Bundesfinanzminister Lars Klingbeil will die private Altersvorsorge modernisieren. Kern des Plans ist ein neues Altersvorsorgedepot mit deutlich höherem Renditepotenzial. Mit der Reform kommen auch ein Kostendeckel, neue Förderlogiken und ein staatliches Depot für Kinder.
Kurz nach dem Bundestagsbeschluss zum Rentenpaket präsentiert Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) den nächsten großen Reformschritt. Denn die staatlich geförderte private Altersvorsorge soll neu aufgestellt werden. Der Nachfolger der Riester-Rente solle „kostengünstiger, renditestärker, unbürokratischer, flexibler, einfacher und transparenter werden“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Dieser lehnt sich eng an die Pläne an, die bereits unter Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorbereitet, aber durch das Ende der Ampelregierung nie umgesetzt wurden.
Im Zentrum der Reform steht ein Altersvorsorgedepot ohne Garantien. Künftig sollen geförderte Vorsorgesparer über aktiv gemanagte Fonds oder ETFs am Kapitalmarkt investieren können, ohne dass Anbieter wie bei Riester die vollständige Beitragsgarantie leisten müssen. Das bremst die Rendite bislang erheblich.
Das neue Depot gilt zugleich als „Standardprodukt“: simpel, chancenorientiert und mit einer klaren Kostenbegrenzung. Denn Klingbeil will im gegensatz zu Lindner einen Effektivkostendeckel von 1,5 Prozent einführen. Damit soll verhindert werden, dass Gebühren die Rendite auffressen.
Für sicherheitsorientierte Sparer bleiben zwei Varianten erhalten:
- Produkte mit 100-Prozent-Garantie, die die eingezahlten Beiträge vollständig sichern.
- Produkte mit 80-Prozent-Garantie, die mehr Spielraum für Kapitalmarktchancen lassen.
Alle Varianten sind förderfähig und sollen ab 1. Januar 2027 starten. Bestandskunden der Riester-Rente können sowohl bleiben als auch in das neue Modell wechseln.
Neue staatliche Förderung: 30 Cent je Euro plus Kinderzulage
Die Förderung wird grundlegend umgebaut, aber im Mechanismus vertraut gehalten:
- Für jeden eingezahlten Euro gibt es 30 Cent staatlich dazu – bis 1.200 Euro jährlich.
- Für Beiträge zwischen 1.201 und 1.800 Euro werden 20 Cent pro Euro gefördert.
- Zusätzlich gibt es eine Kinderzulage von 25 Cent pro Euro – maximal 300 Euro.
Wichtig: Wer wenig verdient und die steuerliche Förderung nicht nutzen kann, erhält Zulagen.
Der Zinseszinseffekt soll durch vollständige Steuerfreiheit der Erträge bis zur Auszahlungsphase gestärkt werden.
Frühstart-Rente: Staatliches Depot für Kinder und Jugendliche
Eng verbunden mit der Reform ist die sogenannte Frühstart-Rente – ein politisches Prestigeprojekt der großen Koalition. Sie soll Kindern früh Zugang zu kapitalgedeckter Vorsorge ermöglichen.
Kernpunkte:
- Jedes Kind, das zwischen dem 6. und 18. Lebensjahr eine Bildungseinrichtung besucht, erhält monatlich 10 Euro staatlich in ein Depot eingezahlt.
- Eltern können zusätzlich freiwillig sparen und ein eigenes Depot für ihr Kind eröffnen.
- Werden Eltern nicht aktiv, landet das Geld automatisch in einem Auffangdepot der Bundesbank.
- Das Kapital wird mit Volljährigkeit zum Startkapital eines eigenen Altersvorsorgevertrags.
- Eine Auszahlung ist erst ab Regelalter (heute 67) möglich – also echtes Langfristkapital.
Auch hier gilt: Erträge bleiben bis zur Auszahlungsphase steuerfrei.
Die Reform eröffnet zwar deutlich mehr Renditechancen, sorgt jedoch zugleich für politische Reibungspunkte. Das neue Altersvorsorgedepot ohne Garantien soll den Kapitalmarkt stärker nutzbar machen, birgt aber zwangsläufig ein höheres Verlustrisiko. Auch der neu eingeführte Kostendeckel von 1,5 Prozent dürfte kontrovers diskutiert werden, da er vor allem Vermittler und Anbieter unter wirtschaftlichen Druck setzen könnte. Besonders heikel ist zudem die Frage der Beratung. Wenn das Standardprodukt tatsächlich ohne persönliche Beratung abgeschlossen werden kann, drohen Fehlentscheidungen. Ob sich ein derartiges Produkt weit verbreiten kann, ist mindestens fraglich. Denn die Europa-Rente PEPP könnte hier als warnendes Beispiel fungieren. Trotz dem Versprechen minimaler Kosten konnte sich das Produkt bisher nicht durchsetzen.