Stiftung Warentest-Vorstand zur Riester-Rente: "Es fehlen die Alternativen"

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Hubertus Primus, Vorstand der Stiftung Warentest, hat in einem Interview begründet, weshalb die Stiftung noch immer Riester-Renten empfiehlt: Trotz hoher Kosten und Intransparenz würden schlicht die Alternativen fehlen. Die nennt er dann indirekt doch und empfiehlt Investment mit Indexfonds. Mancher Rat ist dabei zumindest diskutabel.

Hubertus Primus, Vorstand der Stiftung Warentest, hat in einem Interview mit t-online.de die Riester- und Betriebsrente kritisiert — und begründet, warum die Verbraucherorganisation dennoch weiterhin diese empfiehlt. „Riester ist zu bürokratisch und zu kostenintensiv“, sagte der Jurist und Publizist dem Onlineportal. „Wir haben es trotzdem immer noch empfohlen, weil die Alternativen fehlen. Für Menschen mit mehreren Kindern zum Beispiel lohnt es sich, zu riestern“.

Auch ein Blick auf die betriebliche Altersvorsorge solle man richten, rät Primus den Verbrauchern. Ebenfalls mit einem großen „Aber“: „Da kommen aber Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht so richtig in die Gänge“, sagt er mit Blick auf das sogenannte Sozialpartner-Modell, besser bekannt als „Nahles-Rente“.

Zur Erinnerung: Arbeitgebern soll es künftig möglich sein, Betriebsrenten anzubieten, ohne für deren Höhe zu haften. Im Gegenzug haben die Gewerkschaften mehr Mitspracherechte, denn die Tarifpartner müssen sich auf ein Modell einigen. Selbst ein Jahr nach Inkrafttreten des entsprechenden Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BSRG) gibt es noch kein konkretes Angebot der Tarifpartner (der Versicherungsbote berichtete).

Hier hätte man gern erfahren, wieso Primus nicht die bereits etablierten Versorgungswege der betrieblichen Altersvorsorge empfehlen kann oder will. Eine Antwort liefert das Interview nicht. Gerade in kleinen und mittleren Betrieben besitzt aktuell nicht einmal jeder Dritte Anspruch auf eine Betriebsrente (27 Prozent), so eine Studie im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums. Dennoch äußert der Stiftungs-Vorstand einen weiteren Einwand: „Zudem werden bei der Betriebsrente im Alter die vollen Krankenkassen- und Pflegebeiträge fällig“, so Primus. Dass die Entgeltumwandlung auch die gesetzliche Rente schrumpfen lässt, weil Teile des Bruttogehaltes sozialabgabenfrei eingezahlt werden, erwähnt Primus nicht.

“Pantoffel-Portfolio“: Indexfonds + Festgeld

Wie aber sorgt Hubertus Primus für das Alter vor? „Ich wohne im schuldenfreien Eigentum. Hinzu kommt die Altersversorgung durch die Stiftung“, sagt er. Mit anderen Worten: Er besitzt ein Haus oder eine Eigentumswohnung und kann auf eine hohe Betriebsrente durch ein Versorgungswerk hoffen. Möglichkeiten, die viele andere Menschen nicht haben, sofern sie sich kein Haus kaufen oder „ererben“ können. Im Gegenteil: Das Pestel Institut warnte anlässlich einer Studie Anfang des Jahres vor einer „Grauen Wohnungsnot“, weil speziell in den Städten bezahlbarer und altersgerechter Wohnraum fehle. "Schon jetzt ist die Hälfte der 592.000 Wohngeldbezieher älter als 65“, so das Fazit. Explodierende Mieten sind für viele künftige Rentner ein Grund, weshalb sie Altersarmut fürchten müssen.

Ein weiterer Tipp des Stiftungs-Vorstandes hat es in sich. Er empfiehlt eine spezielle Art des „Pantoffel-Portfolio“, ausgetüftelt von der Zeitschrift „Finanztest“ für vermeintlich vorsichtige und faule Sparer. Grob beinhaltet das Konzept, dass man ein Teil des Geldes in Indexfonds bzw. ETFs anlegt: also einen Fonds, der die Wertentwicklung eines Index abbildet, beispielsweise den DAX oder den Weltaktienindex MSCI World. Zugleich solle man den zweiten Teil des Geldes auf einem Tagesgeldkonto parken oder in einem ein ETF, der sichere europäische Staats- und Unter­nehmens­anleihen abbildet. Die angelegte Summe wird quasi in zwei Pantoffel aufgeteilt: einen, der vermeintlich Rendite und einen, der Sicherheit verspricht.

Wie genau das funktioniert, erklärt Hubertus Primus im Interview nicht, hat „Finanztest“ aber an anderer Stelle ausgeführt. Demnach sollen bis zu acht Prozent Rendite pro Jahr mit dem Pantoffel-Modell drin sein. Die Kosten seien niedrig, das Ausfallrisiko gering. Einmal im Jahr sollen Sparer nachschauen und bei einer Unwucht von mehr als zehn Prozentpunkten zeitweise ihre monatlichen Zahlungen in den anderen Pantoffel umschaufeln: abhängig davon, wie sie das Verhältnis von Risiko und Sicherheit gewichten wollen. Der Vorteil des passiven Investments seien vor allem die niedrigen Kosten: "Da keine Manager bezahlt werden müssen, liegen die jähr­lichen Fonds­kosten deutlich unter 0,5 Prozent, oft bei nur 0,2 bis 0,3 Prozent", heißt es auf test.de. Dem entgegen würden aktive Fondsmanager zwei Prozent und mehr berechnen.

Debatte: aktiv vs. passiv gemanagte Fonds

Hier sei an die Kritik erinnert, die Befürworter aktiv gemanagter Fonds an ETFs äußern. „Ein Indexfonds deckt einen Markt ab und damit auch alle Katastrophen, die sich in diesem Markt befinden“, hat Cornelia Fentzahn, Leiterin Investmentfonds und Depotanalyse des Maklerpools Invers, in einem Gastkommentar für den Versicherungsboten geschrieben. So vergebe man zum Beispiel die Chance, bei einem Kurssturz qualitativ hochwertige Unternehmen wieder günstiger einzukaufen und antizyklisch zu investieren. Auch seien viele ETFs nicht ausreichend liquide und aufgrund des Booms „für viele Privatanleger vollkommen undurchschaubar“.

In Branchenkreisen werden zwischen Befürwortern und Gegnern aktiv bzw. passiv gemanagter Investments teils heftige Debatten geführt. Dass Hubertus Primus zu letzterer Gruppe gehört, wird im Interview mit t-online.de deutlich. Indexfonds sollten „einem aktiven, also von einem Fondsmanager gemanagten Fonds, vorgezogen werden“, empfiehlt er den Lesern. Mögliche Risiken der Anlage nennt er nicht.

“Unfallversicherung lohnt sich eher nicht“

Für Debatten könnten auch die Versicherungs-Empfehlungen des Stiftungsvorstandes sorgen. Auf die Frage, welche Versicherungen für Verbraucher unverzichtbar seien, nennt er private Haftpflicht- und Berufsunfähigkeitsversicherung, dann eine Hausratversicherung, eine Gebäudeversicherung mit Elementarbaustein für Hausbesitzer sowie eine Verkehrsrechtsschutz. Auch die Kfz-Haftpflicht spricht er an, da sie ja ohnehin „für Autobesitzer Pflicht“ sei.

Hier sei an eine alte Faustregel des Versicherungsvertriebs erinnert: erst existentielle Risiken absichern, dann den Besitz von Sachen. Explizit nicht genannt werden von Primus: eine Pflegezusatzversicherung, eine Risikolebensversicherung zur Absicherung der Hinterbliebenen, eventuell eine Krankentagegeld-Police für Selbständige. Grundsätzlich sind pauschale Empfehlungen eher kritisch zu beurteilen, da ja der individuelle Bedarf des Einzelnen zählt, auch abhängig von der Lebenssituation. Makler würden für einen falschen Rat haften: auch, wenn sie falsche Schwerpunkte setzen und Absicherungsbedarf nicht ansprechen.

Noch kritischer wird es bei jenen Policen, die Primus "unbedingt für verzichtbar" hält. „Da wären die private Rentenversicherung und die Lebensversicherung. Warnen würde ich auch vor der Sterbegeldversicherung. Das ist eine verkappte Lebensversicherung. Eine Unfallversicherung braucht man auch eher nicht, obwohl es bei Kindern wieder eine Überlegung wert ist“, so der Verbraucher-Funktionär. Braucht eine Unfallversicherung auch derjenige nicht, der regelmäßig mit dem Rad zur Arbeit fährt, zweimal jährlich Skiurlaub macht und privat Fußball spielt? Und wenn die Lebensversicherung nicht empfehlenswert ist, gar davon abzuraten, dann auch nicht die reine Absicherung der Hinterbliebenen im Todesfall? Begründet werden die Aussagen im Interview nur selten.