Das Rentenpaket ist verabschiedet, aber viele Grundsatzfragen bleiben offen. Während die Regierung auf Sicherung und Entlastung setzt, mehren sich Zweifel, ob das Paket mehr ist als eine Zwischenlösung – und wie stark die Belastungen für kommende Generationen ausfallen könnten.
Der Bundestag hat das Rentenpaket der Bundesregierung verabschiedet – mit 319 Ja-Stimmen, 225 Nein-Stimmen und 53 Enthaltungen. Die Kanzlermehrheit wurde erreicht, obwohl 33 Abgeordnete fehlten. Offiziell geht es darum, das Rentenniveau zu stabilisieren und Kindererziehungszeiten anzugleichen. Doch hinter dem politischen Erfolgstitel steht ein Gesetz, das zentrale Strukturfragen ungelöst lässt.
Rentenniveau fixiert – Kosten offen
Kern des Pakets ist die gesetzliche Festschreibung des Rentenniveaus auf 48 Prozent bis mindestens 2039. Ohne diesen Eingriff wäre das Niveau nach Berechnungen der Regierung bereits ab 2026 gefallen. Die Stabilisierung erfolgt über massive steuerfinanzierte Zuschüsse – ein Mechanismus, der schon heute rund ein Drittel des Bundeshaushalts bindet und langfristig generationenpolitische Fragen aufwirft.
Auch die Gleichstellung bei Kindererziehungszeiten („Mütterrente“) wurde umgesetzt: Für vor 1992 geborene Kinder gelten künftig drei Jahre Kindererziehungszeit, finanziert durch den Bund. Zusätzlich öffnen die Gesetzgeber den Arbeitsmarkt für ältere Beschäftigte: Menschen oberhalb der Regelaltersgrenze können künftig wiederholt sachgrundlos befristet bei ihrem früheren Arbeitgeber arbeiten. Das bisherige Anschlussverbot entfällt.
Lange Verfahren – knappe Mehrheiten
Der Gesetzentwurf durchlief alle parlamentarischen Stationen: Anhörungen, Ausschussberatungen, Haushaltsprüfung, abschließende Lesungen. Änderungsanträge aus der Opposition fanden keine Mehrheit. Besonders umstritten war die Forderung der Linken, das Rentenniveau sofort auf 53 Prozent anzuheben – ebenso wie der AfD-Versuch, über einzelne Teile getrennt abstimmen zu lassen.
Parallel wurden zwei weitere Gesetzesvorhaben beschlossen: ein „Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz“ zur Erhöhung der bAV-Verbreitung sowie ein Aktivrentengesetz, das Hinzuverdienst über 2.000 Euro pro Monat steuerfrei ermöglicht. Beide Maßnahmen sollen Erwerbsanreize setzen und Altersvorsorge ergänzen, blieben jedoch in der Opposition umstritten.
Interne Konflikte und ein Signal der Jungen Gruppe
Die Abstimmung offenbarte parteiinterne Spannungen – besonders in der Union. Pascal Reddig, Vorsitzender der Jungen Gruppe, stimmte gegen das Paket und erklärte im Plenum: „Der Gesetzesentwurf geht gegen meine Überzeugungen, gegen alles, wofür ich Politik mache.“ Seine Fraktion applaudierte – ein ungewöhnlicher Vorgang, der zeigt, wie stark die Zweifel an der Generationengerechtigkeit vieler Maßnahmen sind.
Rentenkommission: Auftrag unklar, Verantwortung verschoben
Ein Begleitantrag, der den Auftrag der neuen Rentenkommission präzisieren sollte, wurde überraschend zurückgezogen. Damit wird die Kommission nun allein durch das Bundeskabinett eingesetzt – ohne parlamentarischen Auftrag, ohne politische Rückbindung. Sie soll bis Mitte 2026 Vorschläge zur langfristigen Reform des Rentensystems liefern. Was sie prüfen soll – Beitragssätze, Lebensarbeitszeit, Demografiepfad, Kapitaldeckung – bleibt vage.
Der Eindruck verfestigt sich: Das Parlament hat weniger eine Reform beschlossen als ein Reformversprechen.
Stabilisierung als Zwischenlösung
Das Rentenpaket schafft kurzfristig Planungssicherheit, insbesondere durch die Fixierung des Rentenniveaus. Doch es beantwortet keine der grundlegenden Fragen, die Vermittler, Versicherer und Arbeitgeber spätestens ab Ende des Jahrzehnts unmittelbar betreffen werden: Wie steigen Beiträge? Welche Rolle spielt kapitalgedeckte Vorsorge? Welche Erwerbsbiografien können das System künftig tragen?
Die zentrale Reformdebatte ist damit nicht beendet, sondern vertagt. Das Gesetz stabilisiert – aber es transformiert nicht. Und es zeigt, dass die politischen Kraftfelder bei den großen Fragen der Altersvorsorge weiterhin ungeklärt sind. Für die Branche bedeutet das: Die wirklich entscheidenden Jahre stehen noch bevor.