Mehmet Göker vermittelte in Türkei weiter Krankenversicherungen

Quelle: Falco@Pixabay.com

Mehmet Göker, Gründer des umstrittenen Maklervertriebs MEG, hat auch nach seiner Flucht in die Türkei weiter Krankenversicherungen vermittelt. Dafür soll er in Deutschland zwei Strohmänner eingesetzt haben, mit denen er sich die Courtage teilte. Die Versicherungen werden das ungern hören – haben sie doch noch zahlreiche Forderungen an Göker.

Der Kasseler Unternehmen Mehmet Göker wurde zum Sinnbild für vieles, was falsch läuft im Versicherungsvertrieb. 2003 gründete er seine Maklerfirma MEG, mit der er private Krankenversicherungen im Akkord vermittelte. Kaum ein anderer Vertrieb machte so viel Neugeschäft, weshalb die Versicherungen bereit waren, ihm Millionen Euro als Vorschuss zu zahlen. Seinem Aufstieg zum Multimillionär aber folgte der baldige Abstieg. 2009 ging die MEG pleite und Göker setzte sich 2011 in die Türkei ab – gejagt von der Justiz und mit einem großen Schuldenberg beladen.

Göker hat in der Türkei weiter Krankenversicherungen vermittelt

Der Skandal um Mehmet Göker könnte sich nun ausweiten. Wie das Handelsblatt am Montag berichtet, hat Göker auch nach seiner Flucht in die Türkei weiter Krankenversicherungen vermittelt – mindestens zwei Jahre lang. Er rief dafür Kunden in Deutschland per Telefon an und überredete sie, eine Versicherung oder einen Bausparvertrag abzuschließen. Damit die Versicherungen keinen Wind von der Sache bekommen, soll Göker zwei Strohmänner eingesetzt haben, die das Geschäft für ihn im Heimatland abrechneten.

Die Versicherungen stehen nun wieder als Gefoppte da. Sie zahlten wohl Abschlusscourtagen an ebenjenen Göker, von dem sie doch eigentlich 20 Millionen Euro an vorläufig gezahlten Vorschüssen zurückfordern. Es wirft auch ein schlechtes Licht auf die Branche, dass Berater wohl ohne Preisgabe ihrer Identität Versicherungen vermitteln können. Für seine Tätigkeit soll Göker auf Anruflisten seiner alten Firma zurückgegriffen haben, die nach der Insolvenz nicht mehr ihm gehörten.

Mittlerweile dürften die Aktivitäten unterbunden sein. Ein Insider erzählte dem Handelsblatt, beide Strohmänner seien mittlerweile hochgenommen wurden, nachdem die Kassler Staatsanwaltschaft Wind von den Geschäften bekommen hatte. Einer soll demnach von Düsseldorf aus mit Göker zusammengearbeitet haben. Bei den Ermittlungen sollen auch türkische Mitarbeiter von Göker am Flughafen abgefangen und befragt worden sein. Die Staatsanwaltschaft Kassel bestätigt, dass aktuell noch Ermittlungen laufen und auch Göker zum Kreis der Beschuldigten gehört. Befragungen am Flughafen seien jedoch nicht erfolgt, erklärte Behördensprecher Götz Wied.

Wie ist Gökers Vermögenssituation?

Unklar bleibt indes, welches Vermögen Mehmet Göker derzeit besitzt. Laut Handelsblatt hat er nach der Insolvenz von MEG verzweifelt nach neuen Geschäftsmodellen gesucht. Dafür soll er sich rund 300.000 türkische Lira -umgerechnet ca. 100.000 Euro- geborgt haben.

Völlig mittellos ist der frühere Multimillionär auch nach der Pleite nicht gewesen. Noch zu den Boomzeiten der MEG hatte Göker mehrere Villenanlagen in Nähe der türkischen Touristenmetropole Kuşadası erstanden. Das Ensemble an der Ägäis-Küste besteht aus zwölf Ferienhäusern mit einem Pool in der Mitte, jede Immobilie laut Prospekt zwischen 145.000 und 165.000 Euro wert. Einige dieser Häuser verkaufte Göker, um wieder ins Vermittlergeschäft einzusteigen, andere bewohnt er mit Freunden. Laut dem Informationsdienst GoMoPa ist der gerissene Selbstdarsteller weiterhin mit rund 20 Mitarbeitern im Bereich der Krankenversicherungs-Optimierung für Selbstständige tätig.

Mehmet Göker hat auch türkischen Pass

Eine Auslieferung nach Deutschland muss Göker derzeit nicht fürchten, denn zwischen der Türkei und der EU besteht kein verbindliches Auslieferungsabkommen. Zwar ist Göker in Kassel aufgewachsen. Er besitzt aber auch einen türkischen Pass. Allerdings können Gläubiger durchsetzen, dass Vermögenswerte in der Türkei konfisziert und daraus Schulden getilgt werden, weil eine Vollstreckungsvereinbarung mit Ankara existiert. Die Allianz Versicherung, der Göker noch 125.000 Euro schuldet, hat im Mai 2013 einen Strafantrag wegen Vereitelung einer Zwangsvollstreckung gestellt. Dies erlaubt dem Versicherer, Einblick in die Strafakten Gökers zu erhalten und damit auch in dessen verbliebene Vermögenswerte.

Aktuell schreibt Göker zusammen mit dem früheren Closer-Redakteur Christian Schommers an seiner Autobiographie. Darin will Göker "alles erzählen, wie es nun einmal gewesen ist", und hat auch Enthüllungen über Versicherungen angekündigt. Der Veröffentlichungstermin musste allerdings erneut nach hinten verschoben werden: Ursprünglich bereits für Dezember 2014 angekündigt, soll das Buch nun im Juli 2015 erscheinen.

Quelle: Handelsblatt