinen nicht zu genügen, um mehr Makler anzuspornen, sich mit dem Thema Notfall oder geplanter Nachfolge intensiver zu befassen. Für ganze Generationen war es früher selbstverständlich, dass der Tod zu jeder Zeit eintreffen konnte. Kürzere Lebenserwartungen, Kriegsereignisse und rückständigere medizinische Versorgung machten den Ernstfall zum täglich möglichen.

Mit der gewachsenen Lebenserwartung bis ins neunte Lebensjahrzehnt ist die Auseinandersetzung und Vorbereitung auf das Sterben immer mehr verdrängt worden. Vielleicht wird das nach der aktuellen Pandemie wieder anders. Dazu kommen unterschiedliche Berufsbiografien, die das Verdrängen noch fördern. Besonders Makler mit unterdurchschnittlichen Einkommen – darunter viele in den östlichen Bundesländern - waren kaum in der Lage, eine ausreichende Altersversorgung aufzubauen und scheuen den Schritt zum Verkauf des Bestandes oder der Verrentung der eigenen Einkommensquelle. So ist es auch nicht selten, dass Maklerinnen und Makler, die gesundheitlich bereits gezeichnet sind, das Thema Nachfolge vor sich herschieben.

Ein persönlich gutes Motiv für die Exit-Strategie suchen

Freude auf den aktiven Ruhestand und gleichzeitigen Abschied vom Maklersein spüre ich bei denen, die ein klares Ziel haben. Die Maklerfirma verkaufen und sich einen Lebenstraum erfüllen, wie die Finca auf Mallorca, die eigene Tauchschule auf den Philippinen, das Auswandern nach Afrika oder die Zucht von Pferden oder Penking-Enten auf dem eigenen Grundstück. Wenn Sie von solchen Zielen der Senior-Makler und –Maklerinnen hören und den Glanz in den Augen sehen, dann wissen Sie, die machen es richtig.

Und wer so ein Ziel hat, der findet auch die Motivation zur eigenen oder unterstützten Vorbereitung für den Tag X mit X, wie Exit. „Ich will eine geordnete Firma hinterlassen“, schilderte mir eine Maklerin, die trotz des erreichten 70. Lebensjahres stolz berichtete, dass sie nun die Digitalisierung mit einem neuen Maklerverwaltungsprogramm bald abgeschlossen habe und zum Ende des Kalenderjahres ihre Firma verkaufen will. Hier wird die Kraft zur Veränderung aus einem individuellen Motiv geschöpft, was aus Disziplin und persönlichen Ansprüchen an eine geordnete Übergabe gespeist wird.

Die Funktion positiver Emotionen

Als Coach wird mir mit jedem neuen Mandanten bewusst, dass die Art der Makler, mit Veränderungen umzugehen, grundverschieden sind. Aber genau dafür hat man auch passende, sprich individuelle, Beratungsformate, die immer mit den Motiven des jeweiligen Mandanten einhergehen müssen. Ich unterstütze gerne jene Motive der Makler in Nachfolgeplanung, die positive Emotionen und Zufriedenheit auslösen.

Entscheidungen, die Makler zur Veränderung von Geschäftsprozessen oder zur Exit-Planung treffen, sollten sich ebenso gut anfühlen wie die sich daraus ergebenden Ergebnisse. Beweggründe - das sind ja Motive - hängen immer mit Emotionen zusammen. Das ist auch der Grund, warum gefühlt schnelle und einfache Lösungen von heute auf morgen eine andere Bewertung erfahren können.

Ist der Mensch voller Energie aufgrund positiver Ziele und Emotionen, dann wird er auch schwierigere Herausforderungen annehmen und umsetzen. Ist der Akku aber schon halbleer, dann werden Zögerlichkeit und Skepsis verstärkt. Ein Coaching auf einer vertrauensvollen Basis sowie eine sachliche Planung kann die Abhängigkeit von Emotionen ausgleichen.

Ein Makler, den ich bei der Übernahme eines anderen Maklerunternehmens unterstütze, schrieb mir im Feedback zu einem Gespräch mit dem betreffenden Seniormakler: "Mit dem Gespräch bin ich sehr zufrieden. Ich denke, dass Herr X hier an die Hand genommen werden muss, weil in seinem Kopf noch zu viel Konjunktive herrschen.“

Mögliche Vorgehensweise für die Nachfolge

Die Vorgehensweise bei einer Nachfolgeplanung kann man in verschiedene Etappen einteilen, die die Basis für einen Fahrplan für den Makler darstellen können. Die einzelnen Etappen sind hier mit Schlagworten gekennzeichnet, die jeweils einen umfassenden Entscheidungsbereich betreffen und in einer Beratung individuell ausgestaltet werden:

  1. Notfallplan. Konsequenzen. Vertretung.
  2. Motiv für Übergabe. Ziel. Zeitpunkt. Commitment.
  3. Analyse Stärken und Schwächen (SWOT). Wertermittlung
  4. Optimierung Geschäftsmodell. Wertsteigerung.
  5. Zeitplan und Nachfolgeform zur Übergabe.
  6. Übertragung. Mitwirkung. Verkauf.
  7. Und danach?

Natürlich verbirgt sich hinter jedem der genannten Schlagworte auch Arbeit und Zeitaufwand. Allein schon die entsprechenden Commitments in der Familie, mit anderen Anteilseignern oder auch schon mit einzelnen Mitarbeitern, die eventuell als Nachfolge in Frage kommen, brauchen ihre Zeit. Dies gilt auch für die Wertermittlung zur Firma oder dem Bestand, die sich aus einer Vielzahl von Einzelelementen zusammensetzt.

Da die operative Arbeit für und mit den Kunden weitergeht, empfiehlt es sich regelmäßig, an den einzelnen Themen des eigenen Nachfolgeprojektes zu arbeiten. Eine Roadmap als Orientierung haben wir für Sie hier hinterlegt. Nehmen Sie sich – wenn Sie ein Nachfolgeplaner sind - deshalb einen festen Tag der Woche, um am Unternehmen und der Nachfolge zu arbeiten.

Stellen Sie auch Ihre Mitarbeiter darauf ein, dass es nun mehr Phasen gibt, in denen Sie sich nicht mehr in das Tagesgeschäft einmischen. Sie arbeiten an der Perspektive für das Unternehmen. Sie lenken das Unternehmen in seine neue Zukunft.

Vom Lebenswerk richtig lösen

So unterschiedlich die Motive zur Einleitung der Nachfolge sind, so unterschiedlich sind auch die Wege, sich vom Lebenswerk zu lösen. Deshalb ist das Thema „Und danach?“ ein ganz wichtiges. Das Loslassen vom eigenen „Baby“ fällt um so leichter, je klarer die Vorstellungen nach der Übergabe sind. Viele Unternehmer können nicht loslassen, weil sie keine Vorstellungen davon haben, welche Wünsche sie sich nun erfüllen wollen oder können.

Wer keine Lust ausschließlich auf Familie und dauerhafte Freizeit hat, der kann mit bestimmten Aufgaben die alte Firma unterstützen oder beraten, wenn das der neue Eigentümer will. So ein langsamer Ausstieg kann gut für beide Seiten sein. Kann. Klare Spielregeln helfen dann dabei, dass man sich nicht in Konflikten zwischen alt und neu aufreibt. Es gibt viele Ehrenämter oder Hobbys, die auf den Ruheständler warten.

Und mancher entwickelt im Ruhestand mehr Energie als im Berufsleben, wenn man bei manchem Makler-Golfturnier die Ehemaligen sieht – meint mit einem Schmunzeln Ihr AssekuranzDoc.