Andrea Nahles und die schöngerechnete Rente

Quelle: Vbote

Die Bundesregierung spricht in ihrem neuesten Rentenbericht von steigenden Altersbezügen der Ruheständler. Bis zum Jahr 2029 sollen die Renten im Schnitt um etwa zwei Prozent jährlich steigen. Kritische Sozialwissenschaftler sprechen angesichts der rechnerischen Annahmen von „beschönigenden Annahmen“ der Bundesregierung. Zudem erklären diese akademischen Kontrolleure der Rentenpolitik die Drei-Säule-Theorie zur Alterssicherung für gescheitert – die Riester-Rente inklusive.

Zwei Prozent Renten-Dynamik, wie die Bundesregierung es im neuen Rentenbericht vorrechnet, würden für den heutigen Rentner bedeuten, dass seine Monatsbezüge in den kommenden 15 Jahren um 41 Prozent steigen. Diese für 2029 Zahlen ergäben sich „infolge der Verstetigungsregel“, vulgo Hochrechnung der Rentenrechner des Bundes, bezogen auf eine nicht zu optimistische und nicht zu pessimistische „mittleren Variante“ der Konjunktur bezogen auf die Einkommen der Arbeitenden. Aus letzteren werden schließlich die Renten der Ruheständler berechnet.

2030 leben Männer und Frauen 1,3 Jahre länger

Für die kommenden Haushaltsjahre letztlich der Deutschen Rentenversicherung (DRV) rechnet die Regierung per annum mit jeweils rund einem Prozent mehr Beitragszahlern. Die Löhne, und damit das Beitragsaufkommen der DRV, sollen in diesem Jahr um 3,0 Prozent steigen und bis zum Ende dieses Jahrzehnts weiter, wenn auch knapp, unter dieser magischen Marke 3,0 bleiben. Für Männer wie Frauen weist der Rentenbericht bis zum Jahr 2030 eine steigende Rentenbezugszeit aus. Beide Geschlechter leben demnach im Prognosejahr 2030 jeweils 1,3 Jahre länger und werden im Mittel 85 Jahre (Männer) beziehungsweise 87 Jahre (Frauen) alt.

Dr. Johannes Steffen schreibt in seinem “Portal Sozialpolitik“ zum Rentenbericht, eine genauere Betrachtung des Regierungs-Rechenwerks zeige, „selbst unter den beschönigenden Annahmen des Berichts kann die staatlich geförderte Privatvorsorge den Rentenverlust nicht auffangen“. Schlimmer noch: Während des Rentenbezugs sackt die Versorgung weiter dramatisch ab. Die seit mehr als zehn von den Löhnen entkoppelten Renten würden zwar die Arbeitgeber beschäftigungsfördernd bei den Lohnnebenkosten entlasten.

Aber die als Ersatz für die im Jahr 2001 beschlossenen Riester-Kürzungen geschaffene Riester-Rente tauge nicht als Kompensator. Steffen spricht von einem „sozialpolitische Mantra: Im Rahmen des neuen »Drei-Säulen-Modells« aus gesetzlicher Rente (GRV) sowie betrieblicher Altersversorgung (bAV) und privater Altersvorsorge (pAV) könne das vormals alleine über das Solidarsystem erzielte Sicherungsniveau auch weiterhin erreicht werden“, so beschreibt Steffen das Modell wie es die Regierung sieht und für das Bundesozialministerin Andrea Nahles (SPD) politisch Verantwortung trägt.

„Beschönigende Annahmen“

Steffen kritisiert, dass die Riester-Rente selbst bei fleißigen Riester-Sparern fast nur für die Altersversorgung ausgestattet ist, biometrische oder Todesfallsicherungen für den Rentner der Zukunft, der es etwa von Todeswegen nicht würde, gebe es nicht. Das stimmt; Autor Steffen reflektiert zu Recht darauf, dass Riester-Zusätze in den ersten zehn Jahren ihres Verkaufs quasi nur als Rente pur angeboten wurden.

Auch, so Autor Steffen, rechne die Bundesregierung in ihrem Modell weiterhin mit einem „Eckrentner“, der 45 Jahre lang jeweils einen Entgeltpunkt (zurzeit gut 2.900 Euro brutto, West). Weiter unterstellten die Regierungs-Rechner, dieser Eckrentner habe ab 1. Januar 2002 voll geriestert, also vier Prozent von seinem Bruttogehalt in die Zulagenrente eingezahlt. Dies, obwohl die volle Riester-Förderung erst im Jahr 2008 erreicht war. Kurzum: für den Rentenexperten Steffen sind die Vorausberechnungen der Bundesregierung „beschönigende Annahmen“.

Quelle: portal-sozialpolitik.de