Kindesunterhalt steigt 2020: neue Düsseldorfer Tabelle

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Die „Düsseldorfer Tabelle“, eine von den Familiensenaten des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf ausgearbeitete Richtlinie für Unterhaltsrecht und Unterhaltszahlungen, wurde nun für 2020 aktualisiert. So gelten ab Januar neue Bedarfssätze für den Kindesunterhalt von Trennungskindern – diese erhalten mehr Unterhalt. Aber auch der Selbstbehalt für unterhaltspflichtige Eltern wurde deutlich nach oben angepasst. Zwar ist die Düsseldorfer Tabelle nicht rechtsverbindlich. Richtwerte dieser Tabelle sind aber derart anerkannt, dass sie von den meisten Gerichten für Unterhaltsurteile genutzt werden.

Schon seit 1962 gibt die Düsseldorfer Tabelle Richtwerte für Unterhaltszahlungen vor – zum Beispiel für den Kinds-, aber auch den Ehegatten- oder den so genannten Elternunterhalt. Erarbeitet wurde die Tabelle durch die Familiensenate des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf. Zwar hat die Tabelle keine verbindliche Gesetzeskraft. Jedoch: Gerichte ziehen die Zahlen regelmäßig zur Orientierung heran, ebenso viele Behörden.

Auch werden Richtwerte der Tabelle regelmäßig aktualisiert und angepasst, und zwar in enger Abstimmung mit der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstags und mit Richtern aller Oberlandesgerichte. Eine aktualisierte Ausgabe dieses wichtigen Werkzeugs der Familiengerichtsbarkeit für das Jahr 2020 wurde nun veröffentlicht. Demnach bekommen Trennungskinder ab 2020 mehr Unterhalt.

Quelle: @OLG Düsseldorf

Für Minderjährige steigt der Unterhaltsanspruchs um durchschnittlich 22,70 Euro

Die Tabelle weist hierbei monatliche Bedarfssätze getrennt für vier Altersstufen aus: 0 bis 5 Jahre, 6 bis 11 Jahre, 12 bis 17 Jahre sowie ab 18 Jahre. Besonders für minderjährige Kinder gibt es nun mehr, und zwar gemäß dem Prinzip: Je höher das Einkommen unterhaltspflichtiger Eltern und je älter das Kind, desto mehr steigt der Unterhaltsbedarf. Und desto höher ist nun auch die Veränderung in 2020 gegenüber der alten Tabelle (mit Stand 2019):

  • Die geringste Erhöhung für Minderjährige weist hierbei der Unterhaltsanspruch der Trennungskinder zwischen 0 und 5 Jahren gegenüber Eltern mit niedrigem Einkommen aus. Denn liegt das so genannte Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen bei bis 1.900 Euro, steigt der Unterhaltsanspruch der Kinder um 15 Euro von aktuell 354 Euro auf 369 Euro ab 2020.
  • Am höchsten steigt hingegen der Unterhaltsanspruch Minderjähriger, wenn diese zwischen 12 und 17 Jahre alt sind und wenn unterhaltspflichtige Eltern zwischen 5.101 Euro und 5.500 Euro netto verdienen. Dann nämlich steigt der Anspruch um 34 Euro gegenüber der alten Tabelle – von derzeit 844 Euro auf 848 Euro ab 01. Januar 2020.
  • Durchschnittlich steigt für Minderjährige über alle vier Altersstufen und alle zehn Einkommensgruppen der Eltern hinweg der Unterhaltsanspruch um 22,77 Euro.

Volljährige Kinder erhalten nur ein leichtes Plus

Mit volljährigen Kindern freilich meint es die neue Tabelle im Vergleich zur vorigen Version nicht ganz so gut:

  • Denn das höchste Plus gegenüber der alten Tabelle erhalten Kinder ab 18, wenn das unterhaltspflichtige Elternteil zwischen 4.301 Euro und 4.700 Euro netto verdient: Fünf Euro mehr sind jedoch nur drin. Gegenüber der alten Tabelle steigt der Anspruch hier von 759 Euro auf 764 Euro.
  • Für weitere fünf Einkommensgruppen beträgt die Erhöhung des Unterhaltsanspruchs volljähriger Kinder nur drei Euro, für vier Einkommensgruppen nur vier Euro.
  • Bedacht werden muss aber auch: Für erwachsene Kinder weist die Tabelle den höchsten Unterhaltsanspruch aus. Der Unterhaltssatz liegt hier zwischen 530 Euro, wenn getrennt lebende Eltern wenig verdienen, und 848 Euro als höchster Anspruch auf Kindesunterhalt ab 2020. Zugleich haben unterhaltspflichtige Eltern aber auch einen wesentlich höheren Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern.

Selbstbehalt erhöht: Unterhaltspflichtige Eltern dürfen deutlich mehr behalten

Aber auch unterhaltspflichtige Eltern profitieren durch die neue Tabelle, und zwar wesentlich durch eine Erhöhung des Eigenbedarfs gegenüber den Kindern. Angaben hierzu finden sich in den Anmerkungen zum Teil "A "der Tabelle (Kindesunterhalt) unter Punkt fünf. Unterschieden wird zwischen zwei Richtwerten für die Eigenansprüche des Unterhaltspflichtigen:

  • Der notwendige Eigenbedarf definiert jenes Einkommen, das dem unterhaltspflichtigen Elternteil notwendig als absolutes Minimum zusteht. Dieses darf als Selbstbehalt nicht belangt werden.
  • Der notwendige Eigenbedarf steigt von aktuell 880 Euro monatlich auf zukünftig 960 Euro für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige.
  • Für erwerbstätige Unterhaltspflichtige hingegen steigt der notwendige Eigenbedarf von derzeit 1.080 Euro monatlich auf 1.160 Euro ab 2020. Demnach kann ab dem neuen Jahr ein größerer Teil des Nettoeinkommens als Eigenbedarf behalten werden, wenngleich höhere Unterhaltsansprüche der Kinder für einige den Vorteil geringer ausfallen lassen. Im notwendigen Eigenbedarf sind ab 2020 für die Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung 430 Euro enthalten (bei höherer Warmmiete kann der Eigenbedarf auch höher ausfallen).
  • Zudem gibt es noch den angemessenen Eigenbedarf, der höher ausfällt als der notwendige Eigenbedarf. Der angemessene Eigenbedarf greift jedoch nur unter bestimmten Bedingungen, sobald Unterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern besteht. Auch dieser Richtwert steigt mit der neuen Ausgabe der Düsseldorfer Tabelle – von derzeit 1.300 Euro auf zukünftig 1.400 Euro. Im angemessenen Eigenbedarf ist zukünftig eine Warmmiete in Höhe von 550 Euro eingerechnet.

Neue Richtwerte auch für Elternunterhalt

Abhängig von der eigenen Leistungsfähigkeit müssen volljährige Kinder auch für ihre Eltern „haften“ und durch „Elternunterhalt“ zum Lebensbedarf der Eltern beitragen – eine Situation, die meist durch die Pflegebedürftigkeit eines Elternteils und die Unterbringung in einem Heim ausgelöst wird. Zwar steht zunächst der Ehepartner für den Unterhalt ein. Reicht aber dessen Einkommen nicht aus oder ist der Partner gar schon verstorben (was nicht selten ist), ermitteln die Sozialämter die unterhaltspflichtigen Verwandten und nehmen diese folglich in die Unterhaltspflicht. Und das sind in der Regel die leiblichen Kinder.

Die wichtigsten Werte der „Düsseldorfer Tabelle“ für den Elternunterhalt sind nicht durch Tabellenform in der maßgebenden Richtlinie veranschaulicht, sondern finden sich in einem Teil „D“, der sich dem Verwandtenunterhalt und Unterhalt nach § 1615 I BGB widmet. Der erste Unterpunkt gibt Richtwerte für einen „angemessenen Selbstbehalt gegenüber den Eltern“ an. Dieser Selbstbehalt für den Elternunterhalt summiert sich aus einem eigenen „notwendigen Selbstbehalt“ und einem Prozentsatz des darüber hinausgehenden Einkommens.

Der „notwendige Selbstbehalt“ stellt auch hier die absolute Untergrenze netto dar – für Alleinstehende beträgt er laut Düsseldorfer Tabelle derzeit 1.800 Euro. Zukünftig wird er aber ansteigen auf monatlich 2.000 Euro (einschließlich 700 Euro Warmmiete). Hinzu kommt als Selbstbehalt die Hälfte des Einkommens, das 2.000 Euro übersteigt. Somit müssen alleinstehende volljährige Kinder hälftig als Unterhalt zahlen, was an Einkommen über 2.000 Euro netto hinausreicht.

Für die mit einer unterhaltspflichtigen Person zusammenlebenden Ehepartner ist zudem ab 2020 ein notwendiger Selbstbehalt von 1.600 Euro vorgesehen – der Wert beträgt bisher noch 1.440 Euro. Bei „Vorteilen des Zusammenlebens“ – in der Regel trifft dies für das Zusammenleben in einer Lebenspartnerschaft zu – sind es jedoch nicht 50 Prozent, sondern 45 Prozent des über den notwendigen Selbstbehalt hinausgehenden Einkommens, das behalten werden darf. Somit zahlen laut der Formel Ehepaare ab einem Einkommen von 3.600 Euro mit einem Prozentsatz von 55 Prozent des darüber hinausgehenden Einkommens für Elternunterhalt. Jedoch: Die Formel der Düsseldorfer Tabelle könnte in der Praxis an Bedeutung verlieren.

Angehörigen-Entlastungsgesetz nimmt Formel die Bedeutung

Grund ist das Angehörigen-Entlastungsgesetz, das im November diesen Jahres erst den Bundestag und dann den Bundesrat passierte (der Versicherungsbote berichtete). Dieses Gesetz legt nun eine eigene Untergrenze für die Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern fest. Diese Grenze orientiert sich, anders als Werte der Düsseldorfer Tabelle, am Bruttoeinkommen und fällt dennoch wesentlich höher aus – denn Unterhaltspflichtige müssen ab 2020 erst dann Elternunterhalt leisten, wenn das Bruttoeinkommen 100.000 Euro übersteigt. Demnach wird für viele Betroffene die Düsseldorfer Tabelle nicht mehr greifen – aufgrund einer nun eigenständig vorgegebenen höheren Untergrenze entfällt für sie die Pflicht komplett, Elternunterhalt zu leisten.

Die aktuelle Düsseldorfer Tabelle ist auf dem Justizportal Nordrhein-Westfalens verfügbar.

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