Versicherungsvermittler sollen wie Steuerberater und Rechtsanwälte vergütet werden

Quelle: gerhardschick.net

Ein Problem sind die hohen Kosten aber nicht nur für die Verbraucher, sondern auch für die Versicherer selbst, wie Schick argumentierte. Denn den Gesellschaften entstehe neue, kostengünstige Konkurrenz: etwa durch ETFs und entsprechende Sparverträge, vielfach auch von Verbraucherschützern empfohlen. Die Folge: ein schwächelndes Neugeschäft. Es läge folglich auch im Interesse der Versicherer, hier die Kosten zu senken.

Die Versicherungsbranche wolle diese hohen Kostensätze dennoch weiter sichern, die Selbstheilungskräfte scheinen nicht zu funktionieren, kritisierte Schick weiter. Wenn etwas funktioniere, dann als Folge davon, dass der Gesetzgeber haarklein vorschreibe, was erlaubt sei und was nicht: zum Beispiel der verbindliche Kostenausweis bei Riester-Renten. Auch ein Provisionsdeckel würde aus Sicht des Ökonomen nicht das Problem lösen, dass im Beratungsgespräch ein grundlegender Interessenkonflikt des Vermittlers bestünde: Die Versicherer würden weiter über Verkaufsanreize die Spielregeln bestimmen.

Nettopolicen mit Honorarordnung

Man muss an dieser Stelle einwenden, dass es Schick nicht daran gelegen war, die Qualität der Altersvorsorge-Beratung in der Lebensversicherung komplett infrage zu stellen. Im Gegenteil: Auch er hob auf die Wichtigkeit persönlicher Beratung bei der Altersvorsorge ab. Aber das Provisionsmodell begünstige, dass über Fehlanreize die Kunden noch immer zu oft schlecht beraten würden.

„Ich will mich als Kunde nicht darauf verlassen müssen, dass ich zufällig einen guten Vermittler finde - und keinen, der gerade Geld braucht!“, führte Schick aus. Stattdessen verlange der Kunde nach einer fairen und unabhängigen Beratung. Deshalb solle er diese Beratung künftig direkt bezahlen: mittels Nettopolicen. Dabei schwebt Schick eine Art Honorarordnung vor, als Vorbild nennt er Steuerberater und Rechtsanwälte: Das würde finanzielle Fehlanreize ausschließen. Der Dienstleister solle nur im Sinne seines Mandanten handeln dürfen.

Standardprodukt für Menschen mit kleinem Geldbeutel

Zwei Einwände musste Schick in seinem Vortrag mit Blick auf Nettotarife ausräumen. Zum einen, dass die Kunden ohnehin nicht bereit sei, für die Beratung hohe Summen zu zahlen. Hier berief er sich auf eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Innofact im Auftrag der MyLife Lebensversicherung unter 1.000 Bundesbürgern. Demnach haben 74 Prozent der Befragten noch nie etwas von Nettopolicen gehört. Rund drei Viertel (77 Prozent) gaben nach einer kurzen Erläuterung aber an, dass eine Nettoversicherung für sie interessant sei.

Einwand Numero zwei betrifft das Argument, dass Geringverdiener sich eine Nettopolice gar nicht leisten könnten: Sie folglich künftig nicht mehr zur Altersvorsorge beraten würden. Für diese Menschen sei die jetzige Situation auch nicht gut, so seine These. Sie würden schon jetzt schlecht beraten, weil an ihnen wenig zu verdienen sei. Das zeige sich etwa daran, dass 50 Prozent der Geringverdiener keine Privathaftpflicht besitzen, aber stattdessen viele eine überteuerte Restschuldversicherung. Bei letzteren fließt teils fast die Hälfte aller gezahlten Beiträge als Provision an die Vermittler.

Als Lösung für Menschen mit kleinem Geldbeutel schlug Schick ein einfach zu verstehendes und weniger komplexes Standardprodukt vor. Ein solches wird auf dem europäischen Binnenmarkt soeben mit der Europarente bzw. dem "Pan-European Personal Pension Product" (PEPP) angeschoben. In Deutschland werden ähnliche Konzepte unter Begriffen wie "Deutschlandrente" bzw. Extra-Rente debattiert. Die Bedingung: Die Gesamtkosten dieses Produktes dürfen maximal ein Prozent der Beitragssumme betragen.