Lebensversicherer im Vergleich: Große Unterschiede bei Kosten, Storno und Rendite

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Deutsche Lebensversicherer weisen große Unterschiede in der Effizienz ihrer betriebswirtschaftlichen Leistungen auf. Während Allianz Leben und Hannoversche Leben Spitzenbewertungen erzielen, geraten andere Anbieter wegen hoher Kosten und vieler Vertragskündigungen unter Druck. Besonders die Zurich Deutscher Herold und die Generali Deutschland Leben schneiden schwach ab.

In der aktuellen Analyse von Professor Dr. Hermann Weinmann vom Institut für Finanzwirtschaft an der Hochschule Ludwigshafen zur Lage der deutschen Lebensversicherer stehen nicht nur betriebswirtschaftliche Faktoren im Vordergrund, sondern auch die Interessen der Kunden. Die sogenannte Verbrauchernote, die unter anderem die Beteiligung an den Überschüssen und die Solvenzquote der Versicherer bewertet, zeigt, welche Anbieter ihre Kunden am besten beteiligen und in Krisenzeiten stabil aufgestellt sind. Die Analysen werden in der „Zeitschrift für Versicherungswesen“ (ZfV) veröffentlicht.

Lebensversicherer im Bilanzcheck: Große Unterschiede bei Kosten, Stornoquoten und Kundennutzen

In Bezug auf die Wirtschaftlichkeit zeigen sich in der Analyse große Unterschiede zwischen den einzelnen Lebensversicherern. Analysierte wurden die Geschäftszahlen des Jahres 2024 von zwölf der größten deutschen Lebensversicherer sowie sechs großen Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit. Auf Basis von Kennzahlen zu Ertragskraft, Betriebskosten und Storno-Einbußen vergab er betriebswirtschaftliche Punktwerte und eine Verbrauchernote, in die auch die Beteiligung der Kunden an den Überschüssen einfließt.

An der Spitze stehen Hannoversche Leben und Allianz Leben, die beide mit 900 Punkten das bestmögliche betriebswirtschaftliche Ergebnis erzielen. Bei der Verbrauchernote liegt die Hannoversche Leben mit der Bewertung „sehr gut“ sogar knapp vor der Allianz, die ein „sehr gut minus“ erhält. Entscheidend für diesen Vorsprung war laut Weinmann die höhere Beteiligung der Kunden an den Erträgen.

Auch die Continentale Leben überzeugt mit einer betriebswirtschaftlichen Note „Zwei“ und der Verbrauchernote „gut“. Auf ähnlichem Niveau liegen R+V Leben, Alte Leipziger Leben und WWK Leben, die jeweils ein „gut (-)“ erzielen.

Im breiten Mittelfeld rangieren Versicherer wie Nürnberger Leben, Provinzial Leben, Bayern-Versicherung und HDI Leben. Diese Versicherer erhalten die Gesamtnote „befriedigend“. Ähnlich bewerten Weinmann und sein Team auch Debeka Leben, Axa Leben und Volkswohl Bund Leben. Diese Anbieter zeigen laut Analyse zwar solide Ergebnisse bei der Kapitalertragskraft, leiden jedoch unter höheren Stornoquoten oder höheren Verwaltungskosten.

Zurich und Generali mit „mangelhaft“ und „ausreichend“

Am unteren Ende der Rangliste stehen Zurich und Generali Deutschland Leben. Die Zurich kommt mit nur 150 Punkten auf die betriebswirtschaftliche Note „Fünf“ und die Verbrauchernote „mangelhaft“. Die Generali landet mit 300 Punkten auf „ausreichend“. Beide Unternehmen zeigten laut Studie Defizite in Kostenstruktur und Kundenbeteiligung. Immerhin schneidet die Generali in puncto Kapitalerträge solide ab.

Ein besonders wichtiger Indikator in Weinmanns Analyse sind die Storno-Einbußen und damit das Verhältnis von stornierten Verträgen zum Neugeschäft. Hier zeigten sich große Unterschiede:

  • Hannoversche Leben: Storno-Einbußen < 20 % des Neugeschäfts
  • WWK Leben, Zurich Deutscher Herold, Debeka Leben: über 75 % des Neugeschäfts durch Rückkäufe und Beitragsfreistellungen aufgezehrt

Solch hohe Stornoquoten seien laut Weinmann ein deutliches Signal für Unzufriedenheit der Kunden. Auch die Finanzaufsicht BaFin beobachtet derzeit Versicherer mit auffälligen Storno-Werten genauer.

Die WWK verweist in diesem Zusammenhang auf einen Sondereffekt. Denn ein Teil des Neugeschäfts sei bilanziell erst 2025 erfasst worden. Die Debeka wiederum sieht ihre Zahlen im Verhältnis zum gesamten Vertragsbestand als unauffällig. Weinmann hält dagegen: Entscheidend sei das Verhältnis im laufenden Geschäftsjahr, nicht über Jahrzehnte aufgebaute Bestände.

Kostenbelastung bleibt Problem der Branche

Überdies würden sich die Betriebskostenquoten teilweis drastisch unterscheiden. Diese Quoten zeigen, wie viel der Kundenbeiträge in Abschluss, Verwaltung und sonstige Aufwendungen fließt. Die Spanne verdeutlicht, dass manche Anbieter deutlich effizienter wirtschaften als andere. „Mehr Kostendisziplin“ fordert Weinmann von der Branche – ein Appell, den auch die BaFin seit Jahren wiederholt.

  • Continentale Leben: 19,8 Prozent
  • WWK Leben: 18,9 Prozent
  • Volkswohl Bund Leben: 17,5 Prozent
  • Allianz Leben: 6,8 Prozent
  • Debeka Leben: 7,6 Prozent
  • R+V Leben: 9,7 Prozent

Lebensversicherung verliert an Vertrauen – Reformen gefordert

Neben betriebswirtschaftlichen Problemen sieht Weinmann ein Vertrauensdefizit in der Lebensversicherung. Der Gesamtbestand an Verträgen sei weiter rückläufig: Laut Versichererverband GDV sank die Zahl 2024 um 1,4 Prozent auf 80,3 Millionen, nach über 94 Millionen im Jahr 2005.

Ein Grund dafür: Hohe Kosten und mangelnde Transparenz. Weinmann fordert daher klarere Bilanzierungsregeln und mehr Informationen über Fondspolicen in den Geschäftsberichten. „Mehr Transparenz könnte das Interesse an der Lebensversicherung wieder erhöhen“, so der Experte. Auch die Politik stehe in der Pflicht. Die Reform der Riester-Rente und die Modernisierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen seien überfällig.