Krankenkassen verklagen Bund auf zehn Milliarden Euro wegen Finanzierungslücke bei Bürgergeld-Empfängern

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Die gesetzlichen Krankenkassen werfen dem Bund eine milliardenschwere Unterfinanzierung bei der Krankenversicherung von Bürgergeld-Empfängern vor und ziehen deshalb vor Gericht. Jährlich entstehe so eine Lücke von rund zehn Milliarden Euro. Nun soll ein Landessozialgericht entscheiden.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) will den Bund juristisch zwingen, die vollen Kosten für die Krankenversicherung von Bürgergeld-Empfängern zu übernehmen. Hintergrund ist eine seit Jahren bestehende Finanzierungslücke: Der Staat zahlt zwar eine Pauschale an die Kassen, diese reicht nach Berechnungen des Verbands jedoch bei weitem nicht aus. Für 2022 überwies der Bund pro Person monatlich 108,48 Euro, notwendig gewesen wären nach Darstellung der GKV aber 311,45 Euro. Aktuell beträgt die Pauschale 133,17 Euro. Jährlich summiert sich die Unterdeckung laut Verband auf rund zehn Milliarden Euro.

Für die Krankenversicherung bleibe „der Bund den gesetzlichen Krankenkassen Jahr für Jahr rund zehn Milliarden Euro schuldig“, sagte die Verwaltungsratsvorsitzende Susanne Wagenmann. Sie sprach von einem „rechtswidrigen Eingriff“ in die finanzielle Selbstständigkeit der Sozialversicherungsträger. Auch Uwe Klemens, Co-Verwaltungsratsvorsitzender, zeigte sich empört: „Nun reicht es. Wir sehen uns gezwungen, den Rechtsweg zu beschreiten und zu klagen.“

Die Klage richtet sich gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Soziale Sicherung. Zuständig ist in erster Instanz das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen. Der Verband argumentiert, dass die Finanzierung der Krankenversicherung von Bürgergeld-Beziehern eine staatliche Aufgabe sei und nicht über Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert werden dürfe. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits festgestellt, dass Sozialversicherungsbeiträge nicht zur Deckung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben verwendet werden dürfen.

Wagenmann kritisierte, dass sich die Bundesregierung bislang nicht bewegt habe: „Die Bundesregierung scheint die Augen vor dieser sozialpolitischen Ungerechtigkeit zulasten der gesetzlich Versicherten und ihrer Arbeitgeber zu verschließen.“ Man wolle keine „Almosen“, sondern eine ordnungsgemäße Finanzierung. Die Erfolgsaussichten der Klage schätzte sie als „recht hoch“ ein.

Klemens warnte zudem vor steigenden Zusatzbeiträgen im Jahr 2026, sollten Bund und Politik nicht gegensteuern. Schon im Dezember müssten die Krankenkassen über die Beitragssätze entscheiden. Ohne zusätzliche Mittel drohten deutliche Erhöhungen. Die Gesamtausgaben der Kassen beliefen sich zuletzt auf mehr als 327 Milliarden Euro.

Die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hatte zwar eine volle Kostenübernahme im Bundeshaushalt gefordert, konnte sich damit jedoch nicht durchsetzen. Stattdessen kündigte sie die Einsetzung einer Expertenkommission an, die Vorschläge zur Stabilisierung der GKV-Beitragssätze erarbeiten soll.