Die Versicherungswirtschaft prescht mit einem eigenen Modell für bezahlbaren Elementarschutz vor. Doch während der GDV auf „Elementar Re“ als solidarische Lösung setzt, verweisen die Kritiker aus den Reihen der Umweltverbände und Verbraucherschützer auf günstigere Vorbilder wie Frankreich.
Kurz vor der Ministerpräsidentenkonferenz zur Zukunft der Elementarschadenversicherung haben die deutschen Versicherer ein umfassendes Modell präsentiert, um flächendeckende Versicherbarkeit, langfristige Stabilität und bezahlbare Prämien in Zeiten zunehmender Klimaschäden zu sichern. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sieht im Konzept „Elementar Re“ einen zentralen Baustein für ein zukunftsfähiges System, das sowohl Eigentümer schützt als auch Marktmechanismen respektiert. Die Versicherungslösung soll eine Antwort auf die dramatische Entwicklung liefern: Seit 1980 haben sich die Klimaschäden in Deutschland verfünffacht. Einhergehend damit war auch der Druck auf Politik und Versicherer gestiegen.
Kern des GDV-Modells ist die Bündelung von rund 400.000 Wohngebäuden in Hochrisikogebieten. Für sie wären risikoadäquate Prämien ohne Ausgleich kaum bezahlbar. Elementar Re soll solche Risiken aufnehmen, die Erstversicherer können die Verträge dorthin weitergeben. Die Prämien würden gedeckelt und durch einen breiten Ausgleichsmechanismus solidarisch abgefedert. Ergänzt wird das Modell durch eine neu geschaffene privatwirtschaftliche Rückversicherung und einen Sicherungsfonds. Erst bei extremen Naturkatastrophen mit Schäden von mehr als 30 Milliarden Euro soll ein staatlicher Stop-Loss-Mechanismus greifen. Dieser fungiert als eine Art Notanker, der den Markt nicht ersetzt, sondern lediglich bei Jahrhundertereignissen absichert.
Parallel will der GDV die Versicherungsdichte in Deutschland deutlich erhöhen. Künftig soll Elementarschutz im Neugeschäft automatisch im Vertrag enthalten sein, Bestandskunden würden bis zu einem Stichtag einmalig umgestellt. Ein Opt-out soll möglich bleiben, allerdings nur unter Verzicht auf staatliche Hilfen im Schadenfall. Aus Sicht der Branche ist dies ein Weg, um politische Forderungen nach flächendeckender Absicherung umzusetzen, ohne in eine verpflichtende Versicherung überzugehen. Entscheidend sei jedoch, dass konsequente Prävention das Fundament bilde: verbindliche Vorgaben für Neubauten, ein Naturgefahrenausweis, ein bundesweites Risikoportal und klare Regeln in Gefahrenzonen.
„Versicherung allein reicht nicht. Ohne konsequente Prävention werden die Risiken weiter steigen – und das gefährdet das ganze System“, warnt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Doch das Modell stößt auf deutliche Kritik. Die Umweltorganisation urgewald bezeichnet den GDV-Ansatz als „unsolidarisch und unnötig teuer“. Das vorgeschlagene Opt-out lasse ausgerechnet diejenigen im Stich, die am meisten gefährdet seien. Statt ein privatwirtschaftliches System mit staatlichem Schutzschild zu entwickeln, brauche Deutschland ein solidarisches Modell nach dem Vorbild Frankreichs, heißt es. Dort gilt seit mehr als 40 Jahren ein staatlich gestütztes CatNat-System – mit Pflichtintegration in die Gebäudeversicherung, einem einheitlichen Prämiensatz und einer Abdeckung von 98 Prozent aller Haushalte bei durchschnittlich nur 42 Euro Jahresbeitrag. Der Staat musste seit 1982 nur ein einziges Mal nennenswert eingreifen. „Ein öffentlich-privates Absicherungssystem für Klimaschäden sollte sich an den Grundsätzen der Solidarität und Bezahlbarkeit für die Allgemeinheit orientieren, nicht an den Profitinteressen der Versicherungsbranche", kritisierte Anna Lena Samborski, Versicherungs-Campaignerin bei urgewald.
Auch Verbraucherschützer sehen im CatNat-System ein funktionierendes Gegenmodell. Jakob Thevis vom Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz (ZEV) betont, Frankreich habe ein schlankes, administrativ einfaches und hoch wirksames System mit klaren Regeln und einem starken Fokus auf Prävention. Deutschland könne viel von diesem Ansatz lernen, da beide Länder vergleichbare wirtschaftliche Strukturen aufweisen. „Der Grundsatz der Solidarität bedeutet im französischen System, dass alle Haushalte einen geringen Betrag einzahlen. So bleiben die Prämien auch in Hochrisikogebieten bezahlbar“, sagt Thevis. „Das französische CatNat-System funktioniert. Es lässt sich problemlos auf unser Land übertragen“