Im Vergleich dazu erscheint der deutsche Ansatz zaghaft. Der Einstieg ab sechs Jahren verpasst wertvolle Anlagejahre und verzögert die finanzielle Bildung. Zwar ist die automatische Teilnahme ein wichtiger Fortschritt gegenüber bisherigen Modellen wie der Riester-Rente. Doch allein mit einem früheren Beginn ist es nicht getan.
Das Konzept der Frühststart-Rente steht und fällt mit seiner Umsetzung. Zu den entscheidenden Faktoren zählen:
- Bürokratiearme Abwicklung: Die Einführung sollte so gestaltet sein, dass weder Eltern noch Verwaltungen mit unnötigem Aufwand belastet werden.
- Kostengünstige Produkte: Hohe Verwaltungs- und Abschlusskosten dürfen die Rendite nicht auffressen.
- Renditestarkes Standardprodukt: Eine breite Streuung, idealerweise über globale Aktienfonds, ist unabdingbar.
- Nahtloser Übergang: Mit 18 sollte das angesparte Kapital automatisch in eine Anschlussvorsorge übergehen können.
Kritikpunkte und Herausforderungen
- Startzeitpunkt: Der Beginn mit sechs Jahren verschenkt wertvolle Zeit für den Zinseszinseffekt. Ein Start ab Geburt wäre aus finanzmathematischer Sicht deutlich effektiver.
- Finanzbildung: Ohne begleitende Bildungsmaßnahmen bleibt das Konzept abstrakt. Schulen müssen die Inhalte aufgreifen.
- Produkttransparenz: Verbraucher brauchen verständliche Informationen, um Vertrauen zu fassen.
- Soziale Gerechtigkeit: Kinder aus sozial schwachen Haushalten profitieren nur dann, wenn auch Elternbeiträge ohne große Hürden möglich sind.
- Langfristige politische Stabilität: Altersvorsorge braucht Verlässlichkeit. Ein ständiger Richtungswechsel schreckt ab und schwächt das Vertrauen.
Fehler der Riester-Rente vermeiden
Damit die Frühststart-Rente nicht das gleiche Schicksal wie die Riester-Rente erleidet, müssen zentrale Fehler vermieden werden. Dazu gehört vor allem eine bürokratiearme Umsetzung: Statt aufwändiger Antragsprozesse sollte die Teilnahme automatisch erfolgen, idealerweise über eine Verknüpfung mit dem Kindergeldbezug. So könnten nahezu alle Kinder in Deutschland erfasst werden und das ohne zusätzliche Bürokratie für die Eltern.
Auch die Produktauswahl muss klaren Kriterien folgen: Transparenz, niedrige Kosten und eine renditestarke Ausrichtung sind Pflicht. Der Verzicht auf teure Garantieprodukte ist essenziell, da sie langfristig die Rendite schädigen und in der Vergangenheit oft ein Hemmnis für erfolgreiche Altersvorsorge waren. Als Standardprodukt wird ein global diversifizierter Aktienfonds mit 100 Prozent Aktienquote empfohlen. Simulationen zeigen, dass selbst bei konservativer Renditeerwartung hohe Endvermögen möglich sind. Als Voraussetzung gilt, dass die Kosten unter Kontrolle bleiben.
Bildungspolitik als Erfolgsfaktor
Doch Kapitalmarkterfahrung allein reicht nicht aus. Damit Kinder und Jugendliche ihr Depot verstehen und sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen, braucht es flankierende Bildungsangebote. Die Integration in den Schulunterricht – etwa im Mathematik- oder Wirtschaftsunterricht – ist hier ein zentraler Baustein.
Ein begleitender Finanzbildungskurs für Eltern bei Einführung der Frühststart-Rente wäre ebenfalls sinnvoll, um die Akzeptanz zu erhöhen und die Kapitalmarktskepsis weiter Teile der Bevölkerung abzubauen. In der Schule könnte die Entwicklung des eigenen Fondswerts beispielhaft im Unterricht behandelt werden, etwa bei der Renditeberechnung. Wichtig ist, dass alle Kinder von diesem Bildungsangebot profitieren.
Nahtloser Übergang in die private Altersvorsorge
Ein kritischer Erfolgsfaktor liegt im Anschluss an die Frühststart-Rente. Die mit 18 Jahren angesparte Summe darf nicht einfach in Vergessenheit geraten. Vielmehr sollte sie automatisch in eine geförderte private Altersvorsorge überführt werden. Denkbar ist ein System mit Referenzdepots, wie es bereits in einem früheren Gesetzesentwurf vorgesehen war. So kann die Frühststart-Rente zum Einstieg in eine lebenslange Vorsorgestrategie werden – mit renditestarken Anlagen in jungen Jahren und einer schrittweisen Umschichtung in risikoarme Produkte mit zunehmendem Alter.