Eine Sonderabgabe auf hohe Alterseinkünfte soll das Rentensystem retten – ohne Mehrbelastung der Jüngeren, so schlägt es das DIW vor. Prompt kam Gegenwind eines anderen Wirtschaftsforschungs-Instituts: Das IW Köln warnt vor Fehlanreizen. Ein Konzept mit Sprengkraft.
Die Diskussion um eine gerechte Finanzierung der Rentenversicherung bekommt neue Nahrung: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) schlägt mit dem sogenannten „Boomer-Soli“ eine Sonderabgabe auf sämtliche Alterseinkünfte vor, um die Rentenkasse zu stabilisieren – und Altersarmut gezielt zu bekämpfen. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hält dagegen und warnt vor möglichen Fehlanreizen und ungerechten Belastungen.
DIW: Solidaritätsabgabe unter Rentnern soll Altersarmut senken
Laut DIW soll der „Boomer-Soli“ eine Umverteilung innerhalb der Ruheständler-Generation ermöglichen, ohne die jüngeren Beitragszahler zusätzlich zu belasten. Die Abgabe von zehn Prozent auf alle Alterseinkünfte – nach Abzug eines Freibetrags von rund 1.000 Euro monatlich – würde vor allem Haushalte mit hohen Renten, Pensionen, Kapital- oder Mieteinkünften treffen. Für die reichsten 20 Prozent der Rentnerhaushalte bedeutet das ein um drei bis vier Prozent geringeres Nettoeinkommen – das unterste Fünftel würde hingegen um zehn bis elf Prozent mehr verfügen. Die Armutsrisikoquote im Alter könnte laut Studie von derzeit rund 18 auf 14 Prozent gesenkt werden.
Der Ansatz soll nicht nur eine breitere Bemessungsgrundlage schaffen, sondern auch gerechter sein als eine reine Umverteilung über Rentenpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung. „Diese bilden die tatsächliche Einkommenssituation vieler Ruheständler nur unzureichend ab“, so DIW-Experte Maximilian Blesch.
IW: Vorschlag verkennt Vermögenslage und schafft falsche Anreize
Das IW Köln hält dagegen: Der Vorschlag sei zwar gut gemeint, verfehle aber sein Ziel. „Wer wirklich helfen will, muss das ganze Bild betrachten“, sagt IW-Ökonom Jochen Pimpertz. Vor allem kritisiert das Institut, dass Vermögen in die Berechnung gar nicht einfließen. Dabei verfügen die über 65-Jährigen im Schnitt über ein Haushaltsvermögen von mehr als 172.500 Euro – Immobilien eingeschlossen.
Das IW warnt zudem vor Fehlanreizen. Wer etwa seine betriebliche Altersvorsorge als Einmalzahlung statt als monatliche Rente bezieht, könnte durch ein gesenktes Alterseinkommen die Abgabe umgehen. Auch könnten Erwerbstätige abgeschreckt werden, privat fürs Alter vorzusorgen – aus Sorge, später dafür stärker zur Kasse gebeten zu werden.
Zudem sei die Hilfe für einkommensschwache Rentner bereits heute über steuerfinanzierte Sozialleistungen möglich – gezielter und mit Blick auf tatsächliche Bedürftigkeit, argumentiert das IW.
Ein Reformvorschlag mit politischer Sprengkraft
Beide Institute erkennen die demografischen Herausforderungen an – doch die Wege zur Lösung gehen auseinander. Während das DIW auf Solidarität unter Ruheständlern und breitere Abgabenbasis setzt, plädiert das IW für gezieltere staatliche Unterstützung und warnt vor Nebenwirkungen.
Klar ist: Der Vorschlag könnte eine hitzige politische Debatte auslösen – vor allem, weil er auch Pensionen und private Altersvorsorge einbezieht. Damit betrifft er nicht nur gesetzlich Versicherte, sondern auch Beamte und Vorsorgesparer. Für Vermittler bleibt die Frage, wie sich solche Vorschläge auf das Vertrauen in langfristige Altersvorsorgeprodukte auswirken.