BRSG II: Ein Stückwerk ohne Mut

Das Bundeskabinett hat den Entwurf des Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetzes beschlossen. Der Inhalt liegt irgendwo zwischen Fortschritt und erneut vertaner Chance, meint Alexander Siegmund, Geschäftsführer der KPM Pensions & Benefits GmbH. Doch wie kann eine nachhaltige bAV aussehen und was muss dafür getan werden?

Das zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG II) ist beschlossen. Es soll die betriebliche Altersversorgung (bAV) verbreitern und modernisieren, und bleibt dennoch erneut weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Zwar gibt es Lichtblicke wie die Klarstellung beim Teilrentenabruf oder die Erhöhung des Förderbetrags für Geringverdienende. Doch gleichzeitig werden zentrale Fragen erneut ausgeklammert: Warum sind Unterstützungskassen nicht einbezogen? Warum bleibt die Förderung an Versicherungsprodukte gebunden? Und weshalb ist das Opt-out nur für tarifgebundene Unternehmen vorgesehen, obwohl gerade kleine Betriebe von einem unkomplizierten Zugang profitieren würden?

Denn am Ende spiegelt das BRSG 2 ein Stückwerk wider. Wer die bAV wirklich fördern und nachhaltig verbreiten will, braucht mehr Mut und darf die Chancen nicht weiter “verschlafen.”

Wo BRSG II sinnvoll korrigiert

Mit der rechtlichen Verankerung des Teilrentenabrufs ab 2027 (§ 6 BetrAVG) schafft der Gesetzgeber endlich die Basis für flexible Ruhestandsmodelle. Auch das neue Fortführungsrecht (§ 212 VVG), das Verträge künftig nach Krankheit oder anderen entgeltfreien Zeiten absichert, ist ein Schritt nach vorn. Die Anhebung des Förderbetrags nach § 100 EStG auf 360 Euro und die Kopplung an die Beitragsbemessungsgrenze sorgen zudem für mehr Verlässlichkeit in der Planung.

Doch diese Fortschritte ändern nichts an den grundlegenden Schwächen: Die Geringverdienerförderung bleibt mit einer Quote von 30 Prozent zu niedrig, das Opt-out wird durch Tarifbindung faktisch blockiert, und zentrale Durchführungswege wie die Unterstützungskasse sind erneut außen vor.

Was im Gesetz fehlt

Doch für eine wirklich flächendeckende - und nachhaltige – Verbreitung der bAV, hätte das BRSG 2 eindeutig mehr leisten müssen:

  • § 100 EStG: Die Förderquote muss von 30 auf mindestens 40, besser 50 Prozent steigen, und die Einkommensgrenze dynamisch an Sozialversicherungsgrößen gekoppelt werden. Sonst fallen Geringverdienende schon nach kleinen Lohnerhöhungen direkt aus der Förderung. 
Die Förderung muss auf Unterstützungskassen und Pensionszusagen erweitert werden. Nur so können auch die Vorsorgekonzepte genutzt werden, die in kleinen und mittelständischen Unternehmen praxisnah und flexibel funktionieren und für eine transparente sowie faire Versorgung sorgen.
  • § 20 BetrAVG (Opt-out): Die automatische Einbeziehung in die bAV darf nicht an Tarifverträge gebunden bleiben. Gerade kleine und mittlere Unternehmen brauchen die Möglichkeit, Opt-out-Systeme auf Betriebsebene einzuführen. Das sollte produktunabhängig, transparent und ohne unnötige Bürokratie erfolgen können.
  • § 6 BetrAVG: Die Kopplung der bAV an den Bezug einer Vollrente gehört gestrichen. Nur wenn Betriebsrenten auch bei Teilrenten abrufbar sind, entsteht echte Flexibilität im Übergang in den Ruhestand.

Unterstützungskasse als unterschätzter Durchführungsweg

Besonders deutlich wird die Schieflage bei der Unterstützungskasse. Sie ist einer der ältesten und gleichzeitig flexibelsten Wege der bAV – und gerade für mittelständische Unternehmen hochattraktiv. Doch ihre steuerliche Förderung basiert bis heute auf Vervielfältigertabellen von 1946, mit einem Rechnungszins von 5,5 Prozent. Das ist nicht nur realitätsfern, sondern benachteiligt Unternehmen systematisch.

Dabei bietet die Unterstützungskasse enorme Chancen: Sie erlaubt insolvenzgeschützte Zusagen, flexible Gestaltung und eine steuerlich saubere Finanzierung. Würden ihre Rahmenbedingungen modernisiert, wie etwa durch die Umstellung auf die Heubeck-Richttafeln 2018 G und marktgerechte Zinssätze, könnte sie zu einem echten Standardinstrument in KMU werden.

Wie eine zukunftsfähige bAV aussehen könnte

Eine moderne bAV muss drei Kriterien erfüllen: Sie muss für Arbeitgeber einfach umsetzbar, für Arbeitnehmer transparent und für beide Seiten wirtschaftlich tragfähig sein. Ein Beispiel dafür ist das Konzept smart pension:

  • Es basiert auf einer kongruent rückgedeckten Unterstützungskasse nach § 4d EStG.
  • Die Kalkulation erfolgt realistisch, mit einer abgesicherten Lebenserwartung von 94 Jahren. So entstehen gleiche Rentenleistungen mit deutlich geringerem Kapitalaufwand als bei klassischen Modellen.
  • Stirbt ein Beschäftigter vorzeitig, bleibt das Kapital nicht beim Versicherer, sondern stärkt das Kollektiv im Unternehmen.
  • Arbeitgeber profitieren von voller steuerlicher Absetzbarkeit und insolvenzgeschützter Planung, Arbeitnehmer von klaren, nachvollziehbaren Leistungen.

smart pension zeigt, wie bAV aussehen kann, wenn man bestehende Instrumente intelligent nutzt, statt immer neue Sondermodelle zu erfinden.

Fazit: BRSG 2 ist nur ein Zwischenschritt

Das Gesetz bringt notwendige Korrekturen, aber keine Lösung für die zentralen Probleme: Die Förderung bleibt zu niedrig, die Unterstützungskasse außen vor, das Opt-out zu stark eingeschränkt.

Wer die bAV wirklich verbreiten will, muss sie einfacher, fairer und produktunabhängiger machen. Dazu gehört die Erweiterung der Geringverdienerförderung auf alle Durchführungswege, die Modernisierung der Unterstützungskasse und die Möglichkeit, Opt-out-Systeme auch in nicht-tarifgebundenen Unternehmen einzuführen.

Nur so wird die bAV vom Nischeninstrument zum wirklichen Hebel gegen Altersarmut – und erfüllt endlich den Anspruch, eine starke zweite Säule der Alterssicherung zu sein.