Google und das Recht auf Vergessen

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Google muss künftig Links mit personenbezogenen Daten auf Antrag entfernen. Betroffene Personen hätten ein „Recht auf Vergessen“, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) aktuell, (Az. C-131/12). Wenn Google Daten veröffentlicht, fallen diese künftig unter die europäische Datenschutzrichtlinie. Meinungsfreiheit wird durch Persönlichkeitsrechte von Nutzern begrenzt.

Jeder kann bei Google seinen Namen eingeben und schauen, welche Informationen die Suchmaschine zu seiner Person bereithält. Was für den eigenen Unternehmenserfolg hilfreich sein kann, erschwert manch anderem die Glaubhaftigkeit. Ein Spanier hatte sich an die spanische Datenschutzagentur AEPD gewandt, um die Löschung von zwei Zeitungsartikeln aus dem Jahr 1998, die im Internet abrufbar sein, zu veranlassen. Entsprechend sollte auch Google die Links aus dem Suchmaschinenindex entfernen. In den Artikeln wurde die Versteigerung eines Grundstücks angekündigt, die im Zusammenhang mit einer Pfändung wegen Schulden stand, die der Beschwerdeführer bei der Sozialversicherung hatte.

Der EuGH entschied, dass die Herausgeber der Tageszeitung die Informationen seinerzeit rechtmäßig veröffentlicht haben. Google allerdings müsse der Beschwerde nachgeben und die Zugriffsmöglichkeiten auf seine personenbezogenen Daten löschen.

Europäische Datenschutzrichtlinie gilt für Google

Google müsse sich an die europäische Datenschutzrichtlinie halten, so die Richtiger: „Da die Tätigkeit einer Suchmaschine zusätzlich zu der der Herausgeber von Websites erfolgt und die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und Schutz personenbezogener Daten durch sie erheblich beeinträchtigt werden können, hat der Suchmaschinenbetreiber in seinem Verantwortungsbereich im Rahmen seiner Befugnisse und Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass seine Tätigkeit den Anforderungen der Richtlinie entspricht“, heißt es in der Pressemitteilung zum Urteil.

Auch das Google seinen Hauptsitz nicht in der Europäischen Union hat, ist kein Argument für den Dienst, sich nicht an die Richtlinie zu halten. „Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Betrieb einer Suchmaschine durch ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, das aber in einem Mitgliedstaat eine Niederlassung besitzt, wird die Verarbeitung im Sinne der Richtlinie „im Rahmen der Tätigkeiten“ dieser Niederlassung ausgeführt, wenn diese die Aufgabe hat, in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Förderung des Verkaufs der Werbeflächen der Suchmaschine, mit denen deren Dienstleistung rentabel gemacht werden soll, und diesen Verkauf selbst zu sorgen.“ Dieser Zusammenhang zwischen Verantwortung und Werbeanzeigen-Verkaufsniederlassung könnte weitere Auswirkungen auf andere Player haben, z.B. Facebook und Google, die mit Werbeanzeigen-Verkaufsniederlassungen in Hamburg sitzen, sich aber nicht für Deutschland verantwortlich fühlen, stellt netzpolitik.org-Redakteuer Markus Beckedahl heraus.

Allgegenwärtigkeit von Informationen und Verknüpfung

Sucht man bei Google speziell nach einer Person, hilft die Google-Ergebnisliste, ein mehr oder weniger detailliertes Profil der gesuchten Person zu erstellen. Die im Internet verfügbaren Informationen enthielten potentziell zahlreiche Aspekte des Privatlebens, die ohne die Suchmaschine nicht oder nur sehr schwer miteinander verknüpft werden könnten. Weil jeder in der modernen Gesellschaft auf Suchmaschinen zugreifen könne, sei auch die Allgegenwärtigkeit der Informationen in den Ergebnislisten gesteigert, so der EuGH. Das gelte gerade für jene Informationen, die klar veraltet seien.

Ein Recht auf Vergessen? Meinungsfreiheit vs. personenbezogene Daten

„Kein Unternehmer muss damit leben, dass er im Internet als Halsabschneider und Betrüger beschimpft wird. Auch hier kann gegen Google vorgegangen werden, da der ‚Platzhirsch’ unter den Suchmaschinen durch Setzen eines Links andere User zu den unliebsamen Informationen leitet“, meint meint Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Zivil- und Verbraucherschutzrecht, Insolvenzrecht, Internetrecht sowie die Unternehmensberatung, und findet das Urteil konsequent: „Schon seit 2004 muss Google nach einem Urteil des Landgerichts Berlin (9.9.2004 – 27 o 585/04) dafür sorgen, dass Links auf Diskriminierungen aus Trefferlisten entfernt werden. Das EuGH-Urteil vom 13. März bedeutet damit die konsequente Erweiterung des Urteils von 2004.“ Dennoch gebe es laut EuGH berechtigtes Interesse von Internetnutzern, die gewisse Informationen suchen. Nach Ansicht des Gerichtshofs ist hier ein angemessener Ausgleich zwischen diesem Interesse und den Grundrechten der betroffenen Person, insbesondere des Rechts auf Achtung des Privatlebens und des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten, zu finden.

Netzpolitik.org-Blogger Leonhard Dobusch spricht einen wesentlichen Punkt an: „Die entscheidende Funktion von Suchmaschinen für Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet wird hingegen kaum behandelt. Zu einem guten Teil steht das Urteil in der Linie jener Argumentation, die Suchmaschinen- und Hosting-Provider stärker für Handlungen Dritter haftbar machen möchte und so ein Regime privater Rechtsdurchsetzung forciert.“

Das „Recht auf Vergessen“ räumt der EuGH definitiv ein, wenn die aufgeführten Informationen veraltet sind. So müssen die in der Ergebnisliste enthaltenen Informationen und Links gelöscht werden, wenn auf Antrag der betroffenen Person festgestellt wird, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Einbeziehung der Links in die Ergebnisliste nicht mit der Richtlinie vereinbar ist, heißt es in der Mitteilung.

Quelle: Europäischer Gerichtshof