Vor dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung werden professionell agierende Vermittler mit ihren Kunden routinemäßig eine Bedarfsermittlung, zum Beispiel basierend auf der DIN-Norm 77230, durchführen. Vor allem bei jungen Kunden stehen die bedarfsgerechte Absicherung einer Berufsunfähigkeitsrente und das verfügbare Vorsorgebudget oftmals zueinander im Widerspruch. Nachdem der Euro aber bekanntlich nur einmal ausgegeben werden kann, gehen Jüngere oftmals einen Kompromiss ein und sichern eine nicht bedarfsgerechte BU-Rente ab.
In der Alltagspraxis handeln nicht wenige Kunden nach dem Credo: Berufsunfähigkeitsversicherung beantragt und policiert, Versicherungsschein abgeheftet und auf Lebzeiten vergessen. Nun liegt es in der Verantwortung des Vermittlers, seine Kunden über den möglichen Ausbau ihres wichtigen Versicherungsschutzes mit Nachversicherungsgarantien aufzuklären. Führende Gesellschaften listen in ihren Versicherungsbedingungen eine Vielzahl von Nachversicherungsjokern, die – anlassunabhängig – beispielsweise in den ersten fünf Versicherungsjahren und anlassbezogen eingelöst werden können.
Vor allem beim Start in das Berufsleben üben in dieser Phase nicht wenige bei der Bemessung ihres Versicherungsschutzes Zurückhaltung. Aufgrund einer vertraglich vereinbarten Probezeit, eines reduzierten Einstiegsgehalts und nicht weniger aufgeschobener Wünsche aus der Zeit der Berufsausbildung oder des Studiums sollen die monatlichen Fixkosten möglichst niedrig gehalten werden. Wenn sich der Kunde bei seinem neuen Arbeitgeber eingelebt und die Probezeit absolviert hat, kann der Versicherungsnehmer den ersten Nachversicherungsjoker einlösen und seine Berufsunfähigkeitsrente ohne eine erneute Gesundheitsprüfung erhöhen. Sofern diese Möglichkeit für eine bedarfsgerechte Anpassung des Versicherungsschutzes in den ersten fünf Versicherungsjahren oder bei dem Einstieg in das Berufsleben ausgelassen wird, bieten sich in der Folgezeit eine Vielzahl von Ereignissen, anlässlich derer eine ereignisabhängige Nachversicherungsgarantie möglich ist.
Beim Läuten der Hochzeitsglocken, der Ankunft des Stammhalters oder einer kleinen Prinzessin, dem Schritt in die berufliche Selbstständigkeit oder dem Bau oder Erwerb eines Eigenheims sind viele Kunden für ein Beratungsgespräch über die Möglichkeit einer Erhöhung ihres Versicherungsschutzes sensibilisiert und für die neutrale Aufklärung durch den Vermittler dankbar. Auch ein Karrieresprung eines Arbeitnehmers mit einer entsprechenden Gehaltserhöhung oder ein nachhaltiger Unternehmenserfolg von Selbstständigen können im Rahmen der Nachversicherungsgarantie genutzt werden.
Vermittler sollten die vom Versicherer angebotenen Nachversicherungsgarantien im Detail rechtzeitig und vor dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung prüfen. Dabei geht es nicht nur um die Anzahl der in den AVB gelisteten Ereignisse, die den Kunden zu einer Erhöhung seines Versicherungsschutzes ohne eine erneute Risikoprüfung durch den Versicherer berechtigen, sondern auch um die in den AVB gesetzte Frist für das Ziehen einer Nachversicherungsgarantie, die zulässige Erhöhung des Versicherungsschutzes und das Höchstalter für den Ausbau des Versicherungsschutzes mit Nachversicherungsgarantien.
In jedem Fall sollten Kunden über die allgemeinen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachversicherungsgarantien aufgeklärt werden. Keine Gesellschaft versichert „brennende Häuser“, das heißt, ein bereits anhängiger Antrag auf oder der Bezug von Leistungen wegen Berufsunfähigkeit schließt das Recht auf eine Nachversicherung ohne Risikoprüfung aus. Rechtzeitig eingelöste Nachversicherungsgarantien sichern indes dem Versicherungsnehmer eine höhere und im Idealfall eine bedarfsgerechte Rentenzahlung im Berufsunfähigkeitsfall.
Autor: Alexander Schrehardt